Stand: 24.07.2025 12:54 Uhr
Nachdem Demis Volpi im Juni das Hamburg Ballett verlassen musste, bleibt es für die gesamte aktuelle Spielzeit bei einer gemeinschaftlichen Interimsleitung. Das bestätigte der Aufsichtsrat der Hamburgischen Staatsoper am Donnerstag.
Nicolas Hartmann wurde demnach interimistisch zum Geschäftsführenden Ballettbetriebsdirektor ernannt. Zum Führungsteam zählen außerdem der bisherige stellvertretende Ballettindendant Lloyd Riggins und die bisherige stellvertretende Ballettdirektorin Gigi Hyatt.
Grundlage der gemeinsamen Leitung seien die aus Neuproduktionen und der Repertoirepflege des John-Neumeier-Werks bestehenden Pläne, die auch mit Blick auf die Spielzeit 2026/27 weiterentwickelt werden, teilte das Gremium weiter mit. Mit dem Leitungsteam sei vereinbart worden, „dass für Neuproduktionen herausragende Choreographinnen und Choreographen zu verpflichten sind, die im Zusammenspiel mit dem kreativen Potential der Compagnie zur Qualität des Hamburg Ballett beitragen werden“.
Compagnie soll an Nachfolgeregelung beteiligt werden
Die Interims-Lösung hatte Kultursenator Carsten Brosda bereits am Freitag nach der Sitzung des Kulturausschusses angekündigt. Bei der Suche nach einer Nachfolgeregelung „werden wir uns Zeit nehmen“, sagte der SPD-Politiker und fügte hinzu: „Dann werden wir mit der Compagnie aufarbeiten, was in diesem Jahr passiert ist.“
Die Tänzerinnen und Tänzer des Hamburg Balletts sollen auch ganz explizit im Vorfeld befragt werden, was sie sich von einer neuen Leitung erwarten. „Das wird mit einer externen Moderation passieren. Und erst auf dieser Grundlage gehen wir dann in die Neuaufstellung, die auf Dauer sein wird“, beschrieb Brosda das weitere Vorgehen.
Kulturredakteurin Annette Matz von NDR 90,3 mit einer Einschätzung zur Situation der Compagnie zum Ende der Spielzeit.
CDU bemängelt fehlende Selbstkritik
Dass man sich Zeit für die Neubesetzung nehme, war bei der Opposition auf Zustimmung gestoßen, gleichwohl hätte sich der CDU-Abgeordnete Dietrich Wersich mehr Selbstkritik von Brosda erwartet: „Es ist heute tatsächlich weder klar geworden, woran es eigentlich gescheitert ist, welche Fehler vielleicht auch in dem Auswahlverfahren gemacht worden sind. Und es ist auch kein Plan erkennbar geworden, wie man das in der Zukunft verhindern will. Das ist natürlich nicht gerade eine ermutigende Botschaft.“
Kritik kam im Kulturausschuss aber auch von der Linkspartei. Marie Kleinert beklagte, man hätte bei der Anstellung das alte Arbeitsumfeld von Volpi in Düsseldorf stärker befragen müssen: „Das ist ja schon auch ein grober Fehler, der passiert ist.“ Laut Brosda sei aber John Neumeier selbst auf Einladung Volpis in Düsseldorf gewesen und habe sich anschließend für den 39-Jährigen als Nachfolger ausgesprochen.
Brosda: Intendanzberufung immer ein Risiko
Bei der Verpflichtung von Volpi sei eine zehnköpfige Findungskommission beteiligt gewesen, man hätte nicht ahnen können, dass es so schief laufen würde, erklärte Brosda. Jede Intendanzberufung sei ein Risiko, weil es um die Arbeit mit kreativen Menschen gehe. Da könne jeder noch so sorgfältig geplante Prozess scheitern. Konkrete Fragen zum Scheitern von Volpi beantwortete der Senator nicht, das sei Teil der Vertragsauflösungsverhandlungen.
Gesucht wird jemand, der vieles verbindet
Beim Hamburg Ballett besteht nun die Schwierigkeit jemanden zu finden, der einerseits nach 51 Jahren und mehr als 170 tanztechnisch hoch anspruchsvollen Balletten das Erbe Neumeiers pflegt, der andererseits aber auch neue Tanzsprachen nach Hamburg bringt.
Im Streit steht Aussage gegen Aussage. Aber das Bild ist nicht schwarz-weiß, sondern vielschichtig, meint Stefanie Wittgenstein.
Fachlich war das Volpi durchaus gelungen, wie auch die aktuellen Balletttage zeigen, bei denen mit modernen Stücken Türen geöffnet wurden. Aber eine Compagnie zu übernehmen, die mehr als 50 Jahre mit einem einzigen – auch noch legendären – Choreografen gearbeitet hat – das ist fraglos ein umwälzender Prozeß. Da muss man auch menschlich total offen sein – und da darf es kein toxisches Arbeitsklima geben, wie viele aus Compagnie kritisiert hatten.
Vielleicht müsse es auch eine Teamlösung werden, so Brosda, der allerdings auch erklärte, dass die Ablösung der Compagnie von Neumeier definitiv schon begonnen habe.
Nach dem Eklat am Hamburg Ballett und der Vertragsauflösung von Intendant Demis Volpi äußert sich Tänzer Alexandr Trusch.
Nach Demis Volpis Aus hat die Compagnie Neumeiers „Kleine Meerjungfrau“ zur Eröffnung der Ballett-Tage aufgeführt.
Kultursenator Carsten Brosda steht in der Kritik und weist Fehler bei der Benennung von Volpi zurück.
Im Streit steht Aussage gegen Aussage. Aber das Bild ist nicht schwarz-weiß, sondern vielschichtig, meint Stefanie Wittgenstein.
Der Entscheidung gehen monatelange Auseinandersetzungen zwischen Volpi und dem Ensemble voraus. Nastasja Müller mit Details.