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Seit fast zwei Jahren ist sie gesperrt: Die weiße Turnhalle an der Walter-Lübcke-Schule in Wolfhagen. Nun drückt der Landkreis Kassel bei seinen Sanierungsplänen aufs Tempo. Im November will er den Bauantrag stellen. © Thon, Antje
Es tut sich was bei der weißen Turnhalle an der Walter-Lübcke-Schule in Wolfhagen. Der Landkreis Kassel als Schulträger will die wegen baulicher Mängel seit zwei Jahren gesperrte Sportstätte sanieren.
Wolfhagen – Wie die Erste Kreisbeigeordnete Silke Engler nun sagte, werde der Kreis im November einen Bauantrag stellen. Und zwar unabhängig von der Entscheidung der Wolfhager Stadtverordneten.
Ihr gegenüber habe Wolfhagens Bürgermeister Dirk Scharrer einen Parlamentsbeschluss für September angekündigt. Ein Votum aus Wolfhagen ist erforderlich, weil die Stadt zum gegenwärtigen Zeitpunkt in die Planungen eingebunden ist und ein Beschluss das gemeinschaftliche Bauvorhaben rechtsverbindlich macht. Lehnt das Parlament den Beschluss ab, sitzt der Schulträger allein im Boot.
Stand jetzt soll die Drei-Feld-Halle in den Maßen 27 mal 45 Meter saniert werden. Die Nebenräume werden abgerissen und neu errichtet. Die Baukosten, die laut Engler seit den ersten Entwürfen vor vier Jahren um 24 Prozent gestiegen sind, liegen bei 7,38 Millionen Euro. Für die Nutzungszeiten durch Wolfhager Sportvereine sei ursprünglich eine Beteiligung von 37 Prozent geplant gewesen, sagt Alia Shuhaiber, Pressesprecherin beim Landkreis Kassel. Dieser Anteil sei zu Beginn der Maßnahme ermittelt worden und habe unmittelbar vor Schließung der Halle sogar bei 38,2 Prozent gelegen. Hierfür sei eine Kostenbeteiligung durch die Kommune in Höhe von 2,656 Millionen Euro vereinbart worden.
Doch es knirschte von Anfang an bei den Verhandlungen zwischen Kreis und Stadt. Anfangs war es die schwierige Haushaltslage der Stadt, die auf Fehler in den Jahresabschlüssen zurückzuführen war. Nach dem Bürgermeisterwechsel kam das Projekt in Wolfhagen auf den Prüfstand. Dem neuen Amtsinhaber Dirk Scharrer war der städtische Anteil an den Baukosten zu hoch. Und so wurde neu verhandelt. Die Stadt bot zuletzt einen Betrag in Höhe von 1,224 Millionen Euro an, mit dem sie sich beteiligen wollte. Das, so Engler, entspreche einer Nutzungszeit der Halle von 17,06 Prozent. Diese Zeiten könnten an den Wochenenden und unter der Woche in Anspruch genommen werden, das könne die Stadt mit ihren Vereinen regeln.
Die Kommune habe darüber hinaus zusätzliche Raumwünsche im Wert von 201.758 Euro angemeldet. Dabei handele es laut Shuhaiber sich um 43,5 Quadratmeter für ein Foyer mit Raum für eine Teeküche inklusive kleinem Abstellraum und um eine sechs Quadratmeter große Besuchertoilette zuzüglich 25 Prozent der Verkehrsflächen.
So könnte die sanierte Sporthalle aussehen: Die Planungsskizze zeigt das Gebäude vom Lehrerparkplatz aus betrachtet. Bei der zweiten Etage (grau) handelt es sich um die bauliche Umsetzung der zusätzlichen Raumwünsche der Stadt. © privat
Nun drückt der Kreis beim Tempo auf die Tube. Zwei Jahre habe das beauftragte Planungsbüro in der Warteschleife gehangen, weil sich die Gespräche und Verhandlungen hinzogen, sagt Silke Engler. Im März hatte der Kreisausschuss beschlossen, dass die Planungen weiter konkretisiert werden können. „Für uns stand die Frage: Halten wir das Verfahren wieder an oder planen wir jetzt weiter“, beschreibt sie die Situation. Der Kreis entschied sich für Planung. Dabei nimmt er das Risiko in Kauf, dass das Wolfhager Parlament das Projekt in seiner jetzigen Form ablehnen könnte. „Die Sonderwünsche ließen sich auch streichen“, sagt die Schuldezernentin, die aktuell davon ausgeht, dass die Baugenehmigung zum Jahreswechsel vorliegen dürfte. Im Sommer 2027 könnte die Halle eröffnet werden.
Wolfhagens Bürgermeister Dirk Scharrer wartet nun die Empfehlung des Magistrates ab, der sich im August mit der Thematik befasst. Im September wird das Parlament entscheiden. Dafür, dass sich die Kommune an einem Bauvorhaben des Kreises beteiligt, gebe es keine Rechtsgrundlage. Dies sei aus seiner Sicht lediglich ein Wunsch des Schulträgers. Er selbst habe immer wieder Vorschläge für eine partnerschaftliche Lösung vorgelegt, sagt Scharrer. Eine Sporthalle in Modulbauweise sei darunter gewesen, auch eine Komplettlösung mit integrierter Ringerhalle. Doch es seien Fragen offen geblieben, etwa danach, wie sich die Baunebenkosten aufschlüsselten.
Vereine nutzen Sporthallen kostenlos
Der Landkreis Kassel stellt den Sportvereinen der Kommunen die Sporthallen kostenfrei zur Verfügung. Vor gut zwei Jahren hatte der Verzicht auf Mieteinnahmen einen Gegenwert von etwa vier Millionen Euro. Allerdings beteiligt der Landkreis die Städte und Kommunen an den Kosten der Sanierungen, wenn Vereine die Hallen nutzen. Die Kosten werden entsprechend der Zeiten für schulische Nutzung und Nutzung durch die Vereine aufgeteilt.
Für ihn persönlich sei das Verhältnis zwischen Kosten für die Stadt und Nutzen für die Vereine nicht stimmig. Es sei korrekt, dass er eine Beteiligung an den Kosten in Höhe von 1,224 Millionen Euro angeboten habe zuzüglich Sonderwünschen. Allerdings sei er mit den ermittelten Nutzungszeiten von 17,06 Prozent nicht einverstanden. „Das sind 2,2 Stunden am Tag.“ Aber während der Ferien sei die Halle dicht, „diese Zeiten finanzieren wir aber mit“. Keine Kommune würde so viel zahlen wie Wolfhagen. Und das für eine Sporthalle, die nie richtig instandgesetzt worden sei.
Wenn das Parlament die Pläne ablehnen sollte, dann sei er bereit, dem Kreis ein letztes Gegenangebot zu unterbreiten. „Wir sind an einer Lösung interessiert“, sagt Scharrer. Sollten sich die Stadtverordneten gegen eine Beteiligung an der Sanierung der weißen Halle aussprechen, dann müsste der Schulträger die Kosten allein stemmen. Was würde das für die Vereine bedeuten? Die könnten die Halle nicht mehr kostenlos nutzen, sondern müssten sie beim Landkreis Kassel mieten, sagt der Rathauschef und verweist auf eine Entgeltordnung aus dem Jahr 2015. Betroffen wären unter anderem der VfL und der TFC. Denkbar sei ein Zuschuss an die Vereine über die kommunale Sportförderung. „Wir werden die Vereine nicht hängen lassen.“
Entgeltordnung des Landkreises Kassel
Seit Januar 2015 gibt es eine Entgeltordnung für die Nutzung von schulischen Einrichtungen für außerschulische Zwecke. Da die Vereine die Hallen kostenfrei nutzen können und dies in einem Vertrag zwischen Kreis und Kommunen geregelt ist, spielte diese Verordnung für sie nie eine Rolle. Wolfhagens Vereine wären somit die ersten, bei denen sie zur Anwendung käme, sagt Kreissprecherin Alia Shuhaiber. Derzeit müssen Mieter einer Sporthalle pro Stunde 40 Euro zahlen. Allerdings kämen diese Tarife im Zuge der Haushaltskonsolidierungen demnächst auf den Prüfstand.
Dass der Landkreis bei der Sanierung nun aufs Gas drückt, hat einen Grund: Die Halle fehlt beim Unterricht. Die Schule melde sich regelmäßig bei ihr, um sich nach dem Verfahrensstand zu erkundigen, sagt Silke Engler. 375 Grundschülern, 88 Förderschülern und 1279 Schülern an der Walter-Lübcke-Schule kann der Landkreis Kassel für den Sportunterricht derzeit lediglich die rote Halle und die Kulturhalle anbieten. Für Entlastung sorgt seit einigen Monaten die Soccerhalle, die die Stadt Wolfhagen dem Landkreis Kassel für den Unterricht kostenlos zur Verfügung stellt. Ab dem kommenden Schuljahr würden die Zeiten sogar noch ausgedehnt, sagt Dirk Scharrer. Selbst, wenn die Grundschüler Anfang 2026 an den neuen Standort wechselten und ihnen dort eine eigene, neue Sporthalle zur Verfügung stehe, werde die weiße Halle dringend für den Sportunterricht benötigt, betont Silke Engler. (Antje Thon)