Sanierungsbedürftig sind die Wohnhäuser der Adler Group in Berlin-Staaken. Sanierungsbedürftig ist aber auch der Konzern selbst – der offenbar einen Verkauf seiner rund 18.000 Berliner Wohnung erwägt. Von Sebastian Schöbel und Boris Hermel
Einladend sehen die Mehrfamilienhäuser im Cosmarweg in Berlin-Staaken wahrlich nicht aus. Die Fassaden sind fleckig und sichtbar vernachlässigt, und die schwarzen Rauchspuren einer Wohnung, die hier vor längerer Zeit ausgebrannt ist, sind noch immer nicht beseitigt.
Das seien längst nicht die einzigen Schäden, sagt Mieterin Regina Lehmann und zückt ihr Handy mit Beweisfotos: Geborstene Rohre, abgeplatzte Wände, Bilder wie aus einem Horrorfilm. Seit einer gefühlten Ewigkeit sehe das so aus.
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Adler-Konzern ist selbst ein Sanierungsfall
„Das ist ein Dauerschaden“, beschreibt Lehmann das Foto einer sichtbar maroden Wand in einem Keller. „Da ist Wasser wohl reingelaufen, bis nach unten, und es wurde nie etwas daran gemacht.“ Auch der Internetanschluss und der Festnetzanschluss sei schon mal monatelang gestört, weil die Technik im Haus nicht gewartet worden sei.
Seit anderthalb Jahren bietet Regina Lehmann gemeinsam mit einer Mieterinitiative dem Besitzer, der Adler-Konzerngruppe, die Stirn, damit sich das Unternehmen endlich um seine Anlage in Staaken mit insgesamt rund 1.100 Wohnungen kümmert.
Die Adler Group dagegen erklärte dazu Ende Mai gegenüber dem rbb, man gehe den angezeigten Mängeln nach. „Je nach Mangel kann es allerdings sein, dass die Erledigung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt“, so ein Sprecher, insbesondere dann, wenn externe Fachfirmen beauftragt oder Ersatzteile beschafft werden müssten.
Wirtschaftlich ist der Adler-Konzern selbst ein Sanierungsfall. Der Aktienkurs ist von 46 Euro vor sechs Jahren auf nur noch 21 Cent abgestürzt. Vier Milliarden Euro Verbindlichkeiten standen laut erstem Quartalsbericht 2025 zu Buche.
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18.000 Wohnungen sollen laut Medienbericht verkauft werden
Der unabhängige Schweizer Analyst René Hermann kennt die Adler-Gruppe genau und zieht einen brisanten Vergleich. „Das Geschäftsmodell, das von Adler praktiziert wurde, ist vergleichbar mit dem von Benko – nur hat man hier quasi Benko auf Steroiden praktiziert.“ Mit sehr viel Fremdkapital seien Immobilien gekauft worden, um die Bilanzen aufzublasen, allerdings ohne Substanz.
Schon vor Jahren hatte Hermann Anleger vor der Adler-Group gewarnt. Nun meldete vor kurzem der Wirtschaftsmediendienst Bloomberg, dass der Konzern auch seine letzten verbliebenen knapp 18.000 Wohnungen in Berlin verkaufen wolle – angeblich für 3,5 Milliarden Euro. Für Analyst Rene Hermann ist das nur folgerichtig. „Am Schluss ist es eine Abwicklung, die wir hier sehen. Das Geschäftsmodell ist so nicht tragbar.“
Der Konzern teilte auf Nachfrage der rbb24 Abendschau schriftlich mit: Man wolle die „Marktgerüchte nicht kommentieren“. Es gebe „keine Entscheidung über einen Verkauf des Berliner Portfolios“.
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Mieterverein warnt vor hohem Instandsetzungsstau
Sollte Adler wirklich seine Berliner Bestände verkaufen wollen, wie Bloomberg berichtet, dann müsse der wirtschaftliche Druck wirklich enorm sein, sagt Marcel Eupen vom Alternativen Mieterverein. Die Häuser aufzukaufen sei wegen der Art, wie der Konzern mit ihnen umgegangen, ist, aber sehr riskant. „Der Instandsetzungsstau ist inzwischen so groß: Vorsicht!“ Zugreifen sollten Kaufinteressenten nur nach einer genauen Untersuchung der Häuser, sagt Eupen. „Sonst kauft man unter Umständen in manchen Siedlungen marode Häuser, wo man sehr viel investieren muss.“
Für Niklas Schenker, den wohnungspolitischen Sprecher der Linken, ist die Sache hingegen klar: Adler sei eines der Beispiele, für die der erfolgreiche Volksentscheid zur Enteignung von Wohnungskonzernen gemacht wurde. „Hätten CDU und SPD nicht seit vier Jahren diesen Volksentscheid blockiert, hätten wir viele der Probleme gar nicht mehr“, so Schenker. „Wir wollen vor allem Adler enteignen und jetzt nicht die Wohnungen besonders teuer ankaufen.“
Falls Adler seine Berliner Wohnungen doch noch abstößt, hat Mieterin Regina Lehmann in Staaken einen klaren Wunsch. „Keine Miethaie, die wollen wir nicht, wir hätten gerne die Landeseigenen.“ Doch ob die landeseigenen Gesellschaften in Berlin die Adler-Immobilien mit allen Folgekosten wirklich übernehmen wollen, ist derzeit völlig offen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 25.08.2025, 12:05 Uhr