Viele Jahre wurde darüber gesprochen, doch erst die Begleitung durch die Fachleute der Internationalen Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart (IBA ’27), die einst der ehemalige Bezirksvorsteher Johannes Heberle eingetütet hatte, brachte den Durchbruch. Ein Architekturwettbewerb inklusive zwei offenen Beteiligungsabenden führte nun zum Siegerentwurf, der nicht nur von der Fachjury einstimmig gekürt wurde, sondern auch vom Kirchengemeinderat – der das Gewinnerteam auch gleich mit den weiteren Planungen beauftragt hat.

IBA-Intendant freut sich über das Ergebnis

Die Verkündung: Gewonnen hat der Entwurf von Joos Keller Architekten (Stuttgart) und dem Karlsruher Büro Curious About in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekturbüro von K aus Ostfildern. „Dass man an diesem für Feuerbach so wichtigen Ort, an dem sich unterschiedliche Baustile etwas unglücklich verkanten, an Abriss dachte, ist nachvollziehbar“, blickt Andreas Hofer, der Intendant der IBA ’27 zurück. „Umso mehr freue ich mich über das großartige Ergebnis, welches mit dem Vorgefundenen eine neue Geschichte erzählen wird, denn wesentliche Elemente des Bestandes finden ein neues Leben.“

Architekt Kyrill Keller mit seinem Team bei der Präsentation in der Stadtkirche Foto: Tom Bloch

Vereinfacht ausgedrückt werden nach einer Entkernung Keller und Außenwände des Gebäudes erhalten bleiben. Darüber wird eine Erweiterung „gestülpt“ aus Holz, viel Glas und Lehmverbunddecken. Mit einer Neustrukturierung der Freiflächen wird der Gebäudekomplex offener, erlebbarer. Der nachhaltige Ansatz gefällt auch dem Hausherrn. „Damit zeigen wir, dass Kirche sich tatsächlich wandeln kann. Das Haus wird ein Statement für Nachhaltigkeit und Klimaschutz“, sagt Pfarrer Jens Keil anlässlich der Vernissage. „Die Begleitung durch die IBA war enorm hilfreich. Die spielen in einer anderen Liga. Das hätten wir uns nie träumen lassen. Und statt Abriss haben wir nun einen Entwurf, der am meisten Substanz stehen lässt.“

Die Fenster der Lutherkirche werden eingebaut

Ganz pragmatisch fand die Vernissage im Kirchenraum statt. Das siegreiche Büro stellte das Projekt vor und projizierte die Entwürfe an die Apsis, direkt zwischen die bunten Kirchenfenster. Apropos Kirchenfenster: Ein kleines Schmankerl hatten alle beteiligten Architekturbüros in ihren Entwürfen zu verarbeiten, denn die Fenster der 2013 verkauften Lutherkirche müssen im neuen Gebäude verbaut werden. „Das sehen wir jetzt wunderschön umgesetzt“, sagt Pfarrer Keil zufrieden.

Apropos Umsetzung: Beim Wettbewerb wurden die Kosten außen vor gelassen, doch den finanziellen Herausforderungen sieht die Gemeinde relativ gelassen entgegen. Zum einen wurde sich aufgrund sinkender Mitgliederzahlen, zurückgehender Kirchensteuer und reduzierten Pfarrstellen von einigen Immobilien getrennt. Zudem sind angesichts des innovativen Ansatzes auch Zuschüsse aus der Forschung denkbar sowie eine Fundraising-Kampagne. Ein weiterer möglicher Synergieeffekt ist der angedachte Umzug der Verwaltung der Gemeinde vom Gebäude in der Wiener Straße hinüber ins Gemeindezentrum. Die weiteren Planungen werden also angegangen. Mit einer Realisierung ist frühestens 2028 zu rechnen.

Bis zum 17. August sind die Entwürfe zu sehen

Und wie lebhaft es in der Gemeinde und bald in dem renovierten Gemeindehaus zugehen kann, zeigte am Ende der Kinderchor. „Lachend, lachend, kommt der Sommer, über das Feld“, schmetterten die Jüngsten – und mit nur ein wenig Nachhilfe durch die Kantorin Christine Marx bildete sich unter allen Besuchern der Vernissage flugs ein dreistimmiger Chor.

Die Sieger-Entwürfe werden bis zum 17. August im Kirchhof der Stadtkirche St. Mauritius ausgestellt.