„Bei der Entwaldungsverordnung befürchten wir einen bürokratischen Aufwand, der unsere wirtschaftlichen Erträge aus der Herstellung von Leder für Restaurierarbeiten an Kulturgütern weit übersteigt“, führt er im Gespräch mit t-online aus.

Die Entwaldungsverordnung der EU sieht vor, dass Rohstoffe wie Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Rindfleisch, Gummi und Holz nicht von Flächen stammen, die nach 2020 entwaldet wurden. Für verarbeitete, importierte Produkte hingegen gilt die Regelung nicht in gleichem Maße. Eine Ungleichbehandlung, die laut Schulz einen Wettbewerbsnachteil bedeuten könnte. „Da müssen wir ernsthaft überlegen, ob wir das künftig nicht sein lassen“, sagt er.

Allerdings stellen die Lederarbeiten einen eher kleinen Anteil der Institutsarbeit dar. Deutlich regelmäßiger ist Schulz mit Datenschutzfragen konfrontiert. „Durch Regelungen wie die DSGVO entstehen Bürokratiekosten, die wir als Forschungseinrichtung nicht über Projektförderung decken können“, erklärt er. Da das Institut als gemeinnützige Gemeinschaft mit beschränkter Haftung organisiert ist, stellt das eine Herausforderung dar.

In eine ähnliche Richtung geht Schulz‘ Kritik an der Gesetzgebung zur Cybersicherheit, der sogenannten Nis-2-Richtlinie. Diese legt fest, dass vor allem Unternehmen der kritischen Infrastruktur besondere Maßgaben zur Absicherung vor Hackern erfüllen müssen. Direkt und indirekt betrifft dies aber auch kleine und mittlere Unternehmen entlang der Lieferkette und Verwaltungseinrichtungen. „Da entstehen hohe Kosten für Zertifizierung und bauliche Maßnahmen“, fürchtet Schulz auch für sein Haus. In Summe kommt er zu dem Schluss: „Von 140 Mitarbeitern ist künftig einer nur mit Dokumentationspflichten für die drei genannten Gesetze beschäftigt.“

Trotz allem will Schulz nicht die einzelnen Gesetze aussetzen oder zurückdrehen. „Bei all diesen Gesetzen gilt: Der Ansatz ist vollkommen richtig, doch die Art der Umsetzung führt zu einer Belastung und Benachteiligung der heimischen mittelständischen Industrie“, so der Institutschef. „Hinzu kommt: Oft ist nicht die einzelne Dokumentation die Herausforderung, sondern die schiere Menge.“

Dabei seien auch die Unternehmen selbst gefragt. „Das Problem kommt nicht nur aus der Politik, sondern hat sich mittlerweile vor allem bei großen Industrieunternehmen verselbstständigt, die sich bei Ihren Lieferanten entlang der Lieferkette absichern wollen und müssen.“

Adressatin der Forderungen aus Wirtschaft und Verbänden ist zunächst die EU. Doch es geht damit auch ein klarer Wunsch an die Bundesregierung einher, der in den vergangenen Monaten immer lauter geäußert worden ist: Deutschland soll in Europa wieder sichtbarer werden und klarer Position beziehen. „Ich wünsche mir, dass die Bundesregierung sich auch in Brüssel für tatsächlichen Bürokratieabbau einsetzt, Hoffnung habe ich aber wenig“, so Schulz.

Während sich die Wirtschaftsstimmen mehren, die den EU-Vorstoß loben und darüber hinaus weitere Entlastungen fordern, sind nicht alle einverstanden mit dem Richtungswechsel in Brüssel. Immerhin hatte die EU-Kommission erst in der vergangenen Wahlperiode mit dem „Green Deal“ noch ein beispielloses Maßnahmenpaket vor allem für einen markanten Rückgang der Treibhausgasemissionen auf den Tisch gelegt.