Berlin – Eigentlich könnte alles so schön sein. Abgesehen vom Berliner Schietwetter, das die Berliner Villa Borsig umweht, als Bundeskanzler Friedrich Merz (69, CDU) seinen Gast aus Paris empfängt. Immerhin: Zur Ankunft von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (47) ließ der Dauerregen etwas nach – trotzdem musste der Gast über den klatschnassen Rasen der Villa Borsig zum Kanzler stampfen. Der wartete am Fuße der Treppe auf seinen Ehrengast.

Merz hatte es sich schön überlegt und extra nicht sein Kanzleramt, sondern das alte Anwesen des Auswärtigen Amts am Stadtrand zum Ort von Macrons erstem Deutschland-Besuch seit dem Regierungswechsel ausgewählt, das in den letzten Jahren im Dornröschenschlaf lag.

Zur Begrüßung gab es eine herzliche Umarmung

Zur Begrüßung gab es eine herzliche Umarmung

Foto: RALF HIRSCHBERGER/AFP

Denn die Villa war sozusagen mal französisches Staatsgebiet – nach Kriegsende von 1946 bis 1951 als Residenz des Oberkommandierenden der französischen Truppen in Deutschland und Sitz des Hohen Kommissars André François-Poncet. Also eine besondere Geste!

Macron wurde mit dem Hubschrauber zum Empfang geflogen

Macron wurde mit dem Hubschrauber vom Berliner Flughafen zum Merz-Empfang geflogen

Foto: Lisi Niesner/REUTERS

Und während Merz’ Vorgänger Olaf Scholz Macron zum Besuch in Hamburg zu dessen offenkundigem Missvergnügen ein Fischbrötchen mit rohen Zwiebeln anbot, lässt Merz als Essen für Macron, der in Paris nur Haute Cuisine aufgetischt bekommt, heute u. a. Helgoländer Meeresfrüchte mit Blumenkohl und Bohnenkernen sowie Bio-Kalbsrücken mit Sommergemüse, Pfifferlingen und Gnocchi servieren.

Der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Frau Britta luden die Macrons (Mitte) in Hamburg 2023 zum Fischbrötchen ein

Der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Frau Britta luden die Macrons (Mitte) in Hamburg 2023 zu Fischbrötchen ein

Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP

Merz ist seit seiner Jugend frankophil, damals war er Austauschschüler in Frankreich, heute macht er Rad-Urlaub mit seiner Frau Charlotte an der Loire. Er weiß, wie man einen Gast aus Paris um den Finger wickeln kann. So lud er denn auch noch den deutschen Jazz-Star Till Brönner zum Privatkonzert für Macron in die Villa ein.

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Dennoch gibt es Risskanten in der neuen deutsch-französischen Freundschaft. Das ist vor allem der Megazoll-Zoff. Anders als Deutschland oder etwa Italien ist Frankreich für harte Bandagen im Umgang mit US-Präsident Donald Trump wegen seiner geplanten Monsterzölle (bis 50 Prozent für eingeführte EU-Ware).

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Heißt: Macron hätte kein Problem mit der Androhung krasser Gegenzölle. Merz und seine Bundesregierung wiederum hoffen noch, zumindest die US-Zölle auf deutsche Autos abzumildern. Im Kanzleramt heißt es dazu, es stehe hier zu viel auf dem Spiel, es stünden schlicht „unglaubliche Beträge“ im Raum, die der deutschen Industrie sonst drohen. Macron sieht das weniger kritisch, weil aus Frankreich eh kaum Autos über den Atlantik exportiert werden. Deutschlands Autohersteller würden zudem noch massiv von europäischen Importzöllen auf in den USA produzierten Autos belastet. VW, Mercedes und BMW haben Werke in den USA, die Fahrzeuge nach Deutschland liefern. In der Villa versprach er zur Begrüßung mit Merz: „Wir werden uns heute Abend nach den Gesprächen der letzten Tage abstimmen.“ Das Ziel sei eine „echte Annäherung“.

Zoff-Gefahr droht aber auch beim FCAS, einem deutsch-französischen Vorzeige-Kampflugzeug-Projekt. Die französische Firma Dassault will 80 Prozent des Projekts und damit quasi die ganze Flugzeugentwicklung für sich. Für Airbus – deren Werk in London Merz gerade besuchte – bliebe dann nur noch die Zusatzausstattung, wie „Politico“ berichtet.

Um Moneten geht es schließlich auch beim Zankapfel Ukraine-Hilfen. Denn: Frankreich unterstützt bislang nicht die Bemühungen Deutschlands, mehr Patriot-Abwehrsysteme für die Ukraine zu organisieren – während Großbritannien und Kanada Finanzhilfen schon in Aussicht gestellt haben.