Samu Haber bringt Wiesbaden zum Lachen – mit charmantem Denglisch, Mutter-Witzen und skurrilen Anekdoten zwischen Rockshow, Tanz und Therapie-Talk.
Samu Haber betritt bei seiner Sommer-Open-Air-Tour die Bühne nicht mit Pauken und Pomp, sondern mit einem Augenzwinkern. Lässig, in Jeans und T-Shirt, begrüßt der Finne sein Publikum. Das ist nicht mehr Sunrise Avenue, das ist Samu pur. Früh zeigt er, wo’s langgeht: „Me Free My Way“ ist nicht nur Songtitel, sondern Motto. Haber zieht das Tempo an, bringt mit „23“ und „Big Guitars“ Energie ins Spiel.
Zwischen Anekdote und Alltagswahrheit
Samu wäre nicht Samu, wenn er sich nicht selbst auf die Schippe nehmen würde: Er spricht charmant-gebrochenes Deutsch, grüßt seine Mutter im Publikum, lacht über seine Zeichenkünste und lobt die Toiletten von Wiesbaden, wo er diejenigen hinschickt, die nicht möchten dass er einen finnischen Song spielt. Er ist Entertainer, aber einer mit Herz.
Was in anderen Shows inszeniert wirkt, ist hier natürlich. Kein Pathos, keine Pose – stattdessen der Vorschlag, gemeinsam den Refrain zu üben, bevor es losgeht. Nähe entsteht nicht durch Effekte, sondern durch Ehrlichkeit und Interaktion.
Wenn Finnisch den Nerv trifft
Ein Highlight: ein finnischer Song – nicht aus Kalkül, sondern aus Überzeugung. Der Moment gehört nicht dem Rockstar, sondern dem Menschen. Kein Lichtgewitter, kein Beat – nur Stimme und Gitarre. Für wenige Minuten wird es still, bevor das Publikum in den Refrain einstimmt.
Dann kommt der Umschwung: „Crazy“ und „You Destroyed My Life“ treiben die Menge zurück in Bewegung. Samu bindet seine Band ein, lässt Tänzer aufmarschieren, fragt das Publikum was Selfies seinen, ob man sie essen könne, albert herum – und trifft doch immer wieder ins Herz.
Der Elefant auf der Bühne – im wahrsten Sinne
In der zweiten Konzerthälfte wird es skurril und zauberhaft zugleich. „Hat jemand einen Elefanten?“, fragt Samu lachend – mehr aus einer Laune heraus, wie es scheint. Was folgt, ist fast schon surreal: Gleich mehrere kleine Stoffelefanten fliegen aus dem Publikum auf die Bühne.
Samu grinst breit, hebt einen auf, küsst ihn und sagt nur: „Ihr seid verrückt – ich liebe es.“ Dann spielt er „The Elephant“ – ein Song, der sich plötzlich anfühlt wie die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Reduziert, ehrlich, eindringlich.
Dieser Moment bleibt. Auch wenn die großen Hits wie „Heartbreak Century“, „Lifesaver“ oder „Fairytale Gone Bad“ später das Set dominieren – der Elefant bleibt in Erinnerung.
Wie viele Plektren braucht ein Mann mit Gitarre?
Die Antwort? Schwer zu sagen. Nach beinahe jedem zweiten Song segelt ein Plektrum von Samu in hohem Bogen ins Publikum. Samu scheint ein besonderes Talent dafür zu haben, sie mit Theatralik und Timing in die Menge zu schnipsen – wie kleine Souvenirs eines flüchtigen Moments.
Ob sie signiert sind? Ob sein Name darauf steht? Das bleibt sein Geheimnis. Doch die Reaktionen im Publikum sprechen für sich: Jedes dieser kleinen Teile wurde aufgefangen, als sei es ein Stück vom Mond. Wie viele es waren? Mindestens ein Dutzend – eher mehr. Deutlich überschaubarer, die Anzahl der Handtücher, die ins Publikum segelten: zwei!
Ein echter, nahbarer Entertainer
Es ist diese Mischung aus spielerischer Leichtigkeit und ernstem Tiefgang, die den Abend prägzt. Samu holt eine tanzende Mutter auf die Bühne, spielt mit seinem Akzent, flirtet mit den Fans, liest Plakate im Publikum vor. Und dann, fast beiläufig, setzt er wieder zu einem neuen Song an – als sei das alles selbstverständlich.
Dass er mit „Hollywood Hills“ abschließt, wirkt nicht wie ein nostalgischer Blick zurück. Es ist ein Gruß an die Vergangenheit – aber mit beiden Füßen fest in der Gegenwart. Samu Haber ist angekommen. Nicht nur als Musiker. Als Mensch. Als Erzähler. Als jemand, der nicht nur spielen, sondern auch zuhören kann.
Foto – Samu Haber ©2025 Volker Watschounek / Wiesbaden lebt!
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