Die Künstlerin aus Glasgow singt nicht nur den ARD-Song zur Frauen-Fußball-EM, sondern am Sonntag auch für die Besucher von „Das Fest“
Amy MacDonald begeisterte schon beim Fest 2017 die Besucher.
Foto: Rake Hora
von Steffen Rüth, Steffen Rüth
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„Is This What You’ve Been Waiting For?“ heißt das sechste Studioalbum der musikalisch wie menschlich zupackend-direkten und nahbaren Amy Macdonald. Auch die neuen Songs der Singer/Songwriterin aus Glasgow gehen geradeaus nach vorne und bieten, bei gelegentlichen ernsten Zwischentönen, aufmunternd gute Unterhaltung. Zwei Wochen nach Erscheinen des Albums wird Amy MacDonald am Sonntag (19 Uhr) auf der Hauptbühne beim Karlsruher Open-Air „Das Fest“ stehen. Viel Aufmerksamkeit hat sie schon zuvor bekommen für ihre musikalische Präsenz bei Fußball-EM der Frauen.
„Is This What You’ve Been Waiting For?“ ist der offizielle ARD-Song zur Fußball-EM der Frauen in der Schweiz. Dabei haben sich die Schottinnen gar nicht für das Turnier qualifiziert…
MacDonald
Das stimmt, aber Schottland scheitert ja häufig in der Qualifikation. Von daher bin ich das gewohnt und freue mich eher, wenn sie es mal packen, so wie im vergangenen Jahr bei der Männer-EM. Aber ich liebe diese großen Turniere, mich ziehen die jedes Mal aufs Neue in ihren Bann.
Vergangenes Jahr waren Sie bei der EM in Deutschland dabei, oder?
MacDonald
Oh ja, ich war mit tausenden von anderen Schottinnen und Schotten in München beim Spiel gegen Deutschland. Das war richtig geil. Wir haben die ganze Stadt eingenommen. Ich war lange nicht mehr so stolz, Schottin zu sein. Wir stehen hinter unserem Team, egal, was passiert oder wie schrecklich wir spielen (lacht).
Sie sind mit dem ehemaligen schottischen Fußballprofi Richard Foster verheiratet. Können Sie selbst Fußball spielen?
MacDonald
Oh, absolut nicht. Das überlasse ich meinem Mann. Ich gehöre zu den Menschen, die panische Angst davor haben, einen Ball ins Gesicht zu bekommen. Der Fußballplatz ist extrem weit davon entfernt, ein Wohlfühlort für mich zu sein.
„Is This What You’ve Been Waiting For?“ ist ein Song, der vor Kraft und Energie strotzt. Wovon handelt er?
MacDonald
Von dem einzigartigen und durch nichts zu toppendem Gefühl, auf der Bühne zu stehen und die Menschen mit deiner Musik mitzureißen. Im Grunde ist es der ultimative Motivationssong, wie gemacht für sportliche und andere Großereignisse. Allerdings habe ich ihn nicht mit der EM im Hinterkopf geschrieben, das hat sich erst später ergeben.
Privileg, live für die Menschen spielen zu dürfen
Sie spielen in diesem Sommer sehr viel live. Ist die Vorbereitung auf eine Tour vergleichbar mit dem Trainingslager der Fußballerinnen?
MacDonald
Wenn du nicht willst, dass dir in den zwei Stunden dort oben die Puste ausgeht, dann musst du vorher was tun, klare Sache. Ich nehme das inzwischen auch ernst. Als ich noch jünger war, habe ich überhaupt nichts für die Kondition und die Power gemacht, im Laufe einer langen Tour wurde es dann echt haarig.
Auf Ihrer neuen Platte drehen sich gleich mehrere Stücke um das Live-Spielen, auch „Physical“ zum Beispiel. Sie machen diesen Job jetzt seit mehr als 15 Jahren. Wie hat er sich verändert?
MacDonald
Es ist eher so, dass ich mich verändert habe. Früher habe ich nur wenig reflektiert, was für eine wunderbare Erfahrung ich jeden Tag bei meiner Arbeit machen kann. Ich habe es nicht so wertgeschätzt. Heute betrachte ich es als Privileg, live für die Menschen zu spielen
Im neuen Song „It’s All So Long Ago“ befassen Sie sich mit der Frage, ob Sie gerne alles nochmal erleben würden. Und?
MacDonald
Ich glaube nicht. Ich finde es gut, keine 20 mehr zu sein. Aber ich würde im Nachhinein auch nichts anders machen wollen. Manchmal frage ich mich höchstens, ob ich vielleicht auch in einem anderen Beruf Erfüllung gefunden hätte, denn ich kenne ja nur den der Sängerin und Songschreiberin. Der Song selbst entsprang einer Unterhaltung mit meinem Schlagzeuger Andy, der seit 20 Jahren mit mir spielt.
Jugend feiert ihre Hits auf TikTok
Auch die neuen Lieder greifen oft eine Stimmung von Zuversicht und Kampfgeist auf. Ist das was typisch Schottisches?
MacDonald
Ich denke schon. Wir Schotten sind es gewohnt, der Underdog und der Außenseiter zu sein. Wir sind stur, wir sind hartnäckig, wir bieten die Stirn, und wir geben niemals klein bei. Das liegt nicht zuletzt an unserer Situation als so einer Art kleiner, schwacher Bruder Englands, mit der wir uns nicht gern arrangieren.
Ist der Song „Is This What You’ve Been Waiting For“ nicht auch eine feministische Hymne, fast ein Manifest?
MacDonald
Das steckt sicher mit drin, auch wenn ich beim Schreiben eher an die junge Generation gedacht habe, die mich sehr inspiriert und an die ich von ganzem Herzen glaube. Junge Menschen hatten es echt nicht leicht, sie mussten am meisten unter den Pandemie-Restriktionen leiden. Jetzt stehen sie da mit ihren Ausbildungen und Examen und müssen kämpfen, einen vernünftigen Job und ein einigermaßen gutes Gehalt zu bekommen. Die große Mehrheit der Unter-30-Jährigen in Großbritannien ist zum Beispiel überzeugt, sich niemals ein Eigenheim leisten zu können. Unter diesen Voraussetzungen begeistert es mich, wie positiv und zupackend die Kids, die ich so treffe, in die Zukunft schauen.
Gerade feiert die Jugend Ihre großen Hits wie „This Is The Life“ und „Slow It Down“ auf TikTok. Was ist da los?
MacDonald
Krass, oder? Meine Fans sind heute jünger als vor 15 Jahren (lacht). Ich glaube, es hängt damit zusammen, dass diese Songs sehr hell und sehr optimistisch klingen und über Dinge wie Freundschaft und Zusammenhalt sprechen. Die Menschen, besonders die jungen, sehnen sich nach Gemeinschaft und nach Verbindungen, ja nach dem Leben ganz generell. Meine Musik ist der Soundtrack zu dieser Lebensfreude.