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Die USA kündigen ab August hohe Zölle auf EU-Produkte an. Kanzler Merz setzt auf Gespräche, während Brüssel Gegenmaßnahmen plant.
Brüssel – Die Uhr im Handelskonflikt mit den USA tickt: US-Präsident Donald Trump hatte angekündigt, ab dem 1. August Zölle von 30 Prozent auf EU-Importe zu erheben. „Wir sprechen mit der EU und wir machen Fortschritte“, erklärte der US-Präsident kürzlich. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) strebt einen Kompromiss mit Washington an. Indes forderte die französische Regierung die EU-Kommission auf, in den Verhandlungen mit den USA entschlossener zu agieren.
Brüssel schnürt zweites Strafpaket nach US-Zoll-Drohung durch Trump
Ein französischer Regierungsbeamter sagte gegenüber Politico, die EU müsse gewillt sein, mit Gegenmaßnahmen zu reagieren, falls die Gespräche scheitern. Die Unterhändler sollten „klarmachen, dass wir bereit sind, den roten Knopf zu drücken“, so die anonyme Quelle. Ein weiterer Beamter hob hervor, dass Trump den Handelskonflikt absichtlich verschärfe. Die EU müsse jetzt einen härteren Kurs einschlagen, da eine Kapitulation Europa schwach erscheinen lassen und die Chancen auf gute Konditionen untergraben würde, so die Vertreter weiter.
Die EU hat zunächst ein erstes Maßnahmenpaket im Wert von 21 Milliarden Euro vorbereitet, das allerdings noch bis zum 6. August ausgesetzt ist. Ein weiteres Paket ist in Arbeit und könnte Zölle auf Produkte wie Jeans, Whiskey oder Flugzeugteile umfassen und einen Umfang von 72 Milliarden Euro erreichen. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič warnte, dass die von den USA geplanten Strafzölle den Handel zwischen der EU und den USA erheblich beeinträchtigen oder sogar zum Erliegen bringen könnten. Falls Trump die Zölle wie angekündigt ab dem 1. August einführt, wären EU-Waren im Wert von rund 370 Milliarden Euro betroffen.
Null-zu-Null-Zölle statt Zollkrieg? EU setzt noch auf Deeskalation
In Brüssel wird über weitere Gegenmaßnahmen nachgedacht – auch gegen US-Dienstleistungsunternehmen. Diese könnten bei Investitionen benachteiligt oder von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Das könnte auch Unternehmen wie Amazon, Microsoft oder Netflix treffen. Beobachter bezeichneten diesen von Frankreich geforderten harten Kurs als „nukleare Option“, wie Reuters berichtete. Das Anti-Coercion-Instrument (ACI), ursprünglich gegen wirtschaftlichen Druck aus China entwickelt, könnte nun also auch gegen die USA eingesetzt werden.
Die EU zieht zum ersten Mal eine ihrer härtesten Gegenmaßnahmen im Zoll-Streit mit Donald Trumps USA in Betracht. (Collage aus Archivbildern) © dpa/Evan Vucci//IMAGO / Belga
Das Instrument ermöglicht der EU, gezielt Gegenmaßnahmen wie Sonderzölle oder den Ausschluss von US-Firmen bei öffentlichen Aufträgen zu ergreifen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte jedoch, dass diese Option in außergewöhnlichen Situationen in Betracht gezogen werde. Soweit sei man noch nicht. Die EU biete den USA zunächst ein Null-für-Null-Zollsystem für Industriegüter an, das Autos, Medikamente, Chemikalien, Kunststoffe und Maschinen umfasst, erklärte von der Leyen am Montag (21. Juli).
Handelsstreit mit den USA: Treffen zwischen Merz und Macron
Der französische Präsident Emmanuel Macron reist am Mittwoch (23. Juli) nach Berlin, um sich mit Bundeskanzler Merz zu treffen. Auch der Umgang mit möglichen US-Zöllen ist dabei Berichten zufolge Thema. Bundeskanzler Merz hält es für unrealistisch zu glauben, dass „wir mit null zu null“ aus den Verhandlungen hervorgehen könnten, wie er Anfang Juli mitteilte. Dennoch müsse man die Belastungen so gering wie möglich halten: „Je niedriger die Zölle ausfallen auf beiden Seiten, umso besser ist es für beide Seiten“.
Inzwischen ziehen offenbar mehrere EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Deutschland, eine härtere Gangart gegenüber Washington in Betracht, wie Reuters berichtete. US-Finanzminister Scott Bessent hob indes kürzlich in einem Interview mit CNBC hervor, dass den USA sorgfältig ausgehandelte Handelsabkommen wichtiger seien als schnelle Abschlüsse. „Wir werden nichts überstürzen, nur um einen Deal zu machen“, erklärte der Minister.