Stand: 25.07.2025 11:21 Uhr

Noch gelten die von den USA für Lesotho angedrohten Zölle von 50 Prozent nicht. Doch schon jetzt schwächen sie die eh schon kriselnde Wirtschaft des afrikanischen Landes immens. Nun gilt dort der Ausnahmezustand.


Stephan Ueberbach

Für das kleine Land im Süden Afrikas steht viel auf dem Spiel. Denn ein Großteil der Textilien, die in Lesotho produziert werden, geht in die USA. Darunter Jeans der Marken Levis oder Wrangler. Viele US-Einkäufer haben bereits ihre Bestellungen gestoppt. Dabei sind die Strafzölle der neuen US-Regierung noch gar nicht in Kraft getreten. Bisher gibt es nur die Drohung aus Washington, auf sämtliche Importe aus Lesotho ab August einen Aufschlag von 50 Prozent zu verhängen.

Aber die Folgen für Lesothos Wirtschaft sind jetzt schon katastrophal. Fabriken mussten schließen, Tausende Beschäftigte haben ihre Jobs verloren. Zum Beispiel Textilarbeiterin Limpho Lefalatsa. „Als wir zum ersten Mal davon hörten, war es nur ein Gerücht. Aber dann wurde es zur Wahrheit. Ich fühle mich so hilflos. Wenn wir schon vorher nur einen Hungerlohn verdient haben – was soll jetzt passieren, wo wir nicht einmal mehr das haben?“, fragt sie.

Fast jeder Dritte ohne Job

Sollte jetzt auch noch das sogenannte AGOA-Abkommen, das afrikanischen Ländern zollfreien Zugang zum US-Markt ermöglicht, vom Kongress in Washington nicht verlängert werden – wonach es aktuell aussieht – drohen in der Textilindustrie Tausende weitere Arbeitsplätze wegzufallen. Bereits jetzt haben 30 Prozent der Menschen keinen Job, bei Jugendlichen ist sogar jeder Zweite arbeitslos. 

„Die Zölle streuen Salz in die Wunde. Wir haben das Problem der Arbeitslosigkeit schon seit vielen Jahren. Aber die angekündigten Tarife zeigen bereits Wirkung“, warnt Lesothos Handelsminister Mokhethi Shelile. Im Moment stünden etwa 12.000 Arbeitsplätze in elf Fabriken auf dem Spiel.“Elf Fabriken – und all diese elf Fabriken haben derzeit keine Arbeit. Die Auswirkungen sind also bereits spürbar, einfach weil es keine klare Entscheidung der USA gibt“, betont Shelile.

Gegenzölle für Lesotho „nicht tragfähig“

Die Regierung Lesothos hat deshalb Anfang des Monats den nationalen Notstand ausgerufen, um schneller auf die Krise reagieren zu können. Etwa mit Steuererleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen, mit öffentlich finanzierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sowie mit gezielten staatlichen Aufträgen für Betriebe, die von jungen Leuten geführt werden. Gegenzölle auf US-Produkte zu verhängen – so wie das China bereits tut und wie es die EU überlegt – kommt für Lesotho nicht infrage.

„Wir sind eine sehr kleine Volkswirtschaft, und unser Bruttoinlandsprodukt ist winzig. Unser Handel mit den USA ist zwar für uns wichtig, aber ebenfalls sehr gering. Und was wir von ihnen kaufen, ist noch viel, viel weniger“, begründet Shelile die Entscheidung. Ein solcher Ansatz wäre für ein Land wie Lesotho nicht tragfähig. „Wir müssen uns überlegen, was wir schnell selbst in Ordnung bringen können. Der Ausnahmezustand ist für uns der richtige Weg“, so der Handelsminister.

Hoffnung auf Verhandlungen

Noch hat das kleine Land im Südwesten Afrikas die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Donald Trump seine Meinung vielleicht doch noch ändert, die Drohung mit einem 50-Prozent-Strafzoll zurücknimmt und sich auf echte Verhandlungen einlässt. Textilarbeiterin Nteboheleng Hlapane, die ihren Job vor Kurzem verloren hat, würde sich das jedenfalls wünschen. Sie appelliert direkt an den US-Präsidenten: „Mr. Trump, ich bete einfach zu Gott, dass er Ihre Seele berührt, damit Sie Ihre Entscheidungen überprüfen und an andere Menschen und Länder denken, die wegen Ihrer Selbstsucht leiden müssen.“

Stephan Ueberbach, ARD Johannesburg, tagesschau, 25.07.2025 10:43 Uhr