Inhalt

Auf einer Seite lesen

Inhalt

  1. Seite 1Klasse, Knappe!


  2. Seite 2Der Kalif ist endlich weiter weg

„Der Kornspeicher ist leer, Sire.“ Ständig
meckerte dieser runzlige Typ mit Kapuze, als ich im Jahr 2002 Stronghold
Crusader spielte. Der Mann ist der Schreiber, der das Strategiespiel
kommentiert. Damals, als Zwölfjähriger, dachte ich, ich hätte alles richtig
gemacht.

Blicke ich heute, fast ein Vierteljahrhundert später
zurück, wird mir klar: Ich hatte eigentlich gar keinen Plan, welches Gebäude
ich in meiner Burg da eigentlich platziere. Der Kornspeicher war leer, weil ich
keine Getreidefelder und Bäckereien für meine Untertanen gebaut hatte.
Stattdessen stand da jetzt eine Apotheke, das nutzloseste Gebäude im Spiel. Ohne
einen Plan ist man in Stronghold Crusader aufgeschmissen. Denn bereits
in den ersten Minuten entscheidet sich, ob ich die Runde überlebe oder ob ich
für immer in die Wüste geschickt werde. 

Stronghold Crusader ist für viele Fans der beste
Serienteil. Das wissen auch die Entwickler und haben das Spiel als Remaster nun
neu veröffentlicht. Besonders in Deutschland ist die Reihe sehr beliebt. Crusader, das im historischen Nahen Osten spielt, ist ein Remaster mit Ecken und
Kanten, und genau dafür liebt es die Community. Neulinge dürfte der hohe
Schwierigkeitsgrad allerdings abschrecken. 

Crusader schreckte auch mich als Jugendlichen ab.
Wüsten sind eine furchtbare Umgebung, dazu waren die ganzen schönen
Mittelaltergebäude matschbraun. Ich vermisste die Geschichte und die
Gemütlichkeit aus dem
ersten Teil,
Stronghold, aus dem Jahr 2001, den die Entwickler im Jahr 2023 ebenfalls
als Remaster neu veröffentlicht haben. Dort
erfülle ich mir seit Jahren den Traum meiner eigenen Ritterburg, wenn das Geld
für den Urlaub nicht reicht. Und ich liebe die Sprüche der Einheiten:
„Mach’s gut Bessy“, „Manchmal hilft nur Muskelkraft“ und
„Klappe, Knappe“ begleiten mich seit vielen Jahren.

Stronghold hatte den schönsten Wuselfaktor: Nichts
ist besser, als Burgbewohnern stundenlang bei ihrer Knochenarbeit zuzuschauen.
Das Spiel verzahnte den gemütlichen Aufbauteil mit Echtzeitschlachten.
Es fühlt sich auch heute noch sehr gut an, wenn Hunderte Bogenschützen
gleichzeitig ihre Pfeile auf Gegner abfeuern. Nur Militäreinheiten steuere ich
selbst, die anderen Figuren arbeiten automatisiert. Für diese Mischung ist Stronghold
bis heute einzigartig.

Mehr zum Thema

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

„Donkey Kong Bananza“:
Hol den Vorschlaghammer

Z+ (abopflichtiger Inhalt);

„RoboCop: Unfinished Business“:
Dieser Mann liebt Bußgeldbescheide

„Roblox“:
So will „Roblox“ Kinder besser schützen

Die Abwärtsspirale durchbrochen

Der Nachfolger Crusader krempelte das Spielprinzip um
und war weniger Anno und mehr Age of Empires 2. Nun riss ich mit
Absicht Löcher in meine Mauern, um die Truppen des Kalifen anzulocken, und
schleuderte Pestkühe auf Gegner. Die waren jetzt auf der gleichen Karte wie ich
und spielten extrem aggressiv. Früher schaute ich der Kuh „Butterblume“ beim
Kauen zu, nun drehte sich nur noch alles darum, möglichst schnell Truppen
auszuheben und den Gegner zu überrennen. Wer in Crusader zu Beginn Holzfällerhütten baut und aufs Holz wartet, der hat schon verloren.

Auf der Vertriebsplattform Steam feiern die Fans
erwartungsgemäß auch die Neuauflage. Innerhalb von zwei Tagen
wurden mehr als 100.000 Stück verkauft.
Für die Firefly Studios, die Entwickler hinter der Stronghold-Serie, ist
es ein wichtiger Erfolg. Seit einem Vierteljahrhundert entwickeln sie nur Stronghold-Spiele.
Und seit den ersten beiden Games haben sie es nicht mehr geschafft, einen
wirklich guten Serienteil herauszubringen. Zumindest, wenn man die Fans fragt.

© ZEIT ONLINE

Newsletter
ZEIT Geldkurs

Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.

Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.

Nachfolger wie Stronghold 2 scheiterten entweder an
der unübersichtlichen 3D-Grafik, an Fantasyinhalten oder an den vielen Bugs.
Sogar Crusader wurde in 3D fortgesetzt, konnte die Fans aber nicht
überzeugen. Das liegt auch daran, weil die ersten beiden
Serienteile, also Stronghold und Stronghold Crusader, einfach
sehr gut waren. Ich hatte das Gefühl, dass sich die Serie seit
Jahren in einer Abwärtsspirale befand, die die beiden Remaster nun durchbrechen
konnten. Sogar der Schreiber bekommt ein Facelift – was ihn aber nur noch
gruseliger macht. Zum Glück darf ich im Remaster auch wieder die vertraute Fratze auswählen.