Hannover. Der alte Fernsehturm hinter Hannovers Hauptbahnhof soll in den kommenden Jahren ein Wohnturm mit Aussichts- und Konferenzetagen in der Spitze werden. Studentische Entwürfe zeigen jetzt, wie groß die denkbare Vielfalt an Formen ist, mit der man das Ziel erreichen kann.
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„Ich bin ganz begeistert von der Verschiedenartigkeit der Konzepte“, sagt der hannoversche Unternehmer Oliver Blume. Er hat 2024 den in den Neunzigerjahren ausrangierten Fernsehturm vom letzten Eigentümer, dem hannoverschen Konzern VW-Nutzfahrzeuge, erworben und will ihn umbauen.
Telemoritz in Hannover: Gestapelte Wohnungen statt Fernsehturm
Neun studentische Entwürfe von Master-Studierenden der Architektur an der HAWK Hildesheim liegen vor, ausgearbeitet bis zur dreidimensionalen Modellreife. Klar ist: Wahrscheinlich wird keiner davon exakt so umgesetzt, wie er jetzt vorgelegt wurde.
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Aber Blume will sich möglichst vielfältig inspirieren lassen – und auch der Stadt zeigen, was alles denkbar ist. Demnächst soll es einen Workshop mit dem Baudezernat der Landeshauptstadt geben, um das weitere Procedere zu besprechen. „Da ist es gut, wenn es vielfältige Inspiration gibt“, sagt der Unternehmer. Denn bevor irgendetwas umgebaut wird am Turm, muss zunächst die Stadt das Baurecht für diesen Teil der Innenstadt ändern. Bisher wäre Wohnen auf der Fläche verboten.
„King-Kongs Klaue“ und achteckige Wohnetagen
Wohl am ungewöhnlichsten ist der Entwurf von Shemsa Uka und Shaza Khalil, den Blume die „King-Kongs Klaue“ nennt: Die geplanten gut 150 Mini-Wohnapartments umfassen den Turmschaft wie eine Hand, wobei sich die lange Fingerseite in der gebauten Realität zwischen die Nachbargebäude von Kaufland und Bahn-Verwaltung schieben würde. „Tolle Idee“, sagt Blume. Auch wenn der Ansatz wegen Verschattungsproblemen und Windanfälligkeit wahrscheinlich nicht direkt umsetzbar ist.
Von skulpturalen Anbauten bis zu „King-Kongs Klaue“ (ganz rechts): Die Modelle der Architektur-Studierenden der HAWK Hildesheim.
Quelle: Thea Marie Klinger
In einem anderen Modell wird der Turmschaft von achteckig geformten Wohnetagen umschlossen (Alina Friedrici und Victoria Hellmann). Der Clou: In vier offenen Zwischenetagen wäre der Turm auch für Nicht-Bewohnerinnen und -bewohner zugänglich, zugleich würde durch die Einschnitte die Massivität des künftigen Baukörpers gebremst.
Unterirdischer Zugang?
Andere planen mit großen Loggien (Johannes Bröder und Frini Peschke) oder setzen Etagen in ungewöhnlichen Formen an (etwa Juliana Torres und Yaran Kilic). Zwei Entwürfe haben es Blume besonders angetan.
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Ich bin ganz begeistert von der Verschiedenartigkeit der Konzepte.
Oliver Blume,
Unternehmer und Turminhaber
Der eine verteilt 156 Kleinstapartments auf runde Etagen, die sich wie ein Reifenkleid unregelmäßig um den Turmschaft legen. Der Clou: Die Studentinnen Nina Stolberg und Laura Matula haben den Eingang in ein flaches, separates Gebäude verlegt. Von dem aus geht es unterirdisch in den Turm, der dann keinen eigenen Haupteingang mehr hat, sondern einen unten etwas dickeren Turmschaft. „Ein sehr gutes Gedankenspiel, das wir unbedingt weiterverfolgen sollten“, sagt Investor Blume.
Exoskelett plus Aufschrift
Zwischen Kaufland und Bahn-Zentrale: Außenansicht des alten Funkturms Telemoritz hinter Hannovers Hauptbahnhof.
Quelle: Jonas Dengler
Der andere Entwurf, er stammt von Amelie Wenzel und Fatme Mraiache, umschließt den Turmschaft inklusive der neu anzubauenden Wohnungen mit einem orangefarbenen Exoskelett, wie es am Ende auch schon beim konkurrierenden, aber unterlegenen Kreativprojekt „Der gute Turm“ vorgesehen war. Er setzt der mittleren Funkantennen-Plattform aber einen großen Namensschriftzug auf. „Box Tower“ steht darauf weithin sichtbar. „Das ist der Name des Projekts, es ist gut, das so stark zu visualisieren“, sagt Blume.
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Auf der Funkantennen-Plattform: Studierende und Lehrende der HAWK Hildesheim stehen mit Unternehmer Oliver Blum auf der Aussichtsplattform des Telemoritz für ein Gruppenfoto. (Archivbild)
Quelle: Jonas Dengler
Dreimal hat sich Blume in den vergangenen Monaten mit den insgesamt 29 Studierenden und deren HAWK-Dozenten Prof. Till Boettger und Xhesika Osmani getroffen, um über Details des Projekts zu sprechen und die Ideen anhand der Realität zu schärfen. Dabei wurden zwar auch Fragen der Statik und Gesamtproportionen erörtert. „Aber natürlich sind die Entwürfe nur Semesterarbeiten und ersetzen keine komplette Architekturplanung“, sagt Blume.
Transformation der Städte
Den Materialpreis für die Entwürfe erstattet er den Studierenden und hat versprochen, dass bei Übernahme von konzeptionellen Ideen auch dafür etwas Geld fließen soll. Die Neuplanung des Turms sei mehr als eine Fingerübung für die Nachwuchskräfte, denn sie stehe „beispielhaft für die Transformation der Städte“, hatte Projektbetreuer Prof. Boettger zum Auftakt im April gesagt.
So sah der jüngste Entwurf von Investor Oliver Blume aus: Bauskizze für einen Wohn- und Veranstaltungskomplex im ehemaligen Fernsehturm am Raschplatz Hannover, dem sogenannten Telemoritz. Der neue Turmeigentümer Oliver Blume will hier etwa 160 Miniapartments und mehrere Veranstaltungsetagen unterbringen.
Quelle: Oliver Blume
Blume, der sich selbst als disruptiven Unternehmer bezeichnet, hat unter anderem fensterlose Hotels in Göttingen und, nach langem Streit mit Hannovers Stadtverwaltung, auch in Hannover gebaut. Er investiert aber auch in Gin-Manufakturen und engagiert sich in Forschung und Entwicklung von Quantencomputern – derzeit mit in Aussicht gestellter Unterstützung der neuen Bundesregierung.
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Seit 2024 Denkmalschutz
Die Umwandlung des 1958 erbauten Fernsehturms ist für ihn ein Versuch, Dinge anders zu machen. VW Nutzfahrzeuge wollte den 141 Meter hohen Turm abreißen, weil es Probleme mit bröckelnden Bauteilen gegeben hatte. Jetzt soll das Bauwerk, das seit 2024 unter Denkmalschutz steht, eine neue Zukunft erhalten.
HAZ