Um 234 Euro ist der Medianlohn in Leipzig im Jahr 2024 gestiegen, meldet die Bundesagentur für Arbeit. Aber was bedeutet das? Haben nun alle 234 Euro mehr in der Tasche? Mitnichten. Der Medianlohn zeigt, was sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte brutto im Monat verdienen. Schon das eine deutliche Einschränkung, denn damit bleiben alle Arbeitslosengeld- und Bürgergeldempfänger, Teilzeitkräfte, Minijobber, Beamten und Selbständigen außen vor.
Und das sind eine Menge Leute – über 30.000 Selbstständige, über 35.000 Minijobber, rund 100.000 Teilzeitbeschäftigte. Die Zahl der Beamten weisen die Arbeitsmarktstatistiken sowieso nicht aus. Aber schon was die Datengrundlage betrifft, kann man sagen: Für mehr als die Hälfte aller Erwerbstätigen ist die Erhebung ohne Bedeutung. Sie kommen gar nicht drin vor.
Dazu kommt dann noch: „Dabei handelt es sich nicht um einen Durchschnitt, sondern um den Wert, bei dem die eine Hälfte mehr und die andere weniger verdient. Auch Preissteigerungen, Inflation und Lebenshaltungskosten werden nicht berücksichtigt“, betont die Arbeitsagentur. „Die Zahlen geben Orientierung, ersetzen aber keine Aussage über die tatsächliche Kaufkraft oder individuelle Lebenssituation.“
Die Tücken der Statistik
Und es wird noch besser: Die richtig hohen Einkommen werden einfach nicht berücksichtigt. Mit den Worten der Arbeitsagentur: „Die Statistik gibt Auskunft über das mittlere Bruttomonatsentgelt (Median) von sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten – getrennt nach Männern und Frauen. Der Median bedeutet: 50 Prozent der Beschäftigten verdienen mehr, 50 Prozent weniger.
Erfasst werden hier alle sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstellen – Entgelte über der Beitragsbemessungsgrenze, d.h. 7.550 Euro brutto monatlich in Westdeutschland, bzw. 7.450 € in Ostdeutschland (Stand 2024) werden nur bis zu dieser Grenze berücksichtigt. Nicht enthalten sind Arbeitslosengeldempfänger, Bürgergeldempfänger, Teilzeitbeschäftigte, Minijobber, Selbständige und Beamte. Auch Sonderzahlungen, Zuschläge oder steuerliche Abzüge fließen nicht ein.“
Oder so formuliert: Die Aussagekraft diese Statistik ist sehr eingeschränkt. Sie blendet die meisten der niedrigen Einkommen genauso aus wie die wirklich hohen Einkommen, zeigt also nicht die tatsächliche Spreizung der Einkommen in Leipzig.
Entwicklung des Medianlohnes der sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Leipzig. Grafik: Arbeitsagentur Leipzig
Dresden und Leipzig in Sachsen vorn
Das Medianentgelt aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten in Deutschland lag im Jahr 2024 bei monatlich 4.013 Euro. Gegenüber dem Jahr 2023 sind die Löhne und Gehälter somit um 218 Euro bzw. 5,7 Prozent gestiegen. Das deutliche Plus erklärt sich insbesondere mit Entgeltzuwächsen infolge höherer Tarifabschlüsse, betont die Arbeitsagentur.
In der Stadt Leipzig lag das mittlere Einkommen für sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte 2024 bei 3.784 Euro. Gegenüber dem Jahr 2023 sind die Löhne und Gehälter in Leipzig damit um 234 Euro bzw. 6,6 Prozent gestiegen. Im Landesvergleich liegt der Medianlohn in Leipzig damit 396 Euro über dem sächsischen Median. Nur in Dresden wurde mehr verdient (3.932 Euro).
Das war noch vor einigen Jahren anders. Mittlerweile sind die beiden Großstädte zu Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung geworden. Was auch erklärt, warum es junge Leute zuallererst nach Dresden und Leipzig zieht, um hier eine Arbeit aufzunehmen. Ein Zuzug, der nun seit Jahren schon mit dem unzureichenden Wohnungsbau kollidiert.
Betrachtet nach Wirtschaftszweigen, sind die Entgelte in Leipzig in den meisten Branchen angestiegen. Das höchste absolute Plus mit 370 Euro (bzw. +7,2 Prozent) wurde in der Branche „Finanz- u. Versicherungsdienstleistungen“ gezahlt. Die höchste prozentuale Steigerung mit 9,8 Prozent (bzw. +337 €) gab es in der Branche „Energie- u. Wasserversorgung, Entsorgung“. In den Branchen „Metall-, Elektro-, Stahlindustrie“ (-4,0 Prozent) und im „verarbeitenden Gewerbe“ (-2,1 Prozent) hingegen, sind die Entgelte gesunken.
Die höchsten Entgelte erzielten in Leipzig weiterhin die Mediziner (7.089 Euro), Lehrkräfte allgemeinbildender Schulen (5.502 Euro) und im Bereich Versicherungs- und Finanzdienstleistungen (5.356 Euro). Die geringsten Entgelte wurden im Bereich der Körperpflege (2.058 Euro), der Gastronomie (2.350 Euro) und in Reinigungsberufen (2.387 Euro) erzielt.
Gender-Pay-Gap in Leipzig wurde wieder größer
Während das Medianentgelt in der Stadt Leipzig der Männer bei 3.847 Euro liegt, erzielen Frauen 3.696 Euro. Die Differenz des unbereinigten Gender-Pay-Gap liegt demnach bei 151 Euro (bzw. 3,9 Prozent) und hat sich damit im Vergleich zum Jahr 2023 um 10 Euro erhöht.
„Die Gehaltslücke hat verschiedene Ursachen“, betont die Arbeitsagentur. „Eine entscheidende Rolle spielen dabei unterschiedliche Berufsfelder und Branchenschwerpunkte von Frauen und Männern. Auch die bei Frauen häufiger vorkommenden familienbedingten Erwerbsunterbrechungen verzögern oder verhindern teilweise Aufstiegschancen und in diesem Zuge höhere Erwerbseinkommen.“
Und das – wie erwähnt – in den sozialversicherungspflichtigen Vollzeitstellen, während viele Frauen, die ihre Familie managen, lieber in Teilzeit arbeiten, in dieser Statistik also auch nicht berücksichtigt sind.
Qualifikation spielt entscheidende Rolle für das Entgelt
Die berufliche Qualifikation spielt nach wie vor eine entscheidende Rolle bei der Höhe der Entgelte. Für Beschäftigte in der Stadt Leipzig mit akademischem Abschluss liegt der Median bei 5.101 Euro und mit einem anerkannten Berufsabschluss bei 3.531 Euro. Beschäftigte ohne Berufsabschluss erzielten 2.700 Euro.
„Auch wenn der Arbeitsmarkt aktuell unter Druck steht: Wer eine gute Qualifikation mitbringt, ist besser abgesichert, verdient im Schnitt mehr und findet in der Regel schneller wieder eine neue Stelle. Das zeigt sich auch in den aktuellen Entgeltzahlen.
Unsere Berufsberatung für Erwachsene unterstützt alle, die sich weiterentwickeln oder beruflich neu durchstarten möchten – ob mit Weiterbildung, Umschulung oder dem Nachholen eines Berufsabschlusses. Denn lebenslanges Lernen ist heute wichtiger denn je“, erklärt Frederic Schulze, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Leipzig.