Eine Fernbedienung ist auf einen Fernseher gerichtet.

Stand: 28.07.2025 19:01 Uhr

Netflix, Amazon und Disney+ streamen sich in deutsche Wohnzimmer und schreiben weltweit Milliarden-Umsätze. Doch sie investieren kaum in deutsche Filmproduktionen. Kulturstaatsminister Wolfgang Weimer will das ändern.

von Florian Schmidt

Die Film- und Serienproduktion hierzulande leidet: unter hohen Kosten, stagnierender Nachfrage und ausbleibenden Aufträgen. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer will gegensteuern – mit mehr Förderanreizen und womöglich einer Investitionspflicht für Streamingdienste. Beim sogenannten „Streamer-Gipfel“ im Kanzleramt wurde gemeinsam darüber gesprochen.

Krisenstimmung im Streaming-Geschäft

Trotz Streaming-Boom herrscht bei vielen Produzent*innen Krisenstimmung. Philipp Kreuzer, Filmproduzent aus München, beschreibt die Lage so: „Der Druck ist groß. Wir kommen aus den großen Boom-Jahren, wo wahnsinnig viel produziert wurde. Jetzt wird weitaus weniger produziert.“ Tatsächlich bleiben viele Projekte liegen – weil das Geld fehlt. Kulturstaatsminister Wolfram Weimer will gegensteuern. In einem Statement, das NDR Kultur vorliegt, heißt es: „Ich nehme aus dem Gespräch mit, dass wir alle das Ziel haben, den Produktionsstandort Deutschland zu stärken. […] So wird Deutschland eine Heimat für die kreative Wertschöpfung und mehr Erfolgsserien und Blockbuster made in Germany.“

Weimer will Produktionsstandort Deutschland retten – aber wie?

Die zentrale Idee: Streamingdienste wie Netflix oder Amazon sollen verpflichtet werden, einen Teil ihres Umsatzes in deutsche Produktionen zu investieren. „Es ist ein wichtiges Zeichen, dass das Thema Investitionsverpflichtung wieder ganz vorne steht“, sagt Produzentin Julia Maier-Hauff, die zu den treibenden Kräften hinter dem Vorschlag gehört. Wolf Osthaus, der bei Netflix für Politik und Regulierungsfragen zuständig ist, winkt nicht grundsätzlich ab. Aber er verweist auf das, was bereits passiert sei: „Wir haben als Netflix bis heute schon viele Hundert Millionen Euro in deutsche Serien und Filme investiert – von ‚Im Westen nichts Neues‘, ‚Liebeskind‘ bis ‚Exterritorial‘. Das waren alles auch international große Erfolge.“

Braucht Deutschland eine Quote?

Maier-Hauff, Winkler und viele anderen Branchenvertreter begrüßen das, fordern aber mehr Verlässlichkeit. Eine gesetzlich verankerte Quote wie in Frankreich, wo 20 Prozent der Umsätze lokal investiert werden müssen, könnte helfen. „Eben die Investitionspflicht“, so Maier-Hauff, „damit auch Geld von anderen, von Privaten mit in die deutsche Filmwirtschaft fließt.“ Denn allein auf staatliche Förderung könne man sich nicht verlassen, erklärt die Produzentin weiter: „Wir würden auch den deutschen Kinofilm gerne wieder richtig feiern. Da ist es gut, wenn aus verschiedenen Quellen Geld reinfließt. Wir haben die Filmabgabe, die über die Filmförderanstalt vergeben wird. Wir haben die Anreizförderung über BKM (Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien) und jetzt hätten wir eben noch sehr gerne diese dritte Säule mit der Investitionsverpflichtung.“

International denken heißt härter kalkulieren

Auch Filmproduzent Philipp Kreuzer sieht Reformbedarf – aber mit Augenmaß: „Wir sind alle an einem Standort, wir sind alle daran interessiert, dass es dem Standort besser geht. Da muss man gucken, wie man gemeinsam Lösungen findet, dass man mehr Geld in den Markt bekommt“. Netflix sieht sich dabei nicht nur in der Zuschauerrolle. Wolf Osthaus war selbst beim Treffen im Kanzleramt dabei und sagt: „Wir finden es auf jeden Fall sehr gut, dass der Kulturstaatsminister auf Dialog setzt und gemeinsam mit der Branche schauen will, was es braucht, um den deutschen Film und den deutschen Produktionsstandort wirklich nach vorne zu bringen“.

Dass deutsche Produktionen international funktionieren, zeigen Titel wie „Dark“, „Die Kaiserin“ oder „Türkisch für Anfänger“. Das hat auch Julia Maier-Hauff erlebt: „Es gibt tolle Serien auf Netflix, die von deutschen Produzent*innen gemacht sind – auch ganz unterschiedliche deutsche Produktionen“. Doch der Markt verändere sich. Es werde internationaler gedacht, härter kalkuliert, weniger ausprobiert, erläutert Philipp Kreuzer: „Wenn man Produzenten-Kollegen aus kleineren Ländern sieht, zum Beispiel in Osteuropa, sieht die Situation ganz anders aus. Die sind abhängig von ausländischen Produktionen, die dort drehen.“

Weimer: „Es geht mir darum, mehr Investitionen zu ermöglichen“

In Deutschland hingegen existiert ein komplexes, aber stabiles Fördersystem. „Wir haben ein gutes Fördersystem, das aber zu reformieren ist“, lautet Kreuzers Einschätzung, „das anzupassen ist an die Begebenheiten. Wir haben relativ viele Türen, an die wir klopfen können: Privatsender, öffentlich-rechtliche Sender, Streamer.“ Genau daran will Kulturstaatsminister Weimer, wie es in seinem Statement heißt, nun gemeinsam mit der Branche und den großen US-Plattformen arbeiten: „Der Streamer-Gipfel war ein erstes wichtiges Signal. Es geht mir darum, hierzulande mehr Investitionen im Bereich Film und Serien zu ermöglichen und internationale und deutsche Talente ins Land zu holen. Die Bundesregierung wird weitere Anreize schaffen, um diese Dynamik zu verstärken.“

Der Streamer-Gipfel endete ergebnisoffen

Wie konkrete Maßnahmen aussehen, und ob sie freiwillig oder verpflichtend sind, ist noch offen. Netflix-Manager Wolf Osthaus mahnt zur Vorsicht: „Die Hauptaufgabe ist doch: Wie können wir als Branche gemeinsam weiter maximal kreativ sein und uns auch immer wieder neu erfinden, um wirklich das Publikum mit guten Geschichten zu erreichen? Die Politik kann da sicher mit guten Rahmenbedingungen helfen, aber man muss auch sagen: Mit kleinteiliger Regulierung kann sie auch das genaue Gegenteil bewirken, und da muss man dann schon fragen: Braucht es das wirklich?“

Die Bundesregierung setzt auf Dialog – aber auch auf klare Regeln. Wie viel davon verbindlich wird, entscheidet sich wohl beim nächsten Gipfel im Kanzleramt.

Regisseur Sönke Wortmann

Rund 1.000 Gäste feierten auf Kampnagel die sommerliche Branchenparty der MOIN Filmförderung.

Ein Ato hält neben einem am Straßenrand stehenden Kind

„Letzte Ausfahrt Todesmoor“, so lautet der neue Fall in der „ARD CrimeTime“ – einer von drei Mediathek-Tipps.

Bill und Tom Kaulitz

Die neue Staffel „Kaulitz und Kaulitz“ ist da. Für den NDR 2 Nachmittag nehmen sich Bill und Tom Zeit für ein Interview.

Ein Teenager-Junge mit dunklen kurzen Haaren sitzt in einem Verhör an einem Tisch mit einer Frau mit schulterlangen Haaren in einem großen Raum mit großem Tisch - Szene aus der "Netflix"-Serie "Adolescence" mit Schauspieler Owen Cooper

Nominiert als beste Serie und als bestes Drehbuch, außerdem hat der 15-jährige Owen Cooper bereits jetzt schon Emmy-Geschichte geschrieben.

Die Klappe zu den Dreharbeiten am Set von Fatih Akins Komödie "Soul Kitchen"

Zölle von 100 Prozent: Die Pläne von Donald Trump klingen drastisch. Was halten Filmförderer und Filmschaffende im Norden davon?