Bielefeld. Körperlich anstrengend die Arbeit, niedrig der Lohn, dazu ein stetig schrumpfendes Trinkgeld – und trotzdem seien sie ständig am Lachen, sagt Simona Jotkaite: „Sie sind das Dream-Team des Unternehmens“. Es trägt den Namen „Yat Service“ und gehört zu Bielefelds begehrtesten Reinigungsfirmen. Das belegen die vielen Firmen-Referenzen auf der Homepage sowie die maximale 5-Sterne-Bewertung auf Google und vor allem die Treue der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zu den langjährigsten zählt Nirai Pariani.
Seit 27 Jahren arbeitet sie in der internationalen Putztruppe als Zimmermädchen, praktisch eine Kraft der ersten Stunde. Zusammen mit ihrer Kollegin Carbett Maxine Schubert bringen sie im Teamwork übernächtigte Hotelzimmer wieder in Topform, und das bei klarer Aufgabenverteilung: Die 58-jährige, gebürtige Indonesierin, lässt im Bad die Kacheln strahlen, putzt Gläser und tauscht die Handtücher. Ihre fast gleichaltrige Kollegin aus Nigeria schüttelt in der Zeit die Bettdecken, zieht sie ab, tütet sie neu ein und streicht das neue Laken glatt.
Jubilarin mit Urkunde: Nirai Pariani zwischen Personalchefin Simona Jotkaite (l.) und Firmenchefin Yurdagül Avci (r.).
| © Stefan Becker
Dann folgt die Kampfansage an den Staub: Mit Dr. Schnells Spezialtinktur auf dem Lappen erwischt Schubert routiniert jedes Korn, vom Stuhlbein bis zur Nachttischlampe, während Pariani mit dem Turbo-Staubsauger jeden Zentimeter des Fußbodens abfährt, auch unter dem Bett. Wenn sie so Hand in Hand agieren und die abgereisten Gäste sich zuvor zivilisiert benommen haben, dann seien sie in zehn Minuten mit dem klassischen Comfort-Zimmer fertig, erzählen sie nach getaner Arbeit, ziehen die Tür hinter sich zu und mit ihren Wagen weiter zur Nächsten.
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Die Suiten im Ravensberger Hof
Davon hat der geschichtsträchtige Bielefelder Hof am Hauptbahnhof in Bielefeld einige zu bieten. Als Premium-Haus der Marke Steigenberger kommen dort allerdings noch diverse Suiten hinzu, deren Größe allein schon mehr Arbeit bedeutet. Und deren Bewohner einen entsprechenden Service erwarten. „Nirai und Carbett sind einfach die besten, sie arbeiten neue Kolleginnen ein, prüfen die Qualität, da passt einfach alles“, lobt Personalchefin Jotkaite. Gemeinsam mit Firmengründerin Yurdagül Avci managt sie die internationale Putzkolonne mit dem Fokus auf die Hotellerie.
„Wir haben Mitarbeiterinnen aus Jamaika und der Domrep, aus Iran und dem Irak, aus Marokko, Tunesien und Syrien, aus Russland, der Ukraine und Lettland, aus Mazedonien, Indien, Bulgarien, Rumänien und der Türkei“, zählt Avci die Nationalitäten auf beim Blick in die Runde. Zu der kleinen, als Frühstück getarnten Überraschungsfeier für Nirai Pariani steuert die Industrie- und Handelskammer eine Ehrenurkunde bei und gratuliert auf diese Weise zur 25-jährigen Firmenzugehörigkeit.
Kollegialität und Lebensfreude trotzen kleiner Rente
Dabei sei es nie ihre Absicht gewesen, eines Tages in Deutschland zu landen, erzählt Pariani. Sie stammt von der sagenhaften Insel Bali. Ihr Mann sei damals als Koch nach Deutschland gegangen, sie sei ihm etwas später gefolgt – und nach ein paar Jahren wollten sie eigentlich wieder zurück. So der Plan. Mittlerweile genieße ihr Mann hier die Rente, die Kinder seien groß und weil ihr die Arbeit Spaß mache, habe sie die Stunden sogar aufgestockt und sei in Vollzeit dabei. Schließlich gehe es ja auch um die Rente, die klein ausfallen werde, auch wegen einiger Jahre als Minijobberin.
Zwei Bielefelder Reinigungskräfte bei der Arbeit
„Aber uns geht es doch gut“, sagt ihre Kollegin und Freundin: „In anderen Ländern haben sie gar nichts, und wir haben eigentlich alles“, sagt sie auf dem Weg durch die Katakomben des großen Hauses. Die erste Hälfte der Schicht dauert an diesem Dienstag im März von 8.30 bis 12 Uhr. Dann treffen sich die Servicekräfte im Keller auf einen Kaffee zur Pause. Draußen auf dem Gang warten derweil die schweren Wagen, der eine für den Müll und die Schmutzwäsche, der andere mit den frischen Textilien und Annehmlichkeiten für den Aufenthalt.
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