Pforzheim. Mitochondrien-Energie-Paket für 143,80 Euro, LaVita-Startpaket für 150 Euro, Biogena Diamonds Kapseln für 179,90 Euro: Länger gesund und jung zu bleiben, scheint ein teures Unterfangen zu sein. Nicht unbedingt, sagt Nina Ruge. In ihrem neuen Buch „Ab morgen jünger“, das die bekannte Moderatorin am 29. April im PZ-Autorenforum vorstellt, informiert sie über verfügbare Mittel – aber vor allem auch über derzeit in der Forschung befindliche Zukunftstherapien, die das gesunde Leben der Menschen um viele Jahre verlängern sollen.
Pforzheimer Zeitung: Ewige Jugend – davon träumt die Menschheit schon immer. Warum eigentlich?
Keiner will sterben. Vor allem will niemand dem eigenen Verfall zusehen, der schon ab dem 25. Lebensjahr schleichend beginnt. Denn die Evolution hat uns ja nur für maximal 30 bis 35 Jahre ausgelegt. Die Menschheit wusste schon immer, dass die Phase am Ende des Lebens ungemütlich wird – und natürlich ist die größte Sehnsucht, dass das nicht passiert.
Das Thema Langlebigkeit wird unter dem Label Longevity regelrecht gehypt – in den Medien, in der Wirtschaft, als Anlegerstrategie. Es gibt bereits unzählige Bücher dazu. Auch Sie haben jetzt eines veröffentlicht.
Nina Ruge: (lacht) Genau genommen ist es mein fünftes Buch. Ich habe Biologie studiert und bin Journalistin – mein Markenzeichen ist, dass ich den Sachen wirklich auf den Grund gehen und sie populärwissenschaftlich sowie datenbasiert erklären will: Was wissen wir heute in der Genetik, in der Molekularbiologie, in der Biochemie? Was passiert beim Altern in unseren Zellen, in unserem Körper? Was können wir tun und mit welchem Effekt? Es geht mir nicht um Langlebigkeit im Sinne von „immer noch mehr Jahre“ zu leben. Das ist derzeit unrealistisch. Mir geht es um Healthspan, also um die Gesundheitsspanne. Das bedeutet: Möglichst bis ins hohe Alter gesund zu bleiben und die Zeit des Leidens am Ende stark zu verkürzen.
Von welchem Zeitraum sprechen wir da?
Von weitaus weniger als jetzt. Die neuesten Zahlen belegen, dass die Deutschen derzeit im Schnitt elf Jahre mit schweren chronischen Erkrankungen vor ihrem Tod verbringen. Das ist doch Wahnsinn!
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Mitochondrien spritzen, Stammzellen transplantieren, Blut filtern lassen: Man muss reich sein, um gesund altern zu können…
Reich sind jene, die diese Zukunftsforschung im Moment finanzieren. Larry Page, Peter Thiel oder Jeff Bezos etwa, der drei Milliarden US-Dollar in ein Unternehmen investiert hat, dass sich mit epigenetischer Reprogrammierung, also mit der Verjüngung von Zellen, beschäftigt. Das Geld für die Erforschung dieser Zukunftstherapien muss irgendwo herkommen, und ich finde es wunderbar, dass Reiche in dieses Risiko investieren. Die wesentlichen Faktoren, mit denen wir unsere Gesundheit bis ins Alter erhalten können, kosten im Übrigen nichts oder nur wenig: gesunde Ernährung, Ausdauer- und Kraftsport, ausreichend Schlaf, bewusste Atmung – das alles ist wichtig für ein gesundes langes Leben. Dazu kommen Nahrungsergänzungsmittel wie pflanzliche Wirkstoffe, aber auch Vitamine, Omega 3 und andere sowie die Hormonersatztherapie für die Frau, regelmäßige Impfungen und vieles andere mehr.
Was kann jede(r) Einzelne konkret in seinem Alltag für seine Gesundheitsspanne tun?
Messen ist wichtig. Ich trage zum Beispiel Wearables, unter anderem einen Ring, mit dem ich die Länge meines Tiefschlafes und der anderen Schlafphasen verlässlich messen kann. Und daran erkenne ich, wann und wieviel Tiefschlaf ich hatte. Wer hätte das gedacht: Um Mitternacht herum! Mit diesem Ring lassen sich auch Puls und Stresslevel am Tag und in der Nacht messen.
Und wer sowas nicht tragen möchte?
Auch regelmäßige Bluttests sind wichtig. Da wird einiges von den Krankenkassen bezahlt, etwa, was Vitamine und Mineralstoffe angeht. Ich halte auch viel von einem Gentest. Der wird zwar von den Kassen nicht bezahlt, aber man macht ihn auch nur einmal im Leben. Ein verlässlicher Anbieter in Österreich verlangt 389 Euro und liest etliche Risiken für Alterskrankheiten aus. Bei mir zum Beispiel kam raus, dass ich ein deutlich erhöhtes Osteoporoserisiko habe. Und wenn ich das weiß, kann ich vorbeugen: viel laufen, kalziumreiche Ernährung, Vitamin D, regelmäßige Messung der Knochendichte und so weiter. Sie sehen schon: Ich halte sehr viel vom Messen und Checken.
Und was ist mit den alltäglichen Verhaltensweisen?
Die wesentlichen Faktoren sind hier Ernährung und Bewegung. Ob Nahrungsergänzungsmittel Sinn machen, hängt von vielen Faktoren ab: Vegetarier und Veganer brauchen etliche Vitamine, Mineralstoffe, später auch eventuell Kreatin und Taurin zum Beispiel. Frauen mit starker Menstruation benötigen vielleicht ein Eisenpräparat. Ein 15-Jähriger, der viel Sport treibt und sich vernünftig ernährt, der braucht gar nichts. Ein 15-Jähriger, der nur Junkfood isst und am Handy hängt, der braucht alles. Was die Bewegung anbelangt, weiß man heute, dass diejenigen, die schon früh anfangen, regelmäßig Sport zu treiben, bis ins hohe Alter gesundheitlich davon profitieren.
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Bis jetzt haben Sie ausschließlich von physischen Faktoren gesprochen. Trägt denn eine gute Psyche nichts zu einer gesunden Alterung bei?
Bisher ist dieser Aspekt in der seriösen Langlebigkeitsforschung etwas zu kurz gekommen, weil es nicht ausreichend Studien dazu gab. Aber jetzt ist eine große Studie aus den USA veröffentlicht worden – und die macht einen sehr traurig. Sie besagt, dass Menschen, die einsam sind, sehr viel häufiger an Depression erkranken und früher sterben als Menschen mit guten sozialen Kontakten, also viele Alterskrankheiten früher bekommen. Mentale Faktoren spielen somit eine große Rolle im Alterungsprozess. Gelingende, liebevolle Beziehungen halten uns jung. Das hat auch etwas mit unserem Hormonsystem und unseren Neurotransmittern zu tun. Sowohl Oxytocin als auch Serotonin oder Dopamin machen uns glücklich und haben Einfluss auf unser Nerven. Bei Menschen, die in glücklichen Beziehungen leben und mit Stress gut umgehen können, befindet sich das autonome Nervensystem im Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung – das schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ermöglicht Regenerationsprozesse. Auch das Immunsystem bleibt stark.
Sie sind jetzt 68: Wie alt möchten Sie gerne werden?
Mindestens 90 – und zwar gesund. Und dann bitte ganz schnell sterben.
Eintrittskarten (10,50 Euro, mit PZ-AboCard 6,50 Euro) für das PZ-Autorenforum mit Nina Ruge am 29. April um 19 Uhr können unter (0 72 31) 93 31 25 reserviert werden. Tickets sind auch online unter www.pz-forum.de erhältlich.
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