Eschweiler. Das stützende Stahldreieck am Wohn- und Geschäftshaus Grabenstraße 40/Englerthstraße ist verschwunden. Am Donnerstag rückte ein 50-Tonnen-Kran an, der das stützende Stahlgerüst an den Haken nahm und entfernte.
Fast vier Jahre hat es gedauert, bis die unansehnliche Sonderanfertigung abgebaut werden durfte und die Fassade nun wieder in altem Glanz erstrahlt.
In dem 1870 errichteten und 1992 unter Denkmalschutz gestellten Gebäude kam es am Abend des 10. August 2021 zu dramatischen Szenen, als urplötzlich eine Bodenkonstruktion in der Wohnung des ersten Obergeschosses absackte und eine Bewohnerin zwischen Ober- und Erdgeschoss einklemmte. Die schwerverletzte Frau musste von Höhenrettern der Aachener Feuerwehr befreit werden.
Polizei und Staatsanwaltschaft Aachen ermittelten zur Ursache des Unglücks. Das Gerücht, dass unsachgemäße Sanierungsarbeiten nach der Flut zum Einsturz der Decke führten, bestätigte sich laut Staatsanwaltschaft Aachen, die ein Ermittlungsverfahren einleitete, nicht. Der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter konstatierte schließlich, dass es vermutlich einen Konstruktionsfehler beim Errichten des Gebäudes in den 1930er-Jahren gegeben habe, bestätigte Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts im März 2025 auf Nachfrage der Filmpost. Das gegen unbekannt eingeleitete Strafverfahren wurde rund ein Jahr nach dem dramatischen Unglück eingestellt.
Zwei Jahre lang durfte wegen der Einsturzgefahr niemand das Gebäude betreten, so Mit-Hauseigentümer Rolf Schnitzler von der Erbengemeinschaft. Die beiden Mieter, die die rund 100 Quadratmeter großen Wohnungen in der ersten und zweiten Etage bewohnten, durften erst nachdem das Gebäude komplett abgestützt und abgesichert war, ihre Sachen und Möbel herausholen.
Etwa zwei Jahre hat es auch gedauert, eh das Erdgeschoss vom Schutt und Gerümpel befreit war. „Das musste ja ganz vorsichtig abtransportiert und und herausgeholt werden“, beschreibt Rolf Schnitzler die prekäre Situation nach dem Unglück.
Erst im Juli 2024 konnte das Bauunternehmen Püttner mit dem Wiederaufbau beginnen, indem es acht Tonnen Stahlträger an Ort und Stelle gebracht und eine neue Betondecke einziehen konnte. „Das war geradezu eine Häkelarbeit“, beschreibt Andreas Püttner die schwierigen Aufbauarbeiten. „Wir haben sogar eine Zentralheizung, die aus der Gründungszeit stammen muss, gefunden.“
Wenn nun auch von außen der Fortschritt zu sehen ist, so gibt es doch noch viel zu tun.
Nach wie vor „regieren“ die Handwerker in dem denkmalgeschützten Gebäude, das Schnitzlers Großvater 1904 von Leonard Tietz erwarb und zum „Modehaus Schnitzler“ machte, das bis 1992 existierte. Bis zum Unglückstag im August ‘21 hatte dort zunächst die City Bank und später die Targobank ihren Sitz.
„Wir können noch nicht absehen, wann der Innenausbau beendet werden kann“, so Schnitzler weiter. „Die untere Decke ist wieder eingezogen, aber es tun sich immer wieder neue Probleme auf. Alle Arbeiten müssen bis ins Detail mit der Denkmalschutzbehörde abgestimmt werden.“
Dennoch ist die Erbengemeinschaft Schnitzler zuversichtlich in wenigen Monaten die beiden Wohnungen und auch die 350 m² große Gewerbefläche wieder vermieten zu können.
Irmgard Röhseler