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Frankreich hat den wegen Terror verurteilten Georges Abdallah freigelassen. Israel warnte davor – und einst auch Hillary Clinton.

Paris – Die derzeit wieder brandaktuelle Palästinafrage war in Frankreich schon in den achtziger Jahren ein Politikum ersten Grades. Vor allem ein Name ist damit verknüpft: Georges Abdallah, bis vor kurzem der bekannteste politische Gefangene Frankreichs. Er wurde 1987 wegen Beihilfe zu mehreren Attentaten gegen Exponenten der USA und Israels zu lebenslänglicher Haft verurteilt.

Am Freitag kam der 74-jährige Libanese nach gut 40 Jahren aus dem Gefängnis frei und wurde umgehend nach Beirut ausgeflogen. Ein Bezug des Justizentscheides zum tags zuvor angekündigten Schritt von Präsident Emmanuel Macron, Palästina als Staat anzuerkennen, soll nicht bestanden haben. Es sei denn, dass Macron damit aufzeigen wollte, dass er sich Druck aus Washington und Jerusalem nicht beugen will.

Georges Ibrahim Abdallah bei der Ankunft in Beirut.Georges Ibrahim Abdallah bei der Ankunft in Beirut. © Hussein Malla/dpaGeorges Abdallah: Früher ein Volksschullehrer christlichen Glaubens

Abdallah, früher ein Volksschullehrer christlichen Glaubens, hatte im Libanon in den siebziger Jahren eine marxistische Splittergruppe gegründet, bevor er in die Volksfront für die Befreiung Palästinas (FPLP) eintrat. Im Kampf gegen Israel verletzt, reiste er nach Paris aus, wo er Kontakte zu anderen linksextremen Gruppen aufnahm, darunter auch zur deutschen RAF und den italienischen Rotbrigaden. Laut der Anklage war er 1982 in Paris an den Morden an dem amerikanischen Militärattaché Charles Ray und dem israelischen Diplomaten Yacov Barsimentov beteiligt. In Straßburg soll er einen misslungenen Anschlag auf den US-Generalkonsul Robert Homme mit vorbereitet haben.

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1984 suchte Abdallah den Schutz einer Polizeiwache auf, weil er behauptete, der israelische Geheimdienst Mossad sei ihm auf den Fersen und wolle ihn umbringen. Der Libanese wurde allerdings nicht nur geschützt, sondern auch verhaftet. In seiner Wohnung fand die Polizei die Tatwaffe eines Attentates. Der Libanese nannte die Anschläge während des Prozesses als „Akte des Widerstands“ gegen die „israelische und amerikanische Unterdrückung“, bestritt aber jede aktive Teilnahme. Ein Gericht in Lyon verurteilte ihn zu einer lebenslänglichen Haftstrafe. In den 1980er Jahren galt Abdallah in Frankreich als Staatsfeind Nummer eins, weil ihm – zu Unrecht – die Beteiligung an weiteren Anschlägen zur Last gelegt wurde.

Schon Demokratin Hillary Clinton war gegen die Freilassung von Georges Abdallah

In seinen fast 41 Jahren Haft reichte er immer wieder Freilassungsgesuche ein. Publiziert wurden die von einem Unterstützungskomitee, dem sich auch der linke Politiker Jean-Luc Mélenchon und die heutige Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux anschlossen. Aus dem Gefängnis in den Pyrenäen erklärte Abdallah vor wenigen Wochen, als ihn eine Abgeordnete von Mélenchons Partei der „Unbeugsamen“ besuchte, er habe die gut 40 Jahre in einer Gefängniszelle nur dank der Unterstützung von außen überstanden. Dass Abdallah nicht freikam und zuletzt in einer Einzelzelle einsaß, geht zweifellos auch auf den Druck der USA und Israels zurück.

Georges Abdallah: Zur Person

Name Georges Ibrahim Abdallah Weitere Namen Salih al-Masri, Abdu-Qadir Saadi Geburtsdatum 2. April 1951 Herkunft Libanon Gruppierungen Volksfront zur Befreiung Palästinas, Libanesische bewaffnete revolutionäre Fraktionen Straftat Verwicklung in Terroranschlägen und Morde an Diplomaten aus den USA und Israel Status Inhaftiert im Gefängnis Lannemezan von 1982 bis 2025

Unter anderem die Demokratin Hillary Clinton hatte sich als Außenministerin gegen seine Freilassung verwahrt. Vor einer Woche genehmigte ein französisches Berufungsgericht dann aber überraschend ein neuerliches Freilassungsgesuch.

Georges Abdallah: Israel hält ihn weiter für eine Gefahr

Israel drückte sein Unverständnis über die Freilassung aus. Regierungssprecher erklärten, Abdallah habe keine Reue gezeigt und dem gewaltsamen Kampf für die palästinensische Sache nie abgeschworen. Deshalb sei er weiter eine Gefahr – gerade jetzt, wo Linksextremisten mehr denn je für die palästinensische Sache mobilisierten.

Vor seiner Ankunft in Beirut hatte Abdallah selbst erklärt, er bleibe „militant“. Am Flughafen wurde er von Dutzenden Anhängern empfangen. Mit gereckter Faust rief er, er halte sich weiter „an der Seite unserer Brüder in Gaza“. (Stefan Brändle)