Museen sind langweilig? Nix für kleine Kinder? Das könnte sich ändern. Denn immer mehr Museen lassen sich kindgerecht in Pixi-Büchern darstellen. Im Historischen Museum Hanau wurde man vom Erfolg völlig überrascht.
Sie sind nur 10 auf 10 Zentimeter groß, in Buchhandlungen meist gleich am Eingang zu finden, und sie üben besonders auf kleinere Kinder eine magische Anziehung aus: Pixi-Bücher. Seit über 60 Jahren bietet der Hamburger Carlsen-Verlag die Minibücher an, die hervorragend in kleine Kinderhände passen.
Schon lange sind die netten Pixi-Geschichten nicht mehr nur erfunden, sondern auch direkt aus dem Alltag gegriffen. Da werden Berufe wie Lokführer oder Briefträgerin vorgestellt oder auch Erlebnisse aus der Welt von Kindergarten- und Grundschulkindern. Eine der erfolgreichsten Figuren aus dem Pixi-Kosmos, das Schulkind Conni, ist inzwischen sogar zu einem Internet-Phänomen geworden.
Personalisiertes Museums-Pixi
Vor drei Jahren entstand im Verlag eine weitere Vermarktungsidee: Man könnte eine Geschichte entwickeln, die in einem Museum spielt und die dann auf bestimmte Häuser zuschneiden. Ein personalisiertes Museums-Pixi also. Der Deutsche Museumsbund fand die Idee gut und hat seine Mitglieder in ganz Deutschland zum Mitmachen aufgerufen.
Fast 80 Museen haben bei der ersten Runde 2022 mitgemacht, unter ihnen auch das historische Museum Schloss Philippsruhe in Hanau. „Wir fanden die Idee supercharmant und haben uns dann, ohne groß zu überlegen, dafür entschieden“, erinnert sich Museumspädagogin Katharina Völk.
Katharina Völk ist Museumspädagogin am Historischen Museum Hanau.
Einziges Problem: die Finanzierung. Jedes Museum muss nämlich die Druckkosten in Höhe von etwa einem Euro pro Buch selbst tragen. Deshalb bestellte das Schloss Philippsruhe erstmal nur 1000 Exemplare, „was nur durch die Förderung unseres Museumsvereins möglich war“, betont Völk.
Museumsbesuch mit Gespenst
Wobei die Kosten für das Museums-Pixi bewusst kleingehalten werden, erklärt Annika Ruschmeyer von der Kindermedienagentur des Carlsen-Verlags: Es gibt eine übergeordnete Geschichte, die bei allen Museums-Pixis gleich ist.
„Es geht um das Mädchen Lola, das eine Tochter des Museumsmitarbeitenden ist und für einen Tag mitkommt ins Museum“, erklärt Ruschmeyer. Dort trifft sie auf den kleinen Museumsgeist Leonardo, der einen Platz zum Schlafen im Museum sucht. Lola hilft ihm und entdeckt dabei viele Räume und alle spannenden Ausstellungsstücke im Museum.
„Grimms Märchenreich“ in der Pixi-Buch-Version.
„Grimms Märchenreich“ im Original im Historischen Museum Hanau.
Nur zwei Doppel-Seiten und das Cover eines 24-Seiten-Pixis werden dabei für jedes Museum verändert. In Philippsruhe ist der Ausstellungsraum Grimms Märchenreich zu sehen, „weil der einen großen Wiedererkennungswert hat“, erklärt Museumspädagogin Völk.
Als besonderes Ausstellungsstück ist auf einer weiteren Doppelseite der silberne Ratspokal zu sehen, „weil es ein sehr bekanntes und wertvolles Objekt ist und eine tolle Arbeit der Hanauer Gold- und Silberschmiedekunst“, so Völk.
„Superschönes Andenken“
Womit keiner im Museumsteam gerechnet hatte: Das 99-Cent teure Philippsruhe-Pixi war schon nach kurzer Zeit ausverkauft. „Es ist ein superschönes Andenken für Kinder und Familien“, hat Völk als Feedback bekommen. „Weil Kinder sich dieses Buch anschauen und Dinge entdecken, die sie selbst bei uns im Museum gesehen haben.“
Sie habe sogar e-Mails bekommen mit der Nachfrage, ob sie noch Pixis nachschicken könne, weil die Geschwisterkinder zuhause auch welche wollten. Deshalb macht das Historische Museum Schloss Philippsruhe in Hanau jetzt auch bei der zweiten Runde mit. Diesesmal werden gleich 3000 Exemplare bestellt, verrät die Museumspädagogin.
Zweite Runde – viel Resonanz
Der Erfolg der ersten Runde hat auch andere Museen neugierig gemacht, zum Beispiel das archäologische Museum in Frankfurt. „Dass es überhaupt eine zweite Runde gab war für uns das Zeichen, dass es anscheinend eine große Nachfrage gibt und sich wirklich lohnt“, sagt die stellvertretende Direktorin Maria Meßner.
Gerade ist das personalisierte Pixi angekommen und sie präsentiert es stolz. Es sei eine Möglichkeit, Kinder und Familien aufmerksam zu machen, „die sonst vielleicht nicht auf die Idee kämen, ins Archäologische Museum zu gehen“.
Die Jupiter-Säulen sind ein Highlight des Archäologischen Museums Frankfurt.
Die Jupiter-Säulen des Archäologischen Museums im Pixi-Buch.
Im ‚ihrem‘ Pixi sind die riesigen und beeindruckenden Jupiter-Säulen Heddernheim und Praunheim abgebildet und das Fürstengrab aus dem Frankfurter Stadtwald, „weil uns das den Menschen aus der Zeit der Kelten so nahebringt“.
Story und Text bleiben gleich
Ein Pixi-Buch zum Lieblingsmuseum – das ist eine schöne Idee. Selbst kleine Kinder erkennen es schon auf dem Cover wieder. Aber beim genaueren Hinsehen könnten Viel-Besucher von Museen auch ein bisschen enttäuscht sein. Denn eigentlich sind nur die Vorderseiten eines Museums-Pixis und jeweils zwei Bilder anders. Die Story, der Text und die restlichen 22 Seiten sehen in allen Büchern gleich aus.
Auch das Archäologische Museum ist jetzt im Pixi-Format verewigt.
Auf Nachfrage gibt auch Katharina Völk vom Schloss Philippsruhe Hanau zu: „Klar hätten wir uns hier und da gewünscht, dass wir noch ein bisschen mehr mitbestimmen hätten können.“ Beim Text oder bei der Geschichte zum Beispiel. Aber es sei schon verständlich, dass es bei den geringen Kosten nicht gehe. Auch seien die Bereiche in den meisten Museen ähnlich aufgebaut.
Massenware – aber eben kostengünstig
Auch Maria Meßner vom Archäologischen Museum in Frankfurt meint, das Büchlein sei schon Massenware, weil es relativ schnell und kostengünstig produziert werde. Aber andererseits hätten die Museen so auch keinen großen Mehraufwand und sogar mehr Einfluss auf den Inhalt, als in anderen Bereichen möglich wäre.
Maria Meßner ist stellvertretende Direktorin des Archäologischen Museums.
Vor allem – da sind sich beide Museumsfrauen einig – kommt auf den Erfolg der Museums-Pixis an. Und der, verrät Maria Meßner, kündigte sich schon an, bevor das Archäologie-Museums-Pixi überhaupt im Verkauf war: „Wir haben tatsächlich schon Anfragen von Leuten, die nicht in Frankfurt wohnen, aber gerne das Heft hätten, weil sie es sammeln.“