Der Comicautor und Zeichner Gene Luen Yang („American Born Chinese“, „The Books of Clash“, „Avatar: Der Herr der Elemente“) ist der große Gewinner bei der Verleihung der wichtigsten Auszeichnungen der US-Comicbranche. Der 51-Jährige wurde in der Nacht zu Sonnabend auf der Comic Con International im kalifornischen San Diego mit drei Eisner Awards ausgezeichnet.
Zwei der nach dem 2005 gestorbenen Comic-Pionier benannten Ehrungen teilt er sich mit der Zeichnerin LeUyen Pham: Die beiden haben gemeinsam die in der asiatischen Community der kalifornischen Stadt Oakland spielende romantische Komödie „Lunar New Year Love Story“ geschaffen. Ihr Buch wurde als bester Titel in den Kategorien „Beste Graphic Novel“ und „Beste Veröffentlichung für Jugendliche“ geehrt.
Außerdem bekam Yang einen Eisner als bester Autor. Das prämierte Buch ist bislang noch nicht auf Deutsch erhältlich. Bei Cross Cult wurden aber „American Born Chinese“, „The Books of Clash“ und „Avatar: Der Herr der Elemente“ auf Deutsch veröffentlicht.
Eine Doppelseite aus „Lunar New Year Love Story“.
© Macmillan
Weitere Auszeichnungen gingen in San Diego unter anderem an den US-Zeichner Charles Burns (Bester Autor/Künstler), den Briten Luke Pearson (Beste Veröffentlichung für Leseanfänger für „Hilda und Hörnchen: Das Regenversteck“, den Japaner Taiyo Matsumoto (Beste US-Ausgabe asiatischer Comics für „Tokio dieser Tage“) und den Franzosen Manu Larcenet für seine Adaption von Cormac McCarthys Roman „Die Straße“. Die Werke dieser vier Künstler werden auf Deutsch bei Reprodukt verlegt.
Das Titelbild der deutschen Ausgabe von Luke Pearsons Kindercomic „Hilda und Hörnchen: Das Regenversteck“.
© Reprodukt
Als beste neue Serie wurde „Absolute Wonder Woman“ von Kelly Thompson und Hayden Sherman ausgezeichnet. Die Reihe, in der die Geschichte der bekannten Superheldin auf unkonventionelle Weise neu erzählt wird, erscheint am 16. September bei Panini Comics auch auf Deutsch.
Das Titelbild der deutschen Ausgabe von „Absolute Wonder Woman“.
© Panini Comic
Zahlreiche weitere ausgezeichnete Werke liegen bislang noch nicht auf Deutsch vor, darunter Joe Saccos Buch „War on Gaza“, eine satirische Abrechnung mit der Nahost-Politik der US-Regierung und dem Vorgehen Israels im Gazastreifen. Dieses Buch bekam einen Eisner Award als beste Einzelveröffentlichung.
Als beste limitierte Serie wurde der Superheldencomic „Zatanna: Bring Down the House“ von Mariko Tamaki und Javier Rodriguez ausgezeichnet. Der liegt ebenfalls noch nicht auf Deutsch vor.
Die Autorin Mariko Tamaki ist aber hierzulande durch mehrere Graphic Novels populär geworden, die sie zusammen mit ihrer Cousine Jillian Tamaki geschaffen hat. Zuletzt erschien von den beiden bei Reprodukt das 2024 mit drei Eisner Awards prämierte Buch „Roaming – Fünf Tage in New York“.
Außerdem wurden knapp 30 Comicschaffende neu in die Eisner Awards Hall of Fame aufgenommen, eine Auszeichnung für das jeweilige Lebenswerk. Die Liste umfasst die hier Geehrten umfasst unter anderem Wilhelm Busch, Eddie Campbell, Roz Chast, Dan Clowes, Philippe Druillet, Junji Ito, Shigeru Mizuki, John Romita Jr. und Joe Sacco.
Eine vollständige Liste aller Eisner-prämierten Werke gibt es unter anderem bei „Bleeding Cool“.
Keine Auszeichnung gab es für einen in Berlin lebenden Künstler, der zuvor in drei Kategorien nominiert worden war: Olivier Schrauwen. Sein Buch „Sunday“, das vor einigen Monaten unter dem Titel „Sonntag“ auch auf Deutsch erschienen ist, war in den Kategorien Beste Graphic Novel, Beste US-Ausgabe eines ausländischen Comics und Bester Autor/Zeichner nominiert gewesen.
Eine Doppelseite aus „Sonntag“ von Olivier Schrauwen.
© Edition Moderne
Auch wenn Schrauwen am Ende leer ausging, ist allein die dreifache Nominierung in den USA ein bemerkenswerter Erfolg für ihn. Auf fast 500 Seiten zeichnet der 1977 in Brügge geborene Künstler in „Sonntag“ minutiös einen Tag im Leben seines fiktiven, aber von realen Personen inspirierten Protagonisten nach.
Meisterhaft spielt Schrauwen in seiner zuerst als Heftreihe beim Berliner Avantgarde-Verlag Colorama veröffentlichten Erzählung mit den formalen Möglichkeiten der Kunstform Comic und erweist sich ein weiteres Mal als reflektierter Erzähler. Hier gibt es eine ausführliche Rezension des Buches.
Bei der Comic-Kritik war Schrauwens Werk mit Begeisterung aufgenommen worden. „New York Times“, „Washington Post“ und die britische Zeitung „The Guardian“ wählten im vergangenen Jahr die im Oktober 2024 beim US-Verlag Fantagraphics auf Englisch veröffentlichte Comicerzählung in ihre Listen der besten Graphic Novels des Jahres.
Olivier Schrauwen lebt seit vielen Jahren in Berlin.
© privat
Auch in Deutschland begeistert das im April 2025 beim Schweizer Verlag Edition Moderne auf Deutsch veröffentlichte Buch die Kritikerinnen und Kritiker und landete mehrfach auf den Bestenlisten. Dennoch war Schrauwen überrascht, als sein Buch dann auch noch auf der Eisner-Nominierungsliste auftauchte. „Ich hatte nicht einmal daran gedacht, dass es in die engere Auswahl kommen könnte“, sagte der Künstler dem Tagesspiegel am Freitag vor Verkündung der Jury-Entscheidung.
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Als erster und bislang einziger deutscher Preisträger ist in den vergangenen Jahren der Autor und Kurator Alexander Braun mit einem Eisner Award ausgezeichnet worden – und dies gleich zweimal. Zum einen bekam er 2020 die Auszeichnung in der Kategorie „Beste Neuausgabe eines historischen Comics“ für seine Gesamtausgabe des Zeitungscomics „Krazy Kat“. Zum anderen war er bereits 2015 für die Neuausgabe des Zeitungscomic-Klassikers „Complete Little Nemo“ mit dem begehrten Preis geehrt worden.