Vor einigen Wochen wurde in der Haller Innenstadt bei brütender Hitze noch Zweckoptimismus demonstriert: Ein Baustellenfest sollte die Menschen in die Rosenstraße locken, sie sollten sich vom Fortschritt der Bauarbeiten überzeugen – und vor allem davon, dass die dort ansässigen Händler immer noch da sind. Es war eine von zahlreichen kreativen Aktionen, um die Auswirkungen der gefürchteten Großbaustelle abzumildern.
In Maulwurf „Iseky“ wurde sogar ein Maskottchen für die Kampagne rund um den Umbau der Haller Innenstadt entworfen. Motto: „Das wird schööööön.“ Das Bemühen war allen Akteuren also nicht abzusprechen und auch das Marketing hat gestimmt. Doch das ändert nichts daran, dass „Isekys“ fröhlicher Ausruf mittlerweile eher nach einer ermüdeten Durchhalteparole klingt. Die Haller Händler hatten vorher Angst vor dieser Baustelle – und darin wurden sie mittlerweile offenbar bestätigt.
Wie ernst die Lage ist, zeigt die jüngste Pressemitteilung der Stadt Halle. Es wird eine Sondersitzung des Hauptausschusses am 13. August geben, auf der Maßnahmen zur Unterstützung der Händler diskutiert werden. Die Verwaltung selbst bringt einen Härtefallfonds ins Spiel – erstmals wird es also um konkrete finanzielle Hilfen gehen, um das nackte Überleben der besonders betroffenen Kaufleute zu sichern, das Aus von Geschäften zu verhindern.
Umsatzverluste bedrohen Existenz mancher Haller Händler
Maulwurf „Iseky“, hier als 170 Zentimeter großer Aufsteller, wirbt während der Bauphase dafür, wie schön Halle ist.
(© Stadt Halle)
Bei 45 Prozent Umsatzverlust, wie sie etwa Tee- und Kaffeehändlerin Scarlett Mantei seit Einrichtung der Baustelle beklagt, ist diese existenzielle Bedrohung sicher kein künstlich aufgebautes Szenario. Das Schlimmste für die Händler ist allerdings: Ihnen fehlt aktuell eine zeitliche Perspektive. Längst haben sie nicht mehr den Eindruck, eine begrenzte Durststrecke überstehen zu müssen.
Hier ist kein Durchkommen: Baustellen im Altkreis
Denn selbst wenn die Arbeiten in der Rosenstraße erledigt sind, bleibt der Weg über den Familie-Isenberg-Platz zur Langen Straße noch länger versperrt. Die Sackgasse dürfte bis August 2026 erhalten bleiben, so sahen zumindest die aktuellsten Zeitpläne aus. Und die Lange Straße selbst als Tor zur Stadt, die auch den Weg in die Rosenstraße weist, hat ihren langen Weg zum neuen Antlitz ja gerade erst begonnen. Ab August geht es da in den nächsten Abschnitten erst so richtig rund. Die Stadt Halle bleibt, rechnet man die weiteren zu sanierenden Abschnitte der Langen Straße zwischen der Bachstraße (Tedi-Filiale) und dem Grünen Weg (Shell-Tankstelle) mit ein, bis 2028 eine Großbaustelle ?– und natürlich haben die Händler berechtigte Sorgen, dass die Kunden eine Großbaustelle meiden werden.
Manche flüchten sich in Zynismus: Dann haben wir eine schöne Innenstadt – aber es gibt keine Geschäfte mehr, heißt es dann. Das wäre allerdings etwas ungerecht. Denn es ist richtig, dass die Stadt Fördergelder einsammelt und verwendet, um ihr Zentrum zukunftsfähig zu gestalten. Und es gibt eine gut durchdachte Strategie, hier abschnittsweise vorzugehen, um die schädlichen Nebenwirkungen möglichst gering zuhalten.
Wer profitiert in welchem Umfang von Hilfen?
Das Gebilde ist indes sehr fragil – und umso ärgerlicher sind Erschütterungen wie etwa durch parkende Baufahrzeuge, die wertvolle, weil knappe Parkflächen zustellen. Mittlerweile steht fest: Mit Marketing und Maulwurf allein werden sich die Probleme der Menschen nicht lösen lassen.
Es braucht finanzielle Unterstützung für die darbenden Einzelhändler. Aber kann und will sich die Stadt das leisten? In welchem Umfang, wer wird profitieren. Verteilungskämpfe deuten sich schon jetzt an. Eine pikante politische Debatte wartet da also auf die Entscheidungsträger am 13. August – das Motto dürfte lauten: Bühne frei für den Kommunalwahlkampf.
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