Als gemeinschaftliche Veranstaltung der Bergischen Kunstgenossenschaft (BKG) und des Freundeskreises Be‘er Sheva (Israel) fand jetzt die Kunstausstellung „Welcome Art“ in Verbindung mit dem Thementag Be‘er Sheva in der Alten Glaserei unter großer Beteiligung des interessierten Publikums statt.

Betroffenheit und Hoffnung, Besorgnis und Zuversicht – diese Ambivalenz galt es auszuhalten. Nicht nur bei der Betrachtung der zahlreichen Werke, die Künstlerinnen und Künstler aus allen Partnerstädten Wuppertals entsandt hatten, sondern auch bei den beiden Kurzvorträgen von Arno Gerlach, dem Vorsitzenden des Freundeskreises für die Städtepartnerschaft mit Be‘er Sheva.

Bei „Shalom Chaverim“ summten die Gäste mit

Ergriffenheit und Gänsehaut – dafür war zum einen der Klarinettist André Enthöfer auf musikalischer Ebene verantwortlich. Er gestaltete den Rahmen der Veranstaltung virtuos auf seinen Instrumenten, denen er hier und da Anklänge an wehmütige Klezmer-Musik entlockte. Er begleitete kontemplativ den historischen und politischen Exkurs mit Klangexperimenten an der Klarinette: wie gezupft, mit Staccato, Vibrato oder kombiniert mit Widerhall, Verzögerung und Klang-Kontinuum – die Variationen präsentierte er teilweise auf seinem Spaziergang durch die Gästeschaft, und seine Interpretation des israelischen Volksliedes „Shalom Chaverim“ summten viele Gäste mit.

Für diese waren noch etliche Stühle hereingetragen worden. Ihre Begrüßung oblag zuerst der Vorsitzenden der Bergischen Kunstgenossenschaft, Brigitte Baumann. Sie verantwortete unter anderem die Betreuung der jüdischen Künstlerinnen und Künstler, die ihre Arbeiten aus Be’er Sheva per Post nach Wuppertal geschickt hatten. „Es ist unglaublich, aber die Sendung der 26 israelischen Künstlerinnen und Künstler, die aus zehn Paketen bestand, hat nur eine Woche gebraucht, um hier anzukommen. Und das trotz der Tatsache, dass der Iran Israel beschossen hat“, so Baumann begeistert. Besonders freute sie die Tatsache, dass noch vor Beginn der Veranstaltung bereits ein Kunstwerk aus der Partnerstadt mit einem roten Punkt gekennzeichnet war, was bedeutet, dass dieses Werk bereits verkauft war.

Freundeskreis unterstützt Position Netanjahus nicht

Auch Arno Gerlach hieß die Gäste willkommen und überbrachte die besten Wünsche für dieses außergewöhnliche Projekt des Bürgermeisters von Be’er Sheva sowie des israelischen Botschafters in Berlin. Gerlach gliederte seinen Vortrag in zwei Abschnitte, die Enthöfer musikalisch voneinander absetzte. Im ersten Teil skizzierte Arno Gerlach das Bild einer außergewöhnlichen Stadt auf ambitioniertem Expansionskurs und zeigte die Perspektiven von Be’er Sheva auf: Die Zukunft liege in der Wüste – so die herausfordernde These von Kennern der Stadt und der Region in Südisrael.

Im zweiten Teil spürte Gerlach der dramatischen Geschichte des Staates Israel nach dem Zweiten Weltkrieg nach. In einem Parforce-Ritt entlang der Kriege im Nahen Osten zeigte er die Geschichte und Dramatik des aktuellen Konfliktes zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas auf. Er positionierte den Freundeskreis in seiner eindeutigen politischen Aussage: „Der Freundeskreis ist nicht mit der Haltung des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu einverstanden. Seine Position unterstützt der Freundeskreis nicht! Wir sehen und bedauern, dass Palästinenser fürchterlich leiden und sterben. Das zu sehen schmerzt uns sehr.“ Die aggressiven Siedler in Gaza hätte Netanjahu stoppen müssen. Der Flächenbrand, der im Nahen Osten entfacht zu werden drohe, habe keine Aussicht auf Erfolg.

Arno Gerlach untermauerte die Haltung des Freundeskreises durch persönliche Begegnungen, beispielsweise mit Holocaust-Überlebenden Ende der 70er Jahre, nachdem sich der Freundeskreis 1977 gegründet und zaghafte Kontakte geknüpft hatte. Die Mitglieder seien Menschen begegnet, die geschworen hätten, nie wieder mit einem Deutschen sprechen zu wollen. Gerlach formulierte den zu Herzen gehenden Appell, über das Erleben und die persönliche Begegnung eine neue Sicht auf die Verhältnisse zu entwickeln und die eigene, für unverhandelbar gehaltene Position zu verändern.

Anhand der Meilensteine der Kriegs-Chronologie, die den 1947 neu gegründeten Staat Israel in Palästina noch vor seiner eigentlichen Existenz permanent bedrohte, zeichnete Arno Gerlach ein eher besorgniserregendes Bild, was den Frieden im Nahen Osten anbelangt.

Zwar gebe es mit Jordanien und Ägypten zwei Staaten, die mit Israel eine friedliche Koexistenz beschlossen hätten, andere wie beispielsweise das Emirat Bahrain oder die Vereinigten Arabischen Emirate näherten sich an. Friedensorientierte Politiker wie der ägyptische Ministerpräsident Anwar el Sadat oder der jordanien-freundliche israelische Ministerpräsident Jitzak Rabin wurden aufgrund ihrer versöhnlichen Haltung von Landsleuten ermordet. Andere Staaten im Nahen Osten seien erklärte Feinde Israels und hätten sich die Vernichtung Israels auf die Fahnen geschrieben.

„Wohin sollen wir denn jetzt noch gehen, wo sollen wir uns jetzt noch verkriechen?“ Durch persönliche Freundschaften erlebten die Mitglieder des Freundeskreises, wie schlimm solche Fragen ankommen.

„Wir sind tief bedrückt, traurig gestimmt und schmerzvoll, weil man nicht weiß, wie das weitergeht“, schlug mit Arno Gerlach ein ausgewiesener Kenner der Geschichte des neuen Staates Israel Töne der Resignation an.