„Kein Meisterstück“, die EU sei eingeknickt: In Brüssel hagelt es Kritik wegen des EU-Zoll-Deals mit den USA. Kommissionschefin von der Leyen stehen stürmische Zeiten bevor. Aus der eigenen Partei gibt es vorsichtigen Rückhalt.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stehen stürmische Zeiten bevor. Ihr ehrgeiziger mittelfristiger EU-Finanzplan stößt auf Widerstand vieler Regierungschefs. Und nun droht handelspolitisches Ungemach nach dem Zoll-Deal mit US-Präsident Donald Trump.
Von der Leyen muss sich auch hier auf viel Kritik gefasst machen. Selbst bei den europäischen Christdemokraten rumort es nach ihrem Treffen mit Trump und einer Vereinbarung, die das Risiko eines Handelskrieges eindämmen soll, aber zu neuen Ungerechtigkeiten führen könnte.
„Vervierfachung der früheren Zollsätze“
Der Deal schaffe Sicherheit in unsicheren Zeiten, rechtfertigte die EU-Kommissionschefin ihr Vorgehen. Bernd Lange, der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, ist von den Ergebnissen jedoch nicht überzeugt. Er sprach von einem Deal mit Schlagseite, „kein Meisterstück“. Die Zugeständnisse an die Amerikaner seien schwer zu ertragen, erklärte der SPD-Politiker.
„15 Prozent auf Importe heißt etwa eine Vervierfachung der früheren Zollsätze, im Gegenzug sollen alle US-Importe in die EU auf Null gesetzt werden“, so der EU-Handelspolitiker. Dieses Ungleichgewicht beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit der EU.
Abhängig von USA durch Rüstungstechnik?
Aber auch andere Teile des Abkommens hält Lange für fragwürdig. Zusätzliche 600 Milliarden, die von der EU in den USA investiert werden sollen, sorgten nicht für sichere Arbeitsplätze in Europa, erklärte er. Alles in allem sei dies ein Handeln gegen europäische Interessen.
Parteiübergreifend wird die starke Abhängigkeit von US-Rüstungstechnik als ein Grund für die schwache Verhandlungsposition der Europäer genannt – die nun noch verstärkt werden könnte.
Linke beklagen Einknicken der EU
Auch Martin Schirdewan, Fraktionschef der Linken im EU-Parlament, sprach von einem Einknicken der EU-Kommission: Während Trump mit diesem Deal Milliarden Dollar mehr einnehmen werde, gefährde die EU-Kommission Tausende Jobs in Europa.
Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, sprach von einer extrem ungleichen Vereinbarung mit den USA, wenn alle EU-Exporte mit einem zusätzlichen Zollsatz von 15 Prozent belegt werden, die Stahl- und Aluminiumzölle aber weiter weiterhin bei 50 Prozent bleiben. Außerdem müsse sich die EU auf langfristige Importverträge von extrem klimaschädlichem LNG-Gas aus den USA einlassen.
Von der Leyen hätte eine härtere Linie gegen Trump fahren können, meint Cavazzini. Sie sei letztlich von der Bundesregierung ausgebremst worden. Nur so habe Trumps Erpressungsmethode wirken können, beklagte die Grünen-Politikerin.
Kritik: Eklatanter Verstoß gegen fairen Welthandel
Aber auch in der stärksten Fraktion im Europaparlament gibt es Bedenken. Ein einseitiger Basiszoll von 15 Prozent sei ein eklatanter Verstoß gegen die Prinzipien eines fairen Welthandels und ein schwerer Schlag gegen die europäische Wettbewerbsfähigkeit, warnte ein Sprecher der EVP-Fraktion, zu der auch CDU und CSU gehören.
Allerdings gibt es auch andere Stimmen, die auf die möglichen Vorteile hinweisen: Zum einen sei ein Handelskrieg zum Nachteil beider Seiten verhindert worden. Der CDU-Europapolitiker Daniel Caspary sprach in diesem Zusammenhang von einer einer verkraftbaren Lösung.
Die 15 Prozent Basiszoll seien ärgerlich und überflüssig, sie würden den deutschen Anbietern aber nicht das Genick brechen: „Es ist gut, dass es durch dieses Abkommen zumindest etwas Planbarkeit für die deutsche und europäische Industrie gibt“, sagte Caspary (CDU).
Autozölle sinken
Die Zölle verteuern europäische Produkte in den Vereinigten Staaten. Damit würde Trump vor allem seine eigenen Verbraucher und damit seine eigenen Wähler in den USA treffen. Doch hier könnte – zumindest bei den Autos aus der EU – erst einmal einiges auch billiger werden. Von der Leyen verwies auf den gegenwärtigen Zollsatz von 27,5 Prozent, der auf EU-Autos beim Import in die USA als Zoll fällig wird – auch hier soll der 15-Prozent-Zollsatz gelten.
Die Reaktionen machen deutlich: Ursula von der Leyen wird für ihren Schritt nicht nur Lob bekommen. Allerdings hat sie selbst angedeutet, dass die Beziehungen zwischen beiden Seiten wohl mehr als angespannt bleiben. Die EU werde sich unabhängiger von den USA machen und andere Partner suchen, erklärte sie – und nannte Indonesien, die Mercosur-Staaten und Indien als Beispiele.