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Die Wirtschaft Russlands fordert viele Opfer. Die Liste verlängert sich stetig. Verschiedene Branchen sind betroffen und leiden unter Zahlungsproblemen.

Moskau – Russlands Wirtschaft zerfällt und zieht dabei viele Firmen in den Abgrund. Inzwischen zieht die wirtschaftliche Krise immer weitere Kreise und noch mehr Branchen rutschen in die Zahlungsunfähigkeit. Das Problem ist hausgemacht, da Wladimir Putin jahrelang die Folgen seiner Kriegswirtschaft offenbar vernachlässigt hat.

Putin stürzt Wirtschaft in die Krise und zieht Firmen mit in den Abgrund

Künftig könnten sich Zahlungsausfälle russischer Firmen häufen. „Die Gefahr ist groß, dass immer mehr Unternehmen pleitegehen“, sagte Oleg Vjugin, Ex-Vizechef der russischen Zentralbank im Juni im Interview mit Business Insider. Grund sind vor allem die explodierenden Kreditkosten infolge des hohen Leitzinses. Die russische Zentralbank hatte den Leitzins zur Bekämpfung der Inflation stark angehoben. Derzeit liegt er bei 20 Prozent.

Kremlchef Wladimir PutinIn Russlands Wirtschaft läuft es derzeit nicht so gut. Viele Firmen kämpfen ums Überleben. © Komsomolskaya Pravda/imago

Doch die Firmen können den hohen Kreditkosten kaum noch nachkommen. In einem Bericht (veröffentlicht Januar 2025) hat das regierungsnahe Zentrum für makroökonomische Analyse und kurzfristige Prognosen (CMASF) festgestellt, dass bis Ende des Jahres 2024 bei 20 Prozent der russischen Firmen Zinszahlungen in Höhe von zwei Dritteln des bereinigten Gewinns anfallen würden. Das sei ein „riskantes Niveau“. Die Zahl der Firmen, dessen Vertragspartner vor Zahlungsausfällen stehen, hätten zudem stark zugenommen (von 20 auf 37 Prozent).

Insolvenzwelle in Russlands Wirtschaft – verschiedene Firmen und Branchen betroffen

In Russlands Wirtschaft könnten die Insolvenzen zunehmen, urteilte Wassili Astrow, leitender Wirtschaftswissenschaftler am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsstudien, sagte gegenüber Newsweek. Für Kremlchef Putin wäre es an der Zeit, russische Unternehmen zu unterstützen. Bereits jetzt schlagen zahlreiche Branchen Alarm. So beklagt die russische Baubranche, dass es 2025 noch mehr Insolvenzen geben könnte.

Laut dem CEO Alexey Krapivin, der den russischen Baugiganten NatsProektStroy leitet, sind nicht nur die hohen Kredite das Problem. Die hohen Leitzinsen würden Investitionen in neue Projekte einschränken und sogar gefährden, weil die Firmen nicht genug Geld dafür haben. „Große Infrastrukturprojekte sind kapitalintensiv und dauern Jahre“, sagte er. Der CEO werde selbst eigene Investitionsprogramme verschieben. „Rein mathematisch betrachtet, sind solche Projekte nicht rentabel. Man würde mehr verdienen, wenn man das Geld auf ein Sparkonto legt“, resümierte der CEO.

Auch dem Kohlesektor droht eine Schließungswelle: mehr als einem Viertel der russischen Kohleunternehmen sind betroffen. Laut Angaben des Energieministeriums wurden 51 Unternehmen entweder stillgelegt oder stehen kurz davor, ihre Betriebe einzustellen. Die Verluste des Kohlesektors würden bis Ende 2024 auf insgesamt 112,6 Milliarden Rubel (1,44 Milliarden Dollar) belaufen, sagte der stellvertretende Energieminister Dmitri Islamow Mitte Juli 2025.

Firmen können hohe Kredite nicht begleichen – Russlands Wirtschaft unter Druck

Wenn die Firmen ihre Kredite nicht zurückzahlen können, geraten auch die Banken unter Druck. Daten der russischen Zentralbank zeigen, dass die Zahl der überfälligen Kredite im ersten Quartal 2025 (Zeitraum bis 1. April 2025) bei Unternehmen vier Prozent erreichte. Um den Anstieg der Schuldenlast der Firmen zu begrenzen und Risiken bei der Kreditvergabe zu verringern, führte die russische Bank von Russland ab 1. April 2025 einen Risikogewichtszuschlag von 20 Prozent für Kredite und das Engagement in Anleihen großer Unternehmen mit hohem Fremdkapitalanteil ein.

Weiterhin werden Forderungen aus der Wirtschaft und Politik lauter, die hohen Leitzinsen zu senken. Die Bank hatte den Leitzins im Juni 2025 von 21 auf 20 Prozent gesenkt. Die Bank betonte jedoch, dass die Zinssenkung nicht den Beginn einer raschen Senkung der Zinsen markiere. Chefin Elvira Nabiullina hatte betont, dass sie ihre Geldpolitik restriktiv halten werde, um die Inflation zu reduzieren. Ziel ist ein Wert von vier Prozent bis zum Jahr 2026.