Für vermögende Russen verliert der Immobilienstandort Europa wegen strengerer Regeln an Glanz.

Für vermögende Russen verliert der Immobilienstandort Europa wegen strengerer Regeln an Glanz.

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Russlands Reiche kehren Europa zunehmend den Rücken – und investieren ihr Geld laut einem Ranking zunehmend in anderen Immobilien-Hotspots. Vor allem ein Trend überrascht.

Warum ihr das lesen solltet: Infolge des Ukraine-Kriegs ziehen vermögende Russen von Europa weg – in der Regel nach Ost-Asien beziehungsweise in den Nahen Osten.

  • Aktuelle Daten zeigen, in welchem Land sie mit Abstand am meisten investieren.
  • Zudem ist ein unerwartetes Phänomen hinzugekommen.

Der Trend: Europa verliert wegen eingefrorener Werte und strenger Regeln an Glanz.

  • Asien und Nahost punkten mit einfacheren Einreise- und Steuerregeln.
  • Drei Länder allein ziehen 45 Prozent der russischen Immobilienanfragen an.

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Auf einen Blick: Die internationale Immobilienmaklerfirma Tranio hat dieses Ranking aufgestellt. Die Basis dafür bilden eigene Daten des Unternehmens für das erste Halbjahr 2025. Das Ranking wurde kürzlich dem führenden russischen Wirtschaftsmedium RBK zur Verfügung gestellt. 

  • Thailand | Nachfrage von 25,6 Prozent – lockere Einreise, Investorenfreundlichkeit; 2024 lag die russische Nachfrage nach Immobilien in dem Land noch bei 19,7 Prozent.
  • Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) | knapp zehn Prozent – seit Kriegsbeginn 2022 Hotspot reicher Russen. Zumal der ganze Rohstoffhandel aus Ländern wie der Schweiz dorthin umzog.
  • Türkei | knapp neun Prozent – schon vor dem Krieg beliebt als Urlaubsziel. Nach Kriegsbeginn wurde das Land zur zentralen Sanktions­drehscheibe; Mindest­investition für Aufenthaltsrecht steigt, was die Nachfrage etwas gedämpft hat.
  • Frankreich | 7,1 Prozent – Nachfragerückgang um 20 Prozent zu 2024.
  • Spanien | 6,5 Prozent – minus 28,6 Prozent.
  • Griechenland | 6,5 Prozent – minus 36,3 Prozent.
  • Zypern | 6,6 Prozent – einziger EU-Gewinner, plus knapp zehn Prozent.
  • Italien | 3,5 Prozent – minus 5,7 Prozent.
  • USA | 3,6 Prozent – zwar geringe Nachfrage, allerdings im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 78,5 Prozent.

Europa verliert an Bedeutung:

  • Das Bedürfnis nach einem sicheren Ausweichobjekt – sei es als Wohnsitz, zur Aufenthaltsgenehmigung oder als Kapitalanlage – bleibt hoch.
  • Seit Beginn des Ukraine-Kriegs können reiche Russen ihr Vermögen nicht mehr uneingeschränkt in Wunschländer verlagern.
  • Dadurch hat sich die Rangliste ihrer bevorzugten Alternativ-Wohnorte seit Kriegsbeginn grundlegend verschoben.
  • Hohe Lebensqualität und die Attraktivität einer hiesigen Aufenthaltsgenehmigung zieht Europa Interessenten an.
  • Gefrorene Staats- und Oligarchenvermögen erzeugen Misstrauen.
  • Verschärfte Aufenthaltsregelungen in Ländern wie Griechenland und Spanien haben aber maßgeblich zum Rückgang der Immobiliennachfrage in diesen Regionen geführt.

Asien und Orient dominieren:

  • Thailand, VAE, Türkei bündeln fast jede zweite Anfrage.
  • Die internationale Makleragentur Nevestate bestätigt den Trend Richtung Asien. Ihr zufolge bewegen sich die meisten Käufe wertmäßig im Bereich von 300.000 bis 500.000 Dollar. 
  • Eine derart starke Konzentration der Nachfrage auf ein einziges Land wie Thailand wurde zuvor nur einmal beobachtet – im Fall der Türkei.
  • Thailands aktuelle Beliebtheit erklären Experten mit den liberalen Einreiseregeln für Ausländer und der daraus resultierenden Attraktivität für Investoren.

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Unerwartete USA-Nachfrage: Trotz geopolitischer Spannungen springen die Anfragen an.

  • Der Rückgang der Nachfrage in Europa fällt besonders auf, da im gleichen Zeitraum die russische Nachfrage nach Immobilien in den USA deutlich gestiegen ist.
  • Trotz eines Anstiegs der Anfragen um 78,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr machten die USA nur 3,6 Prozent aller russischen Immobilienanfragen aus – bemerkenswerter ist also die Dynamik als die absolute Zahl.

Experte: „25 bis 30 Milliarden Euro wären aus Russland nach Europa geflossen“

Was ihr noch wissen solltet: Mit dem Einfrieren russischer Vermögenswerte bekam Europa das Image der Unzuverlässigkeit.

  • Und dass sich Europa weitgehend den vor dem Krieg geflüchteten jungen Russen – großteils hochqualifizierte Leute insbesondere aus dem IT-Sektor – verschlossen hat, schadete dem Image zusätzlich.  
  • Vladislav Inozemcev war zwischen 2009 und 2011 Berater der von Präsident Medwedjew eingesetzten Kommission zur Modernisierung der Wirtschaft und ist heute Ökonom in den USA.
  • 2024 fragte er im Gespräch mit BUSINESS INSIDER: „Warum hat Europa ihnen nicht politisches Asyl gegeben und ein Konto eröffnen lassen?“
  • Inozemcev weiter: „25 bis 30 Milliarden Euro wären aus Russland nach Europa geflossen. Europa hätte Geld bekommen und das Vertrauen eines Teils jener Russen, die Putin nicht mögen. Jetzt mögen sie nicht nur Putin nicht, sondern auch Europa nicht. Bei den Oligarchen, die immer prowestlich waren, das gleiche“.