Aktivist:innen demonstrieren in Kiew. (Symbolbild)

Aktivist:innen demonstrieren in Kiew. (Symbolbild) Bild: MAGO / ABACAPRESS

International

Mehrere Tausend russische Soldaten befinden sich aktuell in ukrainischer Kriegsgefangenschaft. Eine Aktivistin in Kiew setzt sich dafür ein, dass von ihnen eine Symbolwirkung nach Russland ausgeht.

27.07.2025, 12:0627.07.2025, 12:06

Nathalie Trappe

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Kriegsgefangene spielen im russischen Angriffskrieg in der Ukraine eine zentrale, aber oft übersehene Rolle. Seit dem Beginn der Invasion im Februar 2022 sind auf beiden Seiten tausende Soldaten in Gefangenschaft geraten. Trotz gelegentlicher Gefangenenaustausche bleibt die Lage angespannt.

Russland macht keine transparenten Angaben über die Zahl der gefangenen Ukrainer, Schätzungen zufolgen sollen mehrere hundert Soldaten unter russischer Kontrolle stehen.

Laut offiziellen ukrainischen Angaben befinden sich unterdessen rund 2000 russische Soldaten in ukrainischer Kriegsgefangenschaft. Internationale Organisationen beobachten die Behandlung der Gefangenen, doch gerade für die Angehörigen bedeutet die Situation oft quälende Ungewissheit.

Russische Aktivistin zeigt Bilder von Kriegsgefangenen in der Ukraine

„Unser Ausweg“ (aus russisch Nasch Wychod) will dem etwas entgegensetzen. Die russische Aktivistin Irina Krynina gründete das Projekt, um den Kontakt zwischen russischen Kriegsgefangenen in der Ukraine und ihren Familien herzustellen. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen organisiert sie Besuche von Ehepartner:innen für die Gefangenen.

Sie selbst war 2023 in die Ukraine gekommen, um ihren damaligen Lebensgefährten in Gefangenschaft zu besuchen.

RUSSIA, MOSCOW REGION - JUNE 26, 2025: Russian servicemen liberated from Ukrainian captivity return to Russia following the 2 June Russia-Ukraine talks in Istanbul. Alexander Patrin/TASS PUBLICATIONxI ...

Russische Kriegsgefangene werden im Rahmen eines Austauschs zurück nach Russland gebracht. (Archivbild)Bild: imago images / TAR-TASS/ Alexander Patrin

„Als mir klar wurde, was wirklich passiert, wollte ich nicht mehr in Russland bleiben“, sagt sie im Gespräch mit der „Deutschen Welle“ (DW). Ihr Ex-Partner wandte sich jedoch von ihr ab und will über einen Austausch zurück nach Russland gehen und weiter in seiner Heimat leben. „Krieg und Gefangenschaft verändern Menschen sehr“, sagt Krynina.

Mit der Initiative „Unser Ausweg“ versucht sie für viele russische Gefangene allerdings ebenfalls eine Rückkehr zu organisieren – allerdings nicht, um den Kreml zu unterstützen. „Jeder zurückgekehrte Russe bedeutet auch einen zurückgekehrten Ukrainer. Der Austausch muss weitergehen“, sagt sie.

Im Rahmen ihres Projekts spricht sie mit vielen Russen in Gefangenschaft, auf Youtube haben die entsprechenden Interviews an die 50.000 Aufrufe. Sie sollen den Angehörigen auch als Beweis dienen, dass die Soldaten tatsächlich in Gefangenschaft sind. In Russland werden viele von ihnen nämlich einfach als tot oder fahnenflüchtig gemeldet.

Ukraine-Krieg: Russin will auf Youtube aufklären

Mit dem Content will die Russin den Menschen in ihrer Heimat gleichzeitig zeigen, was in der Ukraine wirklich passiert und über den Krieg aufklären.

„Eine große Zahl der Angehörigen – wahrscheinlich 99 Prozent – wollen, dass das, was passiert, aufhört“, sagt sie über die Außenwirkung ihrer Initiative. „Alle sind dieses Krieges müde, und niemand versteht, warum er immer noch andauert.“

Mittlerweile steht Krynina auf einer Liste des russischen Justizministeriums, die alle „ausländischen Agenten“ erfasst. Diese Bezeichnung gilt für alle, die aus Sicht des Kremls aus dem Ausland finanziert oder beeinflusst wird. Mit der Regelung gehen Unterdrückung und finanzielle Einschränkungen einher.

Irgendwann will die Aktivistin selbst ebenfalls in ihre Heimat zurückkehren, dann aber in ein „freies Russland“. Die Schuldgefühle für den russischen Angriffskrieg aber werden ihr bleiben. „Ich weiß nicht, ob die Ukrainer den Russen verzeihen können, was sie getan haben“, sagt sie. „Es wird Generationen dauern, bis wir überhaupt an Frieden denken können.“

Russlands Drohnenkrieg trifft nicht mehr nur die Front, sondern auch das ukrainische Hinterland. Kiew muss improvisieren: mit Gitternetzen, Schrotflinten und Fahrzeugen wie aus einem Endzeitfilm.

Während sich der russische Präsident Wladimir Putin unbeeindruckt vom 50-Tage-Ultimatum durch US-Präsident Donald Trump zeigt, sterben in der Ukraine täglich Zivilist:innen bei russischen Drohnen- und Raketenangriffen. Besonders im Osten des Landes geraten zunehmend auch ukrainische Rückzugsorte und logistische Zentren ins Visier.