Universitätspräsident Enrico Schleiff über den gerade verstorbenen Ökonomen und früheren Universitätspräsidenten Werner Meißner, der die Goethe-Universität von 1994 bis 2000 geleitet und maßgeblich den Erwerb des IG-Farben-Hauses und damit die Erschließung des neuen Campus Westend auf den Weg gebracht hat.

Werner Meißner © Uwe Dettmar, Goethe-Universität FrankfurtWerner Meißner © Uwe Dettmar, Goethe-Universität Frankfurt

Mit großer Trauer habe ich vom Tod meines Vorgängers Prof. Dr. Werner Meißner erfahren. Ich durfte ihn mehrfach persönlich treffen und bin von seiner Persönlichkeit, seiner menschlichen Integrität beeindruckt. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Prof. Meißner die Goethe-Universität wie kaum ein anderer in den letzten vier Dekaden auf ganz entscheidende Weise geprägt hat. Wenn ich heute über den modernen, grünen und weltoffenen Campus Westend gehe, muss ich sehr oft an denjenigen denken, der mit seinem großen Engagement und Geschick dafür gesorgt hat, dass die Goethe-Universität ihren neuen Hauptcampus beziehen konnte. In seiner im Jubiläumsjahr erschienenen Denkschrift „Goethe zieht um – Wie die Goethe-Universität ins Westend kam“ macht er deutlich, dass allen Beteiligten in den 90er-Jahren bewusst gewesen ist, dass man mit dem historisch belasteten IG-Farben-Komplex sehr sensibel und reflektiert umgehen muss. Auch auf die uniinternen Diskussionen darüber, wie dem Gedenken an die KZ-Opfer Rechnung getragen werden sollte, geht er in dem Buch ein.

Die bauliche Neuordnung des Campus war für Prof. Meißner kein Selbstzweck. Ihm ging es vor allem darum, dass die Universität einen attraktiven Ort erhält, der einerseits den Austausch zwischen den vielen Disziplinen fördert, andererseits aber auch die Begegnung mit der Stadtgesellschaft ermöglicht. Das ist ihm mehr als gelungen: Der Campus gilt als einer der schönsten seiner Art in Deutschland und beeindruckt auch Besucher*innen aus nah und fern.

Auch als forschender Ökonom war Werner Meißner eine Koryphäe und ein beeindruckender Vertreter seines Faches. Seine wissenschaftliche Ausbildung hatte er mit dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Berlin und Köln begonnen. An der Stanford University studierte er Volkswirtschaftslehre und promovierte schließlich an der Freien Universität Berlin. Nach dem anschließenden Studium der Ökonometrie und Statistik an der Universität Uppsala und an der Technischen Hochschule Darmstadt habilitierte er in Darmstadt für Volkswirtschaftslehre und Ökonometrie, 1971 erhielt er den Ruf auf die Professur für Wirtschaftliche Staatswissenschaften an der Goethe-Universität Frankfurt. Meißner hatte unter anderem Gast-professuren an den Universitäten von Stockholm, Göteborg, Wien und Toronto. Ferner hatte er Führungspositionen in verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen inne, war als Berater für verschiedene internationale Organisationen tätig und engagierte sich besonders bei der Hans-Böckler-Stiftung, wo er dem Wissenschaftlichen Beirat und dem Kuratorium angehörte. Seit 1995 trug er zur Unterstützung der Stiftung bei und wirkte auch damit weit über die Stadtgrenzen Frankfurts hinaus.

Vollkommen verdient wurde Werner Meißner für sein beispielgebendes Wirken und Engagement im Bereich Forschung und Lehre 2023 mit dem Hessischen Verdienstorden ausgezeichnet. Denn er hat auf beeindruckende Weise Weichen für die Zukunft unserer Universität und den Wissenschaftsstandort Frankfurt gestellt. Er war der Architekt des Campus Westend. Im Namen der gesamten Goethe-Universität spreche ich seinen Angehörigen mein tiefstes Mitgefühl aus. Wir werden diesem großen Gestalter der Goethe-Universität ein ehrendes Andenken bewahren.