Sicherheitsexperten erwarten weitere Konflikte auf See zwischen Russland und europäischen Ostsee-Anrainerstaaten. Das erste Land reagiert bereits.

Europa muss sich auf eine weitere Eskalation im Konflikt mit Russland in der Ostsee einstellen. Er gehe von einer deutlichen Steigerung „der Begleitung russischer Schattentanker durch die russische Marine durch Nord- und Ostsee“ aus, sagt Helge Adrians von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) im Deutsche-Welle-Gespräch. 

Nach seiner Analyse steht „eine weitere Eskalationsstufe im Ostsee-Raum im Konflikt mit Russland unmittelbar bevor“. Der Sicherheitsexperte verweist unter anderem auf das neueste EU-Sanktionspaket gegen den russischen Gas- und Öl-Export.

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Gleichzeitig rüste Russland in der Ostsee-Region weiter auf – wie am Binnengewässer Ladogasee in der Nähe des russischen Sankt Petersburg, so Adrians in einer SWP-Studie.

Mehr als 60 Kontrollen vor der dänischen Küste

Gleichzeitig hat Dänemark bereits seit Anfang des Jahres seine Kontrollen gegen die sogenannten mutmaßlich von Russland beauftragten Schattentanker mit oft verschleierter Eigentümerstruktur verschärft.

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So bestätigte die dänische See-Schifffahrtsbehörde („Danish Maritime Authority“, DMA) auf Deutsche-Welle-Anfrage, dass seit Februar mehr als 60 Öl-Tanker in der Nähe des dänischen Küstenortes Skagen kontrolliert wurden. Darunter dürften auch Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte gewesen sein.

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Zwei davon wurden aufgrund von Problemen im Zusammenhang mit der Sicherheit auf See, dem Umweltschutz und dem Schutz von Seeleuten festgesetzt, schreibt die Behörde. „Die dänische Seeschifffahrtsbehörde hat ihre Bemühungen verstärkt, um sicherzustellen, dass vor Skagen vor Anker liegende Tanker die Vorschriften einhalten“, heißt es in der schriftlichen Antwort an die Deutsche Welle weiter.

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Das Vorgehen steht politisch im Einklang mit den EU-Sanktionen gegen die russische Rohstoff-Wirtschaft, die Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine am Laufen hält.

Schattentanker: Risiko für die Umwelt

Allerdings müssen Anrainerstaaten nach internationalem Seerecht eigentlich den freien Schiffsverkehr garantierten. Die Schwelle, dass ein Land wie Dänemark in seiner exklusiven Wirtschaftszone auf See ein Schiff kontrollieren, entern und schließlich an der Weiterfahrt hindern kann, sei sehr hoch, sagt Christian Bueger von der Universität Kopenhagen im DW-Interview.

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Sie sei etwa dann überschritten, „wenn das Schiff keine Flagge hat, oder zum Beispiel, wenn das Schiff gestern unter der Flagge Panamas fuhr und heute unter der von Liberia. Dann können die Behörden davon ausgehen, dass es eigentlich staatenlos ist“. Das sei wiederum nach internationalem Seerecht verboten. Auch wenn eine Gefährdung für die Umwelt angenommen wird, darf ein Staat zu derartigen Kontrollmaßnahmen greifen.

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Deshalb beruft sich die DMA bei der Festsetzung der Schiffe vor Skagen insbesondere auf Sicherheits- und Naturschutzstandards: „Die Maßnahme wird als Reaktion auf den Verkehr älterer Schiffe ergriffen, die Öl durch die dänischen Meerengen transportieren, was ein erhöhtes Risiko und Anlass zur Sorge für die Sicherheit auf See, die Seeleute und die Umwelt darstellt.“

„Provokations-Dynamik“ mit Russland

Russland hält diese Gründe allerdings nur für vorgeschoben. Ende Mai erklärte Dmitri Peskow, der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Russland werde den Schiffsverkehr „mit allen legalen Mitteln“ verteidigen. Man denke über den Einsatz von Sicherheitskräften auf Schiffen in russischem Auftrag nach.

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Christian Bueger von der Uni Kopenhagen warnt vor einer Eskalationsspirale im Ostsee-Raum: „Letztendlich geht es jetzt auf beiden Seiten darum, auszutesten, wie der andere reagiert“, so Bueger gegenüber der Deutsche Welle.

Europa müsse sich „auf eine Provokations-Dynamik mit Russland einstellen, die sich nicht nur auf dem Meer abspielt. Ich glaube, wir werden auch mehr und mehr Drohneneinsätze sehen“, so Bueger, der im Juli in eine neue Studie zur internationalen Politik in globalen Ozean-Regionen („Politics of Global Ocean Regions“) herausgegeben hat.

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„Eine Windfarm kann beschädigt werden mit Drohnen“

So habe Dänemark bislang zehn sogenannte Segel-Drohnen zur See-Überwachung von einem US-Hersteller angeschafft. „Das sind sehr flexible Plattformen, die mit verschiedenen elektronischen Aufklärungs-Sensoren und auch mit Kameras ausgestattet werden können“, so Bueger.

Gleichzeitig registrierten er und sein Forschungsteam immer mehr Sichtungen von Drohnen unklarer Herkunft – bei denen der Verdacht bestehe, dass sie aus Russland stammten. „Sehr wahrscheinlich wird es immer mehr Zwischenfälle geben“, so Bueger gegenüber der Deutsche Welle. 

„Vorstellbar ist etwa, dass eine Windfarm beschädigt wird mit Drohnen – mit entsprechendem Eskalationspotential.“ Der Forscher aus Kopenhagen warnt: „So etwas könnten wir sehr wahrscheinlich noch dieses Jahr sehen.“