Stand: 25.07.2025 10:35 Uhr

Wenn in den USA, wie im Film „Homestead“, eine Atombombe explodiert, dann hilft nur noch beten und die Hoffnung auf göttlichen Beistand. Driftet das Kino in den USA nach rechts?

Von Julian Ignatowitsch, BR

Im Film „Homestead“, produziert von den Angel Studios, gründen die Protagonisten ihren eigenen Gottesstaat in den Rocky Mountains. Sie verteidigen ihr auserwähltes Land mit Waffen und Gewalt und hoffen auf ein „Wunder“, wie sie mehrfach sagen. Männer mit Cowboyhut beschützen ihre Familien, die Frauen kümmern sich mit Kopftuch um Kinder und Küche. Kino wie aus der Steinzeit.

Der Film aus den frommen Studios der Engel war zum Start in den Vereinigten Staaten Ende des vergangenen Jahres insbesondere bei evangelikalen Christen, Anhängern der „Prepper“-Bewegung und Verschwörungstheoretikern beliebt – war in den Top-5 der Kinocharts. Bis heute hat er mehr als 20 Millionen Dollar eingespielt, und damit rund das Vierfache seiner Produktionskosten, die bei rund 5 Millionen Dollar lagen.

Angel Studios mit klarer Agenda

In Deutschland ist der Film seit dem 10. Juli zu sehen, allerdings nur in wenigen Kinos. Das rechtskonservativ-christliche Weltbild lässt sich in den Vereinigten Staaten wesentlich besser verkaufen als in Europa.

Romanist und Filmwissenschaftler Vinzenz Hediger von der Goethe-Universität Frankfurt spricht von einer „evangelikalen Agenda“, die der Film und die Angel Studios insgesamt „kohärent vertreten“. Die christliche Produktionsfirma wird vom Mormonen Neal Harmon und drei seiner acht Brüder geführt. Sie alle gehören der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ an und promoten diese in ihren Filmen: traditionelle Rollenbilder, Staatsskepsis, Waffenverherrlichung und natürlich Gottesehrfurcht.

Die Brüder Jeff, Neal und Jordan Harmon führen die Produktionsfirma Angel Productions.

Geschäftsmodell: Crowdfunding und Merchandise

Mit Produktionen wie „Homestead“, „Sound of Freedom“ oder „The Chosen“ machen die Angel Studios seit 2023 ein gutes Geschäft. In den Medien machte der Film „Bonhoeffer“ zuletzt Schlagzeilen, weil er den Theologen und Widerstandskämpfer zum Nationalisten und Eiferer verklärte. Fast alle produzierten Filme und Serien schreiben schwarze Zahlen, die meisten spielen ein Vielfaches der Kosten ein und sind auch auf der firmeneigenen Streamingseite und im amerikanischen Fernsehen zu sehen.

Weil die Produktionen normalerweise durch Crowdfunding beziehungsweise durch Spenden finanziert sind und die Zuschauer auf diese Art mitentscheiden können, was sie sehen wollen, gibt es quasi kein Geschäftsrisiko. Dazu verkauft das Unternehmen Merchandise – T-Shirts, Schlüsselanhänger oder Essensvorräte – im Internet. Der Rechtsruck in den USA ist damit auch im Kino angekommen.

Filmwissenschaftler sieht noch keine Kulturwende

„Man muss aber auch bedenken, das ist ein relativ kleiner Film ohne große Stars“, gibt Filmwissenschaftler Hediger in Bezug auf „Homestead“ zu bedenken. Seiner Ansicht nach ist der Film noch kein „Anzeichen für eine Kulturwende“. Was das Hollywood-Kino ausmache, seien noch immer große Blockbuster-Filme, so Hediger.

Im Mainstream-Kino zähle nach wie vor die „Strategie kultureller Indifferenz“, so Hediger. Das heißt, dass sich die ganz großen Produktionen mit weltanschaulichen Aussagen oder Botschaften zurückhalten und Zuschreibungen wie „rechts“ oder „links“ möglichst vermeiden wollen. Da Kinos in den USA mehrheitlich von Frauen und überproportional von Afro-Amerikanern besucht werden, sei auch keine „Trumpisierung“ des US-Kinos zu erwarten, da diese Gruppen seltener als der Durchschnitt Trump gewählt haben, so Hediger.

Umsatzplus von fast 20 Prozent

Die Angel Studios besetzen demnach einen Nischenmarkt am rechten Rand, der allerdings größer wird. Das zeigt allein schon die gestiegene Zahl an Produktionen und höhere Budgets. Der Umsatz ist im vergangenen Jahr um fast 20 Prozent gestiegen. 

Die großen Blockbuster dagegen bleiben wohl eher unpolitisch, geben sich, wenn überhaupt, patriotisch – das hat in den USA ja Tradition. Dass bald aber auch Superhelden beten oder die Engel herbeirufen – eher unwahrscheinlich. Kommerz steht noch vor Kulturwandel.