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Indien ist einer von Russlands wichtigsten Handelspartnern. Die EU wittert Sanktionsverstöße. Jetzt können Sanktionen auch indische Akteure treffen.
Brüssel – Die Europäische Union will ihre Sanktionen verschärfen. Erstmals sollen diese Maßnahmen auch einen indischen Akteur betreffen. Konkret geht es um eine Raffinerie, die russisches Öl für den Weiterverkauf verarbeitet. Laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) hält der russische Ölkonzern Rosneft 49,13 Prozent an der Raffinerie Nayara Energy im indischen Bundesstaat Gujarat.
„Weit hergeholt“ – Rosneft kritisiert die westlichen Sanktionen gegen Indien
Rosneft reagierte prompt mit Kritik an dieser Entscheidung. Nayara Energy spiele eine entscheidende Rolle bei der Sicherung der Energieversorgung Indiens. Daher seien die Sanktionen aus Europa „weit hergeholt und falsch“. Vor der russischen Invasion in die Ukraine bezog Indien traditionell sein Öl aus dem Mittleren Osten. Doch als die EU unerwartet große Anstrengungen unternahm, um sich von russischen Energielieferungen zu lösen, brach der europäische Markt für russische Ölkonzerne zusammen.
Bildmontage aus einem russischen Ölfrachter und Wladimir Putin (Symbolfoto). Indien ist einer von Russlands wichtigsten Handelspartnern. Die EU wittert Sanktionsverstöße. Jetzt können Sanktionen auch indische Akteure treffen. © IMAGO / Depositphotos & IMAGO / ZUMA Press
Russland sah sich gezwungen, drastische Maßnahmen zu ergreifen, um sein Öl abzusetzen. Der Kreml bot sowohl China als auch Indien erhebliche Preisnachlässe an. Indien nutzte diese Gelegenheit und wurde innerhalb weniger Jahre zum bedeutendsten Abnehmer von russischem Rohöl. Die EU vermutete jedoch früh, dass Indien bei der Umgehung der Sanktionen helfen könnte. Ähnliche Praktiken gab es auch in anderen Bereichen, wie etwa im Diamanthandel. Russische Diamanten wurden in Indien geschliffen und dann in Lieferungen mit Diamanten aus anderen Ländern versteckt, um die Sanktionen zu umgehen.
Indien profitiert von Putins Öl – „Russen schnüren ein Geschenkband“
Für Indien erwies sich diese Situation als äußerst vorteilhaft. Händler in Neu-Delhi konnten große Mengen an Ressourcen zu sehr niedrigen Preisen erwerben. Dass sie dabei die Kriegskasse von Kreml-Chef Wladimir Putin füllten, war von untergeordneter Bedeutung. „Die indische Regierung priorisiert ganz einfach die nationalen Interessen des Landes“, erklärte Anisree Suresh, Forscher am Indischen Centre for Public Policy Research, gegenüber Politico. „Wir haben Öl mit Abschlägen über fast 35 US-Dollar pro Barrel in den letzten Monaten erhalten.“
Ein indischer Parlamentarier habe berichtet, dass Indien bereits in der Anfangsphase etwa 3,6 Milliarden US-Dollar eingespart habe. Hardeep Singh Puri, Indiens Minister für Erdöl und Erdgas, soll dazu gesagt haben: „Wenn es einen Discount über 30 Prozent gibt, dann schnüren die Russen ein Geschenkband darum (um die Öl-Lieferungen, Anm. d. Red.) und schicken sie uns frei Haus.“
Indien stellt sich damit gegen eine der wesentlichen Sanktionen des Westens, insbesondere gegen den von den G7-Nationen eingeführten Preisdeckel. Dieser untersagt den Handel mit russischem Öl zu Preisen über 60 US-Dollar pro Barrel. Russland konnte durch die gewährten Rabatte zwar weiterhin Öl verkaufen, jedoch führte der Handel mit Indien zu neuen Herausforderungen. Beispielsweise zahlte Indien in Rupien, die Russland zunächst nicht nutzen konnte. Ein Teil dieser Rupien floss in indische Investitionen, während andere in verschiedene Währungen umgewandelt wurden.
West-Sanktionen gegen Putins Öl-Exporte – Indien kauft massenhaft Öl aus Russland
Wie viele Ressourcen bezieht Indien aber aus Russland? Laut dem Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) war Indien im Mai 2025 der zweitgrößte Abnehmer russischer fossiler Brennstoffe. Neu-Delhi importierte Treibstoffe im Wert von 4,2 Milliarden Euro, wobei 72 Prozent auf Rohöl entfielen. Russland bleibt der größte Rohöllieferant Indiens und sicherte sich einen Anteil von 38 Prozent an den indischen Importen.
Der Konflikt um Russlands Öl-Lieferungen hat neben dem Ukraine-Krieg einen Sanktionskrieg entfacht. Während die westlichen Verbündeten der Ukraine versuchen, Russlands Einnahmen zu reduzieren, entwickelt Russland ständig neue Strategien zur Umgehung der Sanktionen. Eine dieser Strategien ist der Aufbau einer russischen Schattenflotte, die gezielt Sanktionen umgeht.
Vor einigen Monaten machte Indien deutlich, dass bei den Öl-Lieferungen der Preis entscheidend ist. Sollte ein besseres Angebot aus dem Mittleren Osten kommen, würde Indien seine Bezugsquelle wechseln.