In Deutschland müssen wir, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, in den nächsten Jahren den Umbau der Energieerzeugung auf Erneuerbare bewältigen. Dazu müssen die in der Vergangenheit zentral organisierten Stromnetze dezentralisiert werden, da viele kleinteiligere Stromerzeuger und Stromverbraucher an das bestehende Stromnetz angeschlossen werden wollen und müssen.

In Deutschland gibt es vier große Strom-Konzerne – RWE, E.ON, Vattenfall Europe und EnBW. Diese Konzerne übereigneten ihre Übertragungsnetze an die aktuellen Übertragungsnetzbetreiber: TenneT, 50Hertz, Amprion und TransnetBW – welche die überörtlichen länderübergreifenden Hochspannungsnetze mit 380 kV betreiben. Dazu kommen noch über 800 Verteilnetzbetreiber, die für den Ausbau der gebietlichen örtlichen abgeregelten Stromnetze mit 110 kV und niedriger zuständig sind.

Neben dem unzureichenden Netzausbau sind in Deutschland bei vielen Netzbetreibern die zunehmenden Netzanschlussanfragen durch Projektentwickler für Windkraft- und PV-Anlagen, für Batterie-Speicher-Projekte die Schwachstelle. Für die vielen Anfragen zum Stromanschluss fehlen die Anschlusskapazitäten beim nahegelegenen Umspannwerk.

Wie läuft die Anmeldeprozedur für einen Netzanschluss?

Ein Projektentwickler hat einen Standort identifiziert und Zugriff auf eine Landfläche. Damit erfolgt eine unverbindliche Netzanschlussanfrage beim Netzbetreiber für das nächstliegende Umspannwerk auf der gewünschten Netzanschlussebene. Der Netzbetreiber gibt daraufhin eine unverbindliche Rückmeldung, ob der Netzanschluss zum aktuellem Zeitpunkt möglich wäre. Das Problem dabei ist, dass viele Projektentwickler diese Anfragen bei den Netzbetreibern stellen und diese damit überlasten.

Nun folgt die verbindliche Netzanschlussanfrage. Dafür muss der Projektentwickler schon ausreichende Daten liefern für eine tiefergehende technische Prüfung durch den Netzbetreiber. Die Dauer bis zur Rückmeldung liegt üblicherweise bei zwei Monaten. Bei positiver Rückmeldung durch den Netzbetreiber gibt es eine Netzanschlussreservierung, deren Gültigkeit dauert üblicherweise ein halbes Jahr mit Blockierung der Anschlussleistung.

Anschließend muss ein Netzanschlussvertrag abgeschlossen werden. Damit kann die Finanzierung, Planung bis zum Bau gesichert werden. Die Bauzeit der Projektseite wird maßgeblich bestimmt über die Lieferzeit von Transformatoren. Die Lieferdauer ab Bestellung liegt hier je nach Leistung zwischen 24 und 36 Monaten, also zwei bis drei Jahren! Es gibt weltweit leider nur wenige Lieferfirmen wie Hitachi oder Siemens Energy für Transformatoren.

Bedauerlicherweise gibt es auf Seiten der Netzbetreiber häufig das Problem, dass am gewünschten Umspannwerk keine Kapazitäten zum Netzanschluss frei sind. Das heißt also, dass ein Umspannwerk erst einmal erweitert werden müsste. In diesem Planungsprozess der Kapazitätserweiterung sind viele Akteure und Entwicklungen zu berücksichtigen (das Interesse des Netzbetreibers, dessen Finanzierung, die Positionen von Bürgerinitiativen, Verwaltungen der Gemeinden, Landkreise usw.). Daraus leiten sich die langen Netzanschlusszeiten ab.

Hier als Beispiel: Bei den Übertragungsnetzbetreibern gibt es weitaus mehr Netzanschlussbegehren als Netzanschlüsse angeboten werden können.

Fehlende Anschlusskapazitäten

Für die vielen Anfragen von Stromerzeugern und Stromverbrauchern zum Anschluss an das örtliche Stromnetz gibt es zu oft zu geringe Anschlusskapazitäten. Stromerzeuger sind Photovoltaik- und Windkraftanlagen und Stromabnehmer sind Projektentwickler für Batteriespeicheranlagen, Industriebetriebe, Serverzentren, E-Ladestationen, Wärmepumpenbesitzer usw. die für den laufenden Betrieb ans Netz angeschlossen werden wollen und entsprechende Anfragen an den Netzbetreiber stellen.

„Der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz hat bis 2029 bereits 93 Netzanschlusszusagen für Speicher, Erneuerbare-Energien-Anlagen, für Großverbraucher wie Rechenzentren und für Gaskraftwerke und für Batteriespeicherprojekte mit insgesamt 35 Gigawatt erteilt. Davon entfallen 23 Netzanschlusszusagen in der Größenordnung von etwa 12 Gigawatt auf Batteriespeicher, die im Rahmen einer netztechnischen Stellungnahme (NTS) erteilt wurden.

Damit sind unsere Netzanschlusskapazitäten für Projektstarts 2025 bis 2029 erschöpft“, heißt es von 50 Hertz auf Anfrage von pv magazine. Doch es gibt noch weit mehr ausstehende Netzanschlussbegehren. Stand Juni 2025 lagen 50 Hertz weitere 235 Anträge für Projekte mit 110 Gigawatt in seinem Netzgebiet vor.“

Diese Anträge werden derzeit durch 50 Hertz so abgearbeitet, wer zuerst den Antrag stellt, wird auch als erster geprüft. Aber durch 50 Hertz wird nun in einer Machbarkeitsprüfung untersucht, ob überhaupt eine Anschlussperspektive für die vielen Antragsteller irgendwann in den Jahren nach 2029 besteht. Alle Antragsteller, die an ihren Projekten festhalten, müssen dafür 50.000 Euro zahlen. 25 Prozent davon werden zu Beginn der Prüfung auf technische Machbarkeit fällig, wie das Unternehmen bestätigt.

Das bedeutet, dass Antragsteller Geld bezahlen müssen für ein mögliches Anschlussbegehren zur Annahme beim Netzbetreiber in fünf oder mehr Jahren.

Das ist ein weiterer haltloser Zustand, der die Energiewende ausbremst und dringend beseitigt werden muss.

Das KraftNAV ist kontraproduktiv

Dazu kommt, dass die Anwendung der KraftNAV (Abkürzung für die Kraftwerksnetzanschlussverordnung) nach Aussage vom Unternehmen 50 Hertz nicht „sachgerecht“ ist. 50 Hertz mache sich daher für ein neues Netzanschlussverfahren stark. Dieses sollte stärker auf den volkswirtschaftlichen Nutzen ausgerichtet sein sowie die geringen Ressourcen der Stromnetzinfrastruktur bestmöglich und ausgewogen nutzen. Dafür sollte der Reifegrad und die Realisierungswahrscheinlichkeit von Projekten stärker berücksichtigt werden und nicht allein das Eingangsdatum des Antrags entscheidend sein.

„Die vorgegebene Anwendung der KraftNAV ist kontraproduktiv für alle Speicherprojekte, die tatsächlich einen hohen Reifegrad haben und Realisierungschancen hätten. Das ist zum Schaden der Energiewende, denn Großbatterien können einen wichtigen Beitrag zur Systemstabilität leisten, wenn sie netzdienlich einsetzbar sind und an den richtigen Standorten stehen“, sagte Herr Kapferer als CEO von 50 Hertz.

Die Standortwahl der Projekte ist ein weiterer wichtiger Faktor aus Sicht von 50 Hertz. So sei „eine bessere Orchestrierung von Erzeugern und Verbrauchern erforderlich“, d.h. es geht um eine bessere Standort-Koordinierung von Stromerzeugern und Verbrauchern.

„Die Netzanschlussanfragen binden alle Schaltfelder in den Umspannwerken und blockieren so die Netzanschlusskapazitäten. Alle anderen wie zum Beispiel Rechenzentren, Elektrolyseure, Industrie oder Produktionsanlagen hätten das Nachsehen“, sagt Kapferer. „Die Anwendung dieser Verordnung bedeutet auch: Die von der neuen Bundesregierung geplanten neuen Gas-Backup-Kraftwerke müssten sich beim Netzanschluss hintenanstellen.“

Das bedeutet, dass die von der neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche ins Gespräch gebrachten ca. 40 Gaskraftwerke mit 25 GigaWatt (GW) Leistung in den kommenden fünf Jahren keine Anschlüsse und keine Zuleitungen erhalten würden, und somit vor 2030 keinen Strom ins Netz einspeisen könnten.

Das Problem der Gaskraftwerke

Die Probleme dieser bevorzugten „reinen“ Gaskraftwerke sind dabei:

  • dass sie eben nicht klimaneutral betrieben werden können (auch nicht mit CCS, also CO₂-Verpressung im Boden, wozu ebenfalls viel Energie erforderlich würde),
  • diese neuen GKW sollten ursprünglich der Versorgungssicherheit dienen, – entsprechend der aktuellen Diskussion sollen diese GKW auch normal am Strommarkt betrieben werden und würden damit: 

a) den Ausbau von benötigten Erneuerbaren Energien durch Subventionen in das Gasnetz verhindern,
b) nicht helfen, Negativpreise zu vermeiden,
c) den mittleren Strompreis (also den tatsächlichen Marktpreis) erhöhen,
d) eine anhaltende Abhängigkeit von Erdgas begründen.
e) diese neuen GKW nur in Strom-Flautezeiten laufen zu lassen, bedeutete, dass sie die meiste Zeit im Jahr aber stillstehen und subventioniert werden müssten.

Hier ein Gedankenspiel: Der Bau des Leipziger Gaskraftwerkes (GKW) in Connewitz dauerte ca. drei Jahre, mit Vorplanung und Genehmigungsverfahren ca. fünf Jahre. Um ein ähnliches GKW noch 2030 bis 2032 ans Netz zu bringen, müsste also sofort mit Planung und Genehmigung dafür begonnen werden. Dazu käme gleichzeitig der Leitungsausbau zum GKW und die Priorisierung des Netzanschlusses sowie, falls erforderlich, der Ausbau eines Umspannwerkes (Kosten ca. 15 Mill. €). Auch daher wäre eine Klarstellung seitens des Gesetzgebers notwendig, s dass die KraftNAV nicht für Batteriespeicher gelte.

Vorrang für Batteriespeicher

Der Ausbau der großen Batteriespeicher mit Hunderten Megawatt Leistung liegt in der Konzeptentwicklung schon vor.

„Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass sich die Kapazitäten von aktuell etwa 1,8 Gigawattstunden (GWh) bis 2026 auf rund 7 GWh erhöhen. Eine Verfünffachung innerhalb weniger Jahre.“ Jetzt müssen durch die Politik noch Planungs- und Finanzierungssicherheit geschaffen und die Netzanschlüsse gesichert werden. Die Batteriegroßspeicher stehen damit in den nächsten zwei bis drei Jahren zur Verfügung, also 2027 bis 2028, also ca. 10 Jahre früher als die neue Orientierung auf Gaskraftwerke.

Die aktuell verfügbaren Batteriespeicher sind bisher keine Langzeitspeicher. Deshalb muss dringend die Forschung für diese Langfristspeicherung angetrieben und gefördert werden. Die Stromspeicherung dient vor allem zur Überbrückung von Zeiten des hohen Bedarfes und für Zeiten der zu geringen bundesweiten Stromerzeugung. Die Speicherung des überschüssigen Stroms erfolgt derzeitig neben den vorhandenen Batteriespeichern – über gesteuertem Verbrauch in der Industrie, mittels herkömmlichen Batterien bei E-Fahrzeugen und zunehmend in Haushalten mit Smart Meter (digitalen Stromzählern). – zudem durch Nutzung der Möglichkeiten von Pumpspeicherwerken (PSW) oder Speicherung von mit EE erzeugtem Warmwasser in Kavernen.

  • Dazu kommen technologieoffene neue Ideen/Entwicklungen zur – Erzeugung von Wasserstoff (H) mittels EE durch Elektrolyseure,
  • Diese Energieumwandlung muss weiter ausgebaut werden durch Verbesserung der Verfahren, um z. B. Ammoniak herzustellen und ähnliche Verbindungen für einen weniger energieaufwändigen Transport,
  • Eisen bzw. Eisenspäne nutzen als Energiespeicher und zum Einsatz für die Wärmewende in Eisenspeicher-Kraftwerken.