1992 war Jürgen Heimbach mit seinem Maschinenbaustudium fertig und hätte sich an Bewerbungen für einen Job machen müssen. Doch der Arbeitsmarkt war angespannt. „Ich wollte keine 100 Bewerbungen schreiben, um eine Stelle zu bekommen. Da habe ich selbst etwas gegründet“, erzählt Jürgen Heimbach fast nebenbei, als er in die Entstehungsgeschichte seines Unternehmens eintaucht. Dabei sei sofort klar gewesen: Namentlich sollte seine Firma keinen Bezug zu ihm oder der Familie haben. Er wollte unabhängig sein. Heimbach entschied sich daher für Cadenas als Titel. Das spanische Wort bedeutet übersetzt Kette und lehnt sich an die Idee einer Prozesskette an. „Außerdem war das direkt international und damit in der Entwicklung alles offen“, sagt er. Dass er mit abgeschlossenem Maschinenbaustudium ein IT-Unternehmen gründete? Geschenkt. „Ich bin nicht der geborene Maschinenbauer, ich fand die IT zum Ende des Studiums spannender.“ Also legte er los – alleine und mit 50.000 D-Mark Startkapital. Heute gehört Cadenas zu den Weltmarktführern im Bereich Softwareentwicklung für digitale Produktkataloge und strategisches Teilemanagement.

Gegründet hat Jürgen Heimbach 1992 eine Softwareentwicklungsfirma in der Eichleitnerstraße in Augsburg. Schnell erzählt er, habe er das Potenzial des IT-Zeitalters erkannt und sich auf die Entwicklung für Software für CAD-Modelle spezialisiert. Das Unternehmen wächst. Bereits nach zwei Jahren hat Cadenas um die zehn Mitarbeiter. Dabei seien die ersten beiden Jahre hart gewesen. „Es war wirtschaftlich angespannt und es waren wenig Aufträge zu vergeben, aber ich war schon immer ehrgeizig und sehe nicht Probleme, sondern Lösungen“, sagt Heimbach. Jeden verdienten Euro habe er reinvestiert. Dazu habe er Partner gefunden, die Cadenas mit ihrer Expertise und ihrem Netzwerk unterstützt hätten.

Cadenas in Augsburg hat heute 400 Beschäftigte weltweit

Heimbach setzt zudem auf den intensiven Austausch „Wir haben Kunden stets persönlich kennengelernt, ihnen zugehört, wo Bedarf besteht und dabei gesehen, dass manches Problem bei verschiedenen Kunden immer wieder auftritt.“ Daraus seien Lösungen entstanden, die man mehrfach anbieten habe können. Nach fünf Jahren hat Cadenas damit bereits 40 Mitarbeitende, im Jahr 2000 werden die ersten Tochterunternehmen in Europa gegründet. „Spätestens da hat sich ausgezeichnet, dass ich von Beginn an auf einen international funktionierenden Firmennamen gesetz habe“, sagt Heimbach schmunzelnd.

Cadenas sitzt mittlerweile im ehemaligen Weltbild-Gebäude im Industriegebiet im Augsburger Stadtteil Lechhausen, hat 15 Standorte in acht Ländern und 400 Beschäftigte weltweit – davon 130 am deutschen Hauptsitz. Aus dem einst kleinen Unternehmen ist eine Art Google für Ingenieure geworden. Wer im Bereich Mechanik, Elektronik oder Bau plant und konstruiert und die passenden Komponenten für seine Ideen sucht, wird mit der Software von Cadenas fündig. Rund 8000 Komponentenanbieter haben ihre Teile von dem Augsburger Unternehmen als digitalen Zwilling in die Software einpflegen lassen. Rund eine Million Firmen, darunter Größen wie Mercedes-Benz, Tetra Pak, Liebherr, Kuka oder die Grob-Werke greifen mit rund zehn Millionen Nutzern auf die Plattform zu. „In den einzelnen Branchen haben wir eine Marktabdeckung von 90 bis 95 Prozent“, sagt Heimbach.

Konstrukteure können mit Cadenas-Software das passende Bauteil finden

Um die Plattform für den Laien verständlicher zu machen, nimmt Heimbach ein einfaches Beispiel. „Stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Bürostuhl bauen. Dann finden Sie auf unserer Plattform alle Komponenten, die Sie dafür brauchen.“ So könne der Konstrukteur beispielsweise nach Rollen suchen und schauen, was der Markt hergibt. „Das reicht von verschiedenen Formen, über die Frage, ob die Rolle besser für Parkett oder Teppich geeignet ist, in welche Richtungen sie sich bewegt, was sie wiegt und wie sie verbaut werden muss“, erläutert Heimbach. Gleiches gelte dann für die Sitzfläche oder die Armlehne – alle Produkte seien als digitaler Zwilling und in 3D-Ansicht verfügbar. Mithilfe einer einzigen Plattform ließen sich so die Komponenten für ein ganzes Bauteil zusammenstellen. Ingenieure können auch Zeichnungen einer ersten Idee hochladen, und die Software spuckt aus, welche Komponenten zu dem Bauteil passen könnten.

Cadenas ist eine Erfolgsgeschichte, aber kein Selbstläufer. „Auch uns lief und läuft der Erfolg nicht täglich über den Weg“, ist Heimbach ehrlich. Verschiedene Wirtschaftskrisen seien nicht einfach vorbeigezogen. Man habe sie allerdings angenommen, nicht nur die Probleme gesehen, sondern nach Lösungen gesucht. „Wir haben neue Ideen in den Ring geworfen und gemeinsam mit den unterschiedlichen Stärken des Teams weiterentwickelt.“ Konkurrenten habe man nie kopiert, sondern versucht, deren Ansätze mit eigenem Wissen und Visionen zu verbessern. „So sind wir selbst zum Innovationstreiber geworden und damit in manchen Krisenzeiten sogar gewachsen und gestärkt hervorgegangen.“

Cadenas aus Augsburg will weiter wachsen

Cadenas sei so zu einem der Marktführer geworden. Sich jetzt gemütlich zurückzulehnen und den Status zu halten, sei aber nicht das Ziel. Heimbach will die weltweit größte Suchmaschine für Konstrukteure bereitstellen. „Cadenas soll ein Synonym dafür werden. Wie Google für den Endverbraucher“, ordnet er ein. Dafür brauche man international noch mehr Sichtbarkeit, um weitere Kunden zu gewinnen. Vertrieb im Ausland aufzubauen, sei allerdings nicht so einfach. „In einem Land, in dem wir noch keine Niederlassung haben, müssten wir für einen Mitarbeiter im Vertrieb eine eigene Betriebsstätte gründen. „Inklusive allem bürokratischen Aufwand“, erläutert Heimbach. Das wolle man umgehen. Cadenas hat deshalb mit dem japanischen Unternehmen Keyence eine Partnerschaft geschlossen. Einer der Marktführer in der Entwicklung und Herstellung von industriellen Automatisierungs- und Kontrollgeräten ist bereits in 46 Ländern vertreten. „Wachstum, das wir allein in zehn Jahren erreichen können, schaffen wir so in fünf“, ist der Firmen-Chef überzeugt.

Um die führende Engeneering-Plattform zu werden, will Cadenas nicht nur mehr internationale Kunden gewinnen, sondern auch sein Angebot erweitern. Neben technischen Daten sollen für die einzelnen Komponenten künftig weiterführende Informationen mitgeliefert werden. „Wir wollen auch direkt zeigen, wo das Produkt gekauft werden kann und zu welchem Preis. Wir zeigen an, wie lang die Lieferfrist ist und ob die Komponente gegebenenfalls auch in drei Monaten noch im Sortiment ist.“ Trotz der geplanten Entwicklung hält Heimbach an seinen Wurzeln fest und will den Hauptsitz von Cadenas in Augsburg belassen. „Wir haben hier viele Kunden, die Hochschulen, die neue und frische Mitarbeitende bieten, können am Standort noch expandieren und die Stadt ist lebenswert. Das hören wir von Bewerbern immer wieder.“ Auch die Japaner hätten sich sofort in Augsburg verliebt.

  • Andrea Wenzel

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