Einzelkritik

Stand: 23.07.2025 23:33 Uhr

Natürlich: Ann-Katrin Berger war enormk, Carlotta Wamser beeindruckend. Gegen Spanien lieferte Deutschland trotz der Niederlage vor allem eine echt starke Teamleistung ab. Das deutsche Team in der Einzelkritik.


Olaf Jansen

Ann-Katrin Berger (Tor): Fehlerlos. Spätestens seit dem überragenden Auftritt gegen Frankreich mit einem Übermaß an Selbstbewusstsein ausgestattet. Und: Die Gegnerinnen haben Respekt vor ihr. Gerade Spaniens Mittelstürmerin Esther rutschte zweimal allein vor der deutschen Keeperin das Herz in die Hose. Man muss es leider sagen: Unglückliche Figur bei Spaniens Siegtor.

Franziska Kett (Abwehr): Im Überschwang der Gefühle aber auch diesmal wieder mit dem ein oder anderen Stellungsfehler. Den machten ihre Teamkolleginnen aber jeweils wett, indem sie gut absicherten. Böser Stockfehler aber in der 21. Minute, als sie Esther den Ball im eigenen 16er vorlegte. Berger rettete. Trotzdem: Mit ihren erst 20 Jahren ist Kett auf dem Weg zur Stammspielerin im deutschen Nationalteam.

Carlotta Wamser (Abwehr): Überragend in ihrem Zweikampfverhalten auf der rechten Abwehrseite. Biss sich regelrecht fest in ihrer Gegenspielerin Pina, die bei jeder Ballannahme eine unmittelbare Attacke der Neu-Leverkusenerin fürchten musste. Das machte etwas mit der Spanierin, die ganz herausfiel aus dem spanischen Kombinationsfußball. Neben der Abwehrarbeit kann Wamser auch Offensive. Pässe in die Tiefe hat sie im Repertoir. So in der 31. Minute auf Hoffmann, den diese nicht nutzen konnte. Megachance in der 94. Minute, als sie aus kurzer Entfernung an Spaniens Keeperin scheiterte.

Janina Minge (Abwehr): Taktisch anspruchsvolle Rolle für die deutsche Kapitänin: Einsortiert in die Fünfer-Abwehrkette, war sie die erste, die herausrücken sollte, wenn Bonmati und Co. auf die Abwehr zuliefen. Das erfordert ein besonderes Gefühl für Ball und Raum. Genau dies hat Minge im Überfluss. Und wenn sie einmal zu spät kam, dann wählte sie leichtes Foulspiel. Aus deutscher Sicht: clever.

Rebecca Knaak (Abwehr): Angeschlagen nach einer knappen halben Stunde, es war etwas mit dem linken Knie. Machte aber weiter und erfüllte ihre Rolle im deutschen Abwehrzentrum. Haarig wurde es nur, wenn sie in ein Sprintduell geschickt wurde. Da stand sie gegen die flinken Spanierinnen auf verlorenem Posten. Wegen ihres starken Stellungsspiels passierte das aber nicht oft. Zu spät bei Bonmatis Siegtreffer.

Sophia Kleinherne (Abwehr): Hatte es meist mit der spanischen Mittelstürmerin Esther zu tun. Und damit hatte sie ihre liebe Mühe und Not. Versuchte es mit körperlicher Nähe, ohne die 32-Jährige wirklich ausschalten zu können. Einmal ließ sie die Spanierin im Rücken weglaufen und musste auf Berger zählen, die das Ding rettete (45.). Als Esther rausging, wurde es gegen Paralluelo spürbar besser. Die hatte sie im Griff. In der 98. Minute verletzt raus.

Sophia Kleinherne (l.) gegen Esther

Elisa Senß (Mittelfeld): Unauffällig. Das ist für eine Sechserin ein Gütesiegel, wenn die eigene Mannschaft zu Null spielt. Heißt nämlich, dass sie ihre Defensivaufgaben effektiv erfüllte. Genau das tat Senß. Ohne übrigens ihre Zweikampfintensität zu übertreiben, was wir bei dieser EM auch schon gesehen hatten.

Sara Däbritz (Mittelfeld): Ist ja eher die feine Spielerin. Inmitten dieses deutschen Teams, das sich zunehmend selbst gern als Gruppe von „Mentalitätsmonstern“ sieht, fällt sie regelrecht auf. Aber irgendwie hatte man immer ein gutes Gefühl, wenn sie im Mittelfeld in Ballbesitz kam. Das waren lange die Momente im deutschen Spiel, in denen sich nach vorn etwas entwickeln konnte. Raus nach 64 Minuten.

Klara Bühl (Mittelfeld): Ordnete sich brav ins deutsche Defensiv-System ein, war aber immer auf dem Sprung, wenn es bei Ballgewinn nach einer Konterchance roch. Tatsächlich schon in der ersten Hälfte mit zwei, drei ganz guten Gelegenheiten, bei denen sie aber jeweils die falsche Entscheidung traf. Das blieb auch so im zweiten Abschnitt. Spielte ab, wenn sie hätte schießen sollen, schoss, wenn eine andere etwas besser stand. Ihr Freistoß in der 85. Minute strich nur um Zentimeter rechts vorbei. Pech mit ihrem abgefälschten Schuss in der 94. Minute, den die spanische Keeperin stark hielt.

Jule Brand (Mittelfeld): Talent, Talent, Talent. Toll zu sehen, wenn sie den Ball am Fuß hat und Tempo aufnimmt. Bei den Spanierinnen bedeuteten diese Momente stets Vollalarm. Mindestens zu zweit warfen sich die Gegenspielerinnen dann vor Bühls Füße. Ganz konnten sie die Deutsche aber nie ausschalten. Glänzende Vorabeit in der 29. Minute für Hoffmann, die leider über den Ball trat.

Giovanna Hoffmann (Angriff): Wieder anstatt Lea Schüller in der Startelf, wieder mit extrem hoher Lauf- und Leistungsbereitschaft. Ein echter Faktor für die spanische Abwehr mit ihrer enormen körperlichen Präsenz. Unglücklich aber im Abschluss. In der 29. Minute mit einem Luftloch in aussichtsreicher Position. in der 31. frei vor der Keeperin am Tor vorbei.

Linda Dallmann (Mittelfeld) ab 64. für Däbritz: Sollte bei zunehmendem spanischem Druck für Entlastung sorgen, was ihr nur ansatzweise gelang. Fand nicht recht hinein ins deutsche Spiel.

Selina Cerci (Angriff) ab 86. für Hoffmann: Durchaus ein Unruheherd nach ihrer Einwechslung. Lief nicht ganz so wild, aber vielleicht etwas pfiffiger an als Hoffmann zuvor. Blieb aber ohne Torchance.

Sydney Lohmann (Abwehr) ab 98. für Kleinherne: So langsam gehen dem deutschen team die Abwehrspielerinnen aus. Nach Kleinhernes verletzungsbedingtem Ausscheiden musste Lohmann hinein und in der letzten Kette aushelfen.

Lea Schüller (Angriff) ab 113. für Senß: Gleich mit einem fulminanten Fernschuss, den Spaniens Keeperin aber stark parierte.