Dass bei schwerer Straßenkriminalität oft Menschen mit Migrationshintergrund eine Rolle spielen, ist bekannt. Statistische Daten helfen bei der Einzelbetrachtung jedoch nicht weiter, eher könnten sie zur Voreingenommenheit beitragen – und genau diese darf sich ein Gericht nicht leisten. Die 20. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf jedenfalls hob an diesem Dienstag die Untersuchungshaft gegen zwei Algerier auf, denen die Anklage schweren räuberischen Diebstahl vorwirft. Grund waren widersprüchliche Aussagen zur Tat – ausgerechnet von Polizei und Opfer.

Laut Anklage hat sich in der Nacht auf den Samstag, 3. Mai, Folgendes am Westende der Schadowstraße und am Corneliusplatz zugetragen: Ein junger Mann, der sich zum Kurzurlaub in Düsseldorf aufhielt und mit Freunden einen bunten Abend in der Altstadt gemacht hatte, sei von den beiden Angeklagten, 22 und 24 Jahre alt, nach Mitternacht angesprochen worden. Sie hätten seine Hosentaschen durchwühlt und das dort befindliche iPhone 15 entwendet. Das Opfer habe probiert, das Smartphone zurückzuerlangen. Da habe einer der beiden Männer ein Messer gezückt und es dem Ausgeraubten vorgehalten, um seinen Kompagnon im Besitz des gestohlenen iPhone zu halten. Das Duo habe sich dann in einen U-Bahnhof verflüchtigt. Das Opfer alarmierte mithilfe anderer Passanten die Polizei.

Einer der beiden Angeklagten machte vor Gericht Angaben zur Person. Er sei Bäcker und vor einem Jahr nach Deutschland gekommen, er wolle hier arbeiten und sich weiterbilden. Seine Eltern und seine beiden jüngeren Brüder lebten in Algerien. Sein Vater sei Rentner, er sei der Älteste und für die Familie verantwortlich. Auf Nachfrage erklärte er, Alkohol zu trinken und täglich mehrere Joints zu rauchen. Die Duldung des Angeklagten ist ausgelaufen, er ist ausreisepflichtig.

Was nun aber genau am frühen Morgen des 3. Mai passiert ist, konnte nicht geklärt werden. Das Opfer erklärte, ihm sei von dem Duo die Sonnenbrille weggenommen worden. Die habe er aber wiederbekommen. Dann habe er bemerkt, dass das Handy weg war. Er sei aber weder mit einem Messer noch sonst wie bedroht worden. Die Einsatzinformation lautete jedoch so, erklärte eine Polizistin. Sie bezeichnete den Überfallenen als „leicht alkoholisiert“, er sich ebenfalls – seine Freundin aber sagte, er sei stark alkoholisiert gewesen. Die Polizei in Düsseldorf hat den Mann gar nicht vernommen, das haben erst vor einigen Tagen Kollegen in Marburg gemacht.

Ein weiterer Zeuge soll am 5. August berichten, wo er das Handy des Opfers im U-Bahnhof fand. Die Kammer hält nunmehr eine Verurteilung höchstens wegen Diebstahls für wahrscheinlich. Den Antrag, die U-Haft auszusetzen, überbot das Gericht – und hob mangels Fluchtgründen den Haftbefehl gänzlich auf.