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Frankreichs Präsident Macron. © Tom Nicholson/AFP
Frankreich will einen Palästinenserstaat anerkennen, auch aus eigenem Kalkül. Macron vollzieht damit einen geopolitischen Seitenwechsel.
„Der Frieden ist möglich“ Diese Ansage von Emmanuel Macron, fettgedruckt in seinem Brief an Palästinenserchef Mahmout Abbas, klingt beschwörend. Der französische Präsident kündigt in dem zweiseitigen Schreiben an, er werde bei der nächsten UN-Generalversammlung in New York im September „feierlich“ Palästina als Staat anerkennen. Frankreich bleibe damit seinem „historischen Einsatz für einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten treu“.
Macrons Entscheidung zum palästinensischen Staat: Frankreich wechselt die Seite
Damit vollzieht Macron einen geopolitischen Seitenwechsel. Von den westlichen G7-Mitgliedern wollte bisher keines einen Palästinenserstaat anerkennen. Fürs Erste ändert die Ankündigung aus Paris nichts für die Not leidende Gaza-Bevölkerung. In Großstädten wie Paris oder Marseille wurde die Empörung ob der humanitären Lage immer lauter. Die Linkspartei von Jean-Luc Mélenchon, die früher der Hamas politische Rückendeckung geleistet hat, mobilisiert seit Monaten gegen den „Genozid“. Ihr will Macron das Feld nicht überlassen, nachdem er Israel seit langem selber vorhält, „völlig unverhältnismäßig“ gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen.
Die konservativen Republikaner und das rechtsextreme Rassemblement National (RN) unterstellen dem Präsidenten dagegen, er leiste dem islamistischen Terror Vorschub. Ähnlich tönte es am Freitag aus Washington, wo US-Außenminister Marco Rubio erklärte, sein Land weise die französische Entscheidung „mit aller Stärke“ zurück. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot entgegnete über den Onlinedienst X, die Hamas-Miliz sei gegen eine Zweistaatenlösung, da sie Israels Existenzberechtigung ablehne. Frankreich stelle sich mithin gegen die Terrororganisation und an die Seite Israels.
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Für Verärgerung in Israel sorgten auch französische Diplomaten, die vor Ort diskret über palästinensische Konzessionen im Fall einer Staatsausrufung verhandelt hatten. Dabei ging es auch um die Freilassung von Geiseln oder die Demilitarisierung eines neuen Staates. Sehr weit scheinen die französisch-palästinensischen Kontakte nicht gediehen zu sein. Macron machte in seinem Brief an Abbas auch keine Anspielungen darauf, dass die Hamas beim Existenzrecht Israels Zugeständnisse gemacht hätte.
Einzelne Diplomat:innen vom Quai d’Orsay, wo das Außenministerium in Paris sitzt, ließen durchblicken, der Moment für die Anerkennung Palästinas sei schlecht gewählt; er sei eher der Profilierungssucht des Präsidenten im Elysée geschuldet als der Hoffnung auf einen echten Durchbruch in der Zweitstaatenfrage.
Eine Konferenz darüber unter französischer und saudischer Schirmherrschaft soll in der nächsten Woche in New York stattfinden. Echte Fortschritte in der Sache erwartet aber niemand, solange Israeli und Hamas-Milizionäre nicht direkt verhandeln. Und auch die französische Anerkennung eines Palästinenserstaates scheint deshalb noch nicht in trockenen Tüchern. Aber zurück kann Macron eigentlich auch nicht mehr, ohne sein Gesicht zu verlieren.