Fast 3500 öffentliche Ladeanschlüsse für Elektroautos stehen in Stuttgart – doch sie sind im Stadtgebiet sehr ungleich verteilt: Während einige Stadtteile besonders gut ausgestattet sind, fehlen sie in anderen fast komplett. Das zeigt eine Analyse unserer Redaktion auf Basis der Ladesäulenregisters der Bundesnetzagentur. In welchen Stadtteilen gibt es viele E-Autos, aber wenige Ladepunkte?
„In Stuttgart gibt es grundsätzlich viele Normalladepunkte“, sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Aber nicht überall: Besonders in Möhringen-Nord, Hohenheim, Rohracker oder rund um den Pragfriedhof stehen die wenigsten Ladepunkte zur Verfügung.
Bei den Stuttgarter Stadtwerken bestehe „nahezu überall in Stuttgart noch Bedarf an Ladeinfrastruktur, um die Nachfrage zu decken“, erklärt ein Sprecher. Die Herausforderung sei, den Bedarf für die nächsten zehn bis 20 Jahre vorausschauend zu planen. „Hierfür fehlt es mitunter an aussagekräftigen Daten, um eine verlässliche wirtschaftliche Grundlage herleiten zu können.“ Der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur in Stuttgart hat sich zuletzt verlangsamt: Bis Ende März kamen weniger neue Normalladepunkte hinzu als noch im Vorjahr, Schnellladepunkte werden dagegen ungebrochen neu gebaut.
Dass es bislang deutlich mehr Normalladesäulen als Schnelllader gibt, hält Plötz für logisch: „In Städten stehen Autos im Schnitt 23 Stunden pro Tag.“ In dieser Zeit können E-Autos also auch relativ langsam aufgeladen werden – an Normalladepunkten innerhalb durchschnittlich vier Stunden. Für schnelles Laden brauche es dagegen andere Standorte, so Plötz, etwa Supermärkte oder Firmen wie Bosch in Feuerbach. Dort geht es Plötz zufolge insbesondere darum, für Besucherinnen und Kunden Ladepunkte bereit zu stellen.
Die Schnellladesäulen konzentrieren sich bislang auffällig auf Stadtteile wie Feuerbach, Wangen, Untertürkheim und Vaihingen – allesamt Gegenden, in denen auch große Industrieunternehmen wie Bosch, Mercedes-Benz oder die EnBW Standorte haben. Plötz sieht darin kein Problem: „Wenn mehr E-Autos fahren, werden auch mehr Schnelllader folgen.“ Schnellladen funktioniere zudem ähnlich wie das Tanken, wo man auch hinfahren müsse. Und erinnert daran, dass im Ladesäulenregister nur öffentliche Ladepunkte erfasst sind – nicht aber private Ladepunkte.
Die finden sich mutmaßlich vor allem in Stadtteilen mit hohem Anteil an Ein- und Zweifamilienhäusern, die öfter eigene Garagen haben. In Stuttgart ist das Potenzial für Wallboxen demnach außerhalb der Innenstadt höher, wie die folgende Karte zeigt – insbesondere in Degerloch, Dachswald, Zuffenhausen, Rot oder Steinhaldenfeld:
Das bestätigt auch der Stadtwerke-Sprecher aus seinen Erfahrungen im Austausch mit Kundinnen und Kunden. „In Ein- und Zweifamilienhäusern ist es in der Regel deutlich einfacher, sich eine eigene Wallbox zu installieren. Das liegt vor allem auch daran, dass Entscheidungswege deutlich einfacher sind.“
Stehen die Ladesäulen dort, wo mehr E-Autos zugelassen sind?
Auch ein weiterer Zusammenhang ist erkennbar: Je mehr E-Autos in einem Stadtteil zugelassen sind, desto mehr Ladepunkte gibt es dort. Das liegt allerdings auch daran, dass die Stadtteile unterschiedlich dicht besiedelt sind. Eine Sprecherin der EnBW erläutert auf Nachfrage, dass sich der Energiekonzern in der Netzplanung tatsächlich unter anderem daran orientiere, wie viele E-Autos in Gebieten zugelassen sind – aber auch an den Verkehrsströmen. „Um den Schlossgarten oder rund um das Mercedes-Werk in Untertürkheim könnten allerdings auch Teile der Ladepunkte eher für Besucher gedacht sein“, sagt Plötz.
Braucht es also dort mehr Ladeinfrastruktur, wo es weniger Ein- und Zweifamilienhäuser gibt und mehr E-Autos zugelassen sind? Das ist in den westlichen Stadtteilen Feuersee, Rotebühl oder Rosenberg etwa der Fall sowie im südlich gelegenen Lehen oder im Norden am Pragfriedhof. Grundsätzlich wäre das wünschenswert, sagt Plötz. „Aber für Betreiber ist es oft wenig attraktiv, dort Ladesäulen zu bauen.“ Die Flächen seien teuer, der Netzanschluss aufwendig. Eine pragmatische Lösung könnte sein, dass Menschen ihr Auto künftig leichter am Arbeitsplatz laden können.
Der Stadtwerke-Sprecher teilt die Auffassung: „Dort, wo Anwohnerinnen und Anwohner keine eigene Abstellmöglichkeit haben, ist der Bedarf an öffentlichen Lademöglichkeiten deutlich größer. Das können wir heute auch in unseren Auslastungszahlen messen.“ Daher wollen die Stadtwerke in öffentlichen Tiefgaragen Ladepunkte schaffen.
Ladesäulenranking
Daten
Das Ladesäulenranking unserer Redaktion basiert auf dem Ladesäulenregister der Bundesnetzagentur, die Zahlen reichen bis zum 31. März 2025. Bei der Behörde müssen alle öffentlich zugänglichen Ladesäulen gemeldet werden.
Methodik
Da die Angaben zu den Ladesäulen teils fehlerhaft sind, haben wir die Standorte der Säulen anhand ihrer Geokoordinaten einer Gemeinde zugerechnet. Dadurch kann es nahe an Gemeindegrenzen zu leichten Unschärfen kommen. In Stuttgart sind zudem Ladesäulen der Stadtwerke, die an halböffentlichen Plätzen zum Beispiel in Parkhäusern stehen, nicht immer im Ladesäulenregister verzeichnet. Die hier genannten Zahlen sind also als Untergrenze zu verstehen, von Ort zu Ort können auch mehr Ladesäulen vorhanden sein.