Seit April 2025 standen ein Apotheker aus Leipzig sowie ein Facharzt aus dem Umland wegen Betrugs- und Untreuevorwürfen vor dem Leipziger Landgericht: Der Pharmazeut hatte laut Anklage illegal Medikamente an die Praxis des Arztes geliefert. Letzterer habe Bescheinigungen über Luftrezepte ausgestellt, die der Arzt bei den Krankenkassen abgerechnet und kassiert haben soll. Bereits im Juni wurde das Duo verurteilt.
„Zu Risiken und Nebenwirkungen …“: Im gemeinhin bekannten Satz dienen Arzt oder Apotheker als Ansprechpartner für Patienten. Doch der Arzt und der Apotheker, die jetzt am Leipziger Landgericht verurteilt wurden, haben die Risiken ihres eigenen Handelns offenbar unterschätzt. Der Mediziner (67) und der Pharmazeut (53) wurden bereits am 17. Juni zu einer Bewährungsstrafe von jeweils elf Monaten verurteilt, erklärte das Landgericht auf LZ-Anfrage.
Verstoß gegen Zuweisungsverbot
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Duo in ihrer Anklageschrift zum einen Betrug in 59 Fällen zur Last gelegt, was den Apotheker Holm L. betraf. Der mitangeklagte Fachmediziner war wegen 416 Fällen der Untreue vor Gericht gebracht worden.
Demnach sollen die Verdächtigen bis Ende 2017 vier Jahre lang bei der Zulieferung teils hochpreisiger Medikamente kooperiert haben, indem Holm L. die Medizin direkt an den Arzt ausgab, der sie dann seinen Patienten aushändigte. Der Apotheker habe im Gegenzug die Unterlagen zur Abrechnung bei den Krankenkassen erhalten.
Aus behördlicher Sicht ein klarer Verstoß gegen das Zuweisungsverbot: Eine Arztpraxis darf in der Regel kein Rezept mit Bindung an eine bestimmte Apotheke ausstellen. So sollen der Wettbewerb erhalten und Patienten die freie Apothekenwahl gelassen werden.
Angeklagte räumten Fehler ein
Einem zweiten Vorwurf nach habe der 67-jährige Arzt gelieferte Arzneien aus dem Bestand des Apothekers auf Rezepte geschrieben, aber nie Patienten damit behandelt. Holm L. habe dann auch hier erfolgreich Abrechnungen bei Krankenkassen eingereicht, die inhaltlich nicht überprüft wurden. Auf 171.689,65 Euro beziffert die Staatsanwaltschaft allein den durch diese mutmaßlichen Luftrezepte entstandenen Schaden, insgesamt soll er bei 412.923,27 Euro liegen.
Die Angeklagten hatten während des Prozesses über ihre Anwälte Fehler eingeräumt. Zugleich betonten sie, sie hätten auch im Sinne behandelter Patienten agiert: Für diese, von denen nicht wenige betagt bzw. an Krebs erkrankt waren, sei eine Sofort-Übergabe bzw. -verabreichung der Medizin von Vorteil gewesen, weil es ihnen den „bürokratischen Irrsinn“ mehrerer Wege erspart habe, hieß es.
Der 67-jährige Arzt gab zudem zu, dass die Dokumentation, wenn etwa Patienten nicht erschienen, in seiner Praxis lückenhaft gewesen sei. Dennoch gäbe es Nachweise, dass er sehr wohl Erkrankte etwa durch Spritzen behandelt habe, anders als von der Anklagebehörde unterstellt. Aus heutiger Sicht bereue er aber, sich auf den Deal mit dem Apotheker eingelassen zu haben, ließ der bislang völlig unbescholtene Mediziner über seinen Rechtsanwalt ausrichten.
Nur Teil der Vorwürfe blieb übrig, Urteile sind rechtskräftig
Nach Abschluss des Prozesses wurde der Arzt noch wegen Untreue in 110 Fällen zu elf Monaten auf Bewährung und 10.000 Euro Geldauflage verurteilt. Apotheker Holm L. bekam das gleiche Strafmaß wegen 57-fachen Betrugs und soll dazu innerhalb eines Jahres 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.
Die Verteidigung hatte nach Gerichtsangaben jeweils auf Geldstrafen oder maximal Bewährung plädiert. Die Staatsanwaltschaft wollte auf ein Jahr für den Arzt und zwei Jahre für den Apotheker hinaus, beides mit Bewährungschance.
Auf eine Revision wurde aber verzichtet. Somit ist das Urteil vom 17. Juni bereits rechtskräftig. Gegen einen weiteren Arzt laufen indes gesonderte Ermittlungen: Dieser soll 2018 vorübergehend ebenfalls Zulieferungen von Medizin durch Holm L. erhalten haben.