Dresden – Mitten in der Fleischerei fühlte sich eine junge Auszubildende plötzlich wie im falschen Film. Immer wieder griff ihr ein Kollege an den Po, sogar in den Ausschnitt – und stand dafür jetzt vor Gericht.

Christina H. (*Name geändert) war 16 Jahre alt, als sie ihre Lehrstelle zur Fleischerei-Fachverkäuferin in einem kleinen Betrieb in Dresden begann. Doch die Freude am Job währte nur kurz. Immer wieder erlebte sie Übergriffe von Uwe R. (65). Der Geselle soll der jungen Kollegin mindestens 20 Mal an den Po gelangt und sie im Vorbeigehen gestreichelt oder gekniffen haben.

Chef schritt ein – Täter machte trotzdem weiter

Die Jugendliche wandte sich an ihren Chef. Der stellte den Gesellen zur Rede – doch die Belästigungen hörten nur kurz auf. Die Auszubildende (inzwischen 17) schilderte die Übergriffe im Prozess vor dem Dresdner Amtsgericht am Donnerstag – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Christina H. (17, *Name geändert) sagte vor Gericht gegen ihr

Christina H. (17, *Name geändert) sagte vor Gericht gegen ihren Kollegen aus. BILD zeigt das Foto mit ihrem und dem Einverständnis der Eltern

Foto: Dirk Sukow

Nur Abmahnung – dann Anzeige

Besonders widerlich war die Attacke am 20. August 2024. Richter Rüdiger Baumann: „Der Angeklagte zog ihr das T-Shirt weg und warf Eierschalen in das Dekolleté der Auszubildenden.“ Anschließend griff er Christina H. direkt an die Brust.

Uwe R. kassierte zwar eine Abmahnung von seinem Chef. Doch erst die Anzeige von Christina H. brachte den Stein ins Rollen. Glück im Unglück: Zwei Monate später ging der Mann in Rente.

Vor Gericht versuchte der Fleischer-Geselle, sich rauszureden: „Ich habe sie nur am unteren Rücken getätschelt, um sie zu loben.“ Den Griff an die Brust stritt der ledige Mann, der sein Leben lang als Fleischer gearbeitet hatte, ab.

Erleichterung nach Renteneintritt

Amtsrichter Baumann verurteilte den nicht vorbestraften Uwe R. wegen eines sexuellen Übergriffs und 20 Fällen sexueller Belästigung zu sieben Monaten Haft auf Bewährung. „Die Auszubildende hat die Belästigungen anfangs still ertragen. Sie haben sogar weitergemacht, nachdem der Chef eine klare Ansage gemacht hatte“, sagte er.

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Uwe R. akzeptierte das Urteil.

Christina H. blieb in ihrem Ausbildungsbetrieb. Ihr Chef sagte vor Gericht, sie sei aufgeblüht und würde erfolgreicher arbeiten, seit Uwe R. die Fleischerei verlassen habe.