Cover Richard Pousette-Dart: "Poesie des Lichts"

Stand: 27.07.2025 06:00 Uhr

Der amerikanische Maler, Bildhauer und Fotograf Richard Pousette-Dart ist in Europa kaum bekannt. Eine Retrospektive in Baden-Baden und ein großformatiger Bildband zur Ausstellung sollen das nun ändern.

von Silke Lahmann-Lammert

„Die Jähzornigen“: So betitelt das „Life Magazine“ ein Foto, das 1950 um die Welt geht. Es zeigt die Kunstschaffenden, die in einem offenen Brief gegen die Ausstellungspolitik des Metropolitan Museum of Art protestieren. Die konservative Leitung des Hauses, kritisieren sie, ignoriere die junge amerikanische Avantgarde. Zu den Unterzeichnenden gehört neben Jackson Pollock, Robert Motherwell und Mark Rothko ein gewisser Richard Pousette-Dart.

Spiritualität und Licht: Das Herzstück von Pousette-Darts Kunst

„Als Pazifist und Vegetarier, der selten Alkohol trank, stand er in deutlichem Kontrast zu seinen draufgängerischen Künstlerkollegen“, schreibt Buchautor Charles H. Duncan über den Maler. Mit seinen Freunden verbindet ihn der Wunsch, eine Kunst zu schaffen, die sich um formale Vorgaben nicht schert. Sie wollen ihrer Intuition folgen, das Unbewusste ungefiltert auf die Leinwand bringen.

Der anarchische Gestus, mit dem Jackson Pollock seine Bilder traktiert, liegt Richard Pousette-Dart jedoch fern. Seine Malerei zielt weniger auf Gefühle als auf das Geistige ab. Sie soll die Schönheit und Spiritualität der Natur zum Ausdruck bringen. Dabei legt er einen besonderen Fokus auf das Licht: In den 1940er- und 50er-Jahren schafft der Künstler bunte Kompositionen aus Kreisen, Spiralen und Ovalen. Gemälde, die wie gotische Kirchenfenster von innen heraus zu leuchten scheinen.

Im Laufe der Jahre werden seine Formate immer größer, die Malerei aber immer feiner. Leinwände von mehr als vier Quadratmetern überzieht er mit winzig kleinen Punkten. Von Weitem sehen sie aus wie monochrome Gemälde. Doch bei näherer Betrachtung schimmern unter der blauen, roten oder schwarzen Oberfläche Tupfen in allen Tönen der Palette. Pünktchen für Pünktchen, Schicht für Schicht legt der Künstler übereinander und erzeugt dadurch einen irisierenden Effekt: Die Gemälde scheinen vor Energie zu vibrieren. Manche von ihnen funkeln wie Sterne an einem südlichen Himmel.

Aufgeschlagene Bücher

Bildbände über Architektur, Menschen oder Landschaften sind immer ein Genuss für die Augen. NDR Kultur stellt immer wieder herausragende Neuerscheinungen im Programm vor.

Surreale Porträts der New Yorker Kunstszene

Präzise zu arbeiten, lernte Pousette-Dart in seiner Jugend als Retuscheur in einem Fotostudio. Dort eignete er sich auch den Umgang mit der Kamera an. Der neue Bildband präsentiert eine Auswahl seiner Porträts von Freunden aus der New Yorker Kunstszene: darunter Malerkollegen wie Mark Rothko und Barnett Newman, die Galeristin Betty Parsons, der Jazztrompeter Roy Eldrigde oder der Regisseur Bob Fosse. Oft nutzt er Doppelbelichtungen, um seine Aufnahmen surreal zu verfremden.

Pousette-Dart: Ein Künstler, der eigene Wege einschlug

Pousette-Dart war nicht nur Maler, Fotograf und Bildhauer, sondern auch ein Denker, der sich intensiv mit der Rolle des Künstlers auseinandersetzte. Zeit seines Lebens wehrte er sich dagegen, in eine Schublade gesteckt zu werden:

Der Künstler muss auf der Hut sein, vor allen Schulen, Ismen, Glaubensbekenntnissen oder Verstrickungen, die dazu neigen, aus ihm jemanden zu machen, der er nicht ist.

Leseprobe

Seine Warnung konnte nicht verhindern, dass der Kunstbetrieb ihn schon früh in die Kategorie „Abstrakter Expressionismus“ einsortierte. Trotzdem war Pousette-Dart ein Künstler, der eigene Wege einschlug und konsequent verfolgte. Wie auf seinen Pünktchen-Bildern schillert unter dem Etikett, das man ihm aufklebte, eine ungeahnte Vielfalt an Farben. Es lohnt sich, sein Werk zu entdecken.

Cover Richard Pousette-Dart: "Poesie des Lichts"

Poesie des Lichts

von Richard Pousette-Dart

Seitenzahl:
232 Seiten
Genre:
Bildband
Verlag:
Hirmer Verlag
Preis:
49,90 €