Mit lauter Musik und schrillen Kostümen zieht die Parade zum Christopher Street Day durch Berlin. Viele Teilnehmer richten deutliche Botschaften an die CDU und Bundeskanzler Merz. Schon vor dem Start gab es Festnahmen.

Der diesjährige Christopher Street Day (CSD) in Berlin steht unter dem Motto „Nie wieder still“ und wird von Zehntausenden Menschen begleitet. Die Demonstration hat einen politischen Fokus, mit klaren Forderungen nach Gleichberechtigung und Schutz queerer Menschen. Ausgelassene Partystimmung herrscht trotzdem: Es gibt laute Musik, schrille Kostüme und zahlreiche Regenbogenflaggen.

Eine genaue Teilnehmerzahl nannten die Veranstalter bis zum Nachmittag nicht. Im Vorhinein wurde mit mehreren Hunderttausend gerechnet. Mit etwas Verspätung setzte sich der Zug gegen 12.30 Uhr in Bewegung. Ein zentrales Thema ist die Kontroverse um die Regenbogenflagge auf dem Bundestag. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner hatte das Hissen der Flagge untersagt, was Bundeskanzler Friedrich Merz (beide CDU) mit den Worten „Der Bundestag ist ja nun kein Zirkuszelt“ verteidigte.

Diese Aussage löste breite Kritik aus und wird auf vielen Plakaten satirisch aufgegriffen – etwa mit Sprüchen wie „Genau mein Zirkus“ oder „Willkommen im Zirkuszelt von Liebe, Recht und Freiheit, Herr Merz“. Unter Jubel begrüßte Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne) die Menge mit den Worten „Hallo, Zirkus!“ – offenbar in Anspielung auf Merz. Vor dem Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale, hielten Teilnehmer Plakate hoch, auf denen „Merz ist ein Arsch“ oder „FCK CDU“ stand.

Anders als in vergangenen Jahren beteiligt sich das queere Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung dieses Jahr nicht am CSD. Die Verwaltungsspitze hatte der Gruppe eine Teilnahme untersagt. Aus Protest gegen diese Entscheidung haben einige Teilnehmer Schilder dabei, auf denen steht: „Wir sind leider nicht dabei – Hier wäre das Regenbogennetzwerk der Bundestagsverwaltung mitgelaufen“.

Thomas Hoffmann, Vorstandsmitglied des Berliner CSD, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Solidarität von führenden Politikerinnen und Politikern in Deutschland beginne zu bröckeln. „Wir werden weiterhin auf der Straße bleiben, bis wir Gleichberechtigung erzielt haben.“ Dieses Jahr solle der politische Kern der Demonstration wieder gestärkt werden. Mehrere Demonstrantinnen und Demonstranten betonen, ihnen sei es dieses Jahr besonders wichtig auf die Straße zu gehen.

Am Rande des CSD kam es zu einer rechtsextremen Gegendemonstration „gegen den CSD-Terror“. Laut Polizei nahmen daran 30 bis 50 Menschen teil, angemeldet waren ursprünglich 400. Sie hatten Banner der Gruppe „Deutsche Jugend Voran“ dabei, die der Berliner Verfassungsschutz als rechtsextrem und gewaltorientiert einstuft. Die Polizei schirmte die Versammlung mit Gittern, Wagen und Einsatzkräften vom CSD ab.

Bereits vor Beginn der Kundgebung hatte die Polizei sechs Personen auf dem Weg zur Gegendemonstration festgenommen. Die Beamten hatten die Betroffenen im Rahmen der Messer- und Waffenverbotszone am Alexanderplatz kontrolliert, wie die Polizei auf X mitteilte. Unter ihnen befand sich demnach auch die Anmelderin der Gegenversammlung. Die Personen seien vorerst in Polizeigewahrsam gekommen, sagte die Sprecherin weiter.

Die Polizei leitete unter anderem Verfahren wegen Beleidigung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz ein. Eine Person sei wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz festgenommen worden. Um was für Waffen genau es gehe, sagte die Sprecherin zunächst nicht.

Die rechte Demonstration „gegen den CSD-Terror“ am Schöneberger Ufer wurde am Nachmittag beendet. Die Teilnehmer seien von der Polizei zum nächstgelegenen Bahnhof begleitet worden, sagte eine Polizeisprecherin. Den Angaben zufolge gab es einzelne Freiheitsbeschränkungen unter anderem wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Auch hier wurden keine Details genannt.

Ursprünglich wollte die Gruppe um 15.30 Uhr erneut demonstrieren, dieses Mal am Lützowplatz in Berlin-Mitte. Die Veranstaltung wurde der Polizeisprecherin zufolge aber abgesagt.

dpa/gub