Vor einigen Wochen war ich in das Auswahlgremium eines Schülerstipendiums nach Stuttgart eingeladen. Dort durfte ich in einer hochkarätig besetzten Jury helfen, verborgene Talente zu entdecken, Benachteiligungen auszugleichen und jungen Menschen wie versprochen faire Bildungschancen zu eröffnen.

Natürlich wäre es noch besser, wenn Unwuchten im System nicht erst durch Stiftungen beseitigt werden müssten. Dennoch ist es faszinierend zu erleben, mit welcher Macht Bildung gestaltet werden kann, wenn Bildung und Politik, Schulen und Ministerien, Privatwirtschaft und Stiftungen zusammen in die gleiche Richtung ziehen.

Barış Ünal ist Leiter der Allgemeinen Studienberatung sowie Flüchtlingsbeauftragter der Technischen Universität Berlin und Kolumnist des Tagesspiegels. Ünal hat an der Freien Universität Berlin Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Islamwissenschaft studiert.

Baden-Württemberg kann sich auf die nächste Generation junger Talente im Ländle freuen. Denn „German Zuversicht“ – so das Motto einer der beteiligten Stiftungen – „entsteht im Südwesten.“ Dieser völlig zu Recht vor Selbstbewusstsein strotzende Slogan hallte noch lange in meinem Kopf. Insbesondere, weil man angesichts der momentanen Kürzungsverhandlungen in der Berliner Bildung eher an Preußisch Piefigkeit denken könnte. Und weil süddeutsche Angeberei für Berliner*innen immer anstrengend zu verdauen ist.

Doch schwäbisches Strebertum kann richtig einordnen, wer vom unfertigen Stuttgarter Bahnhof und zurück in eine Stadt fährt, die aus jeder Krise immer auch gestärkt hervorging. Und deren Studien- und Forschungslandschaft allen Hiobsbotschaften zum Trotz weiterhin hervorragend ist.

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München oder Stuttgart unterscheidet von Berlin nicht nur das dickere Portemonnaie und die privilegierteren Familienverhältnisse. Es braucht auch bei uns möglicherweise schlicht die Selbstverständlichkeit, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und der Glaube daran: dass man quer durch alle Ressorts nur gemeinsam, untergehakt, im Austausch und mit Konzept aus diesem Tal wieder herauskommt. Das kostet fast nur Gesprächsbereitschaft – und quatschen können wir in Berlin doch eigentlich immer noch am besten.