Inhaltsverzeichnis
Die Liste der Kröten, die die Europäische Union für einen Zolldeal mit US-Präsident Donald Trump schlucken musste, war bereits am Sonntag lang. Nach Abreise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aus Trumps Golfresort im schottischen Turnberry ist sie noch einmal länger geworden. Schlechte Nachrichten gibt es vor allem für die deutsche Autoindustrie, aber auch die Stahlbranche bangt – und damit auch die Bremer Wirtschaft. Denn die Auto- und die Stahlproduktion bilden hier zwei wichtige Felder der regionalen Wirtschaft ab.
Was bedeutet die Einigung für die deutsche Wirtschaft und Verbraucher?
Das wird sich vermutlich erst in den nächsten Monaten genau zeigen. Gut ist, dass sich die Ungewissheit ein Stück weit reduziert. Schlecht ist, dass ein Teil der US-Zölle aufrechterhalten bleibt. Zölle machen Produkte in der Regel teurer und bremsen damit den Handel. Denkbar ist deswegen weiterhin, dass deutsche Unternehmen Geschäfte in den USA verlieren und Arbeitsplätze abbauen müssen.
Vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hieß es in einer ersten Reaktion, das Übereinkommen sei ein unzureichender Kompromiss, der ein fatales Signal an die eng verflochtene Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks sende. Auch ein Zollsatz von 15 Prozent werde immense negative Auswirkungen auf die exportorientierte deutsche Industrie haben. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) werden allein die jährlichen Kosten für die Unternehmen der deutschen Automobilindustrie auf eine Milliardensumme geschätzt.
Wie wichtig sind Exporte in die USA für Bremen?
Außerhalb der EU sind die USA der größte Handelspartner Bremens. Der Wert der exportierten Waren von Bremen über den Nordatlantik in die USA hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt – zuletzt waren es 5,5 Milliarden Euro.
Was bedeutet der Zoll auf Stahl für das Bremer Arcelor-Mittal-Werk?
Auf Stahlexporte aus Europa in die USA bleibt es bei einem Zoll von 50 Prozent. Der Stahlhersteller Arcelor-Mittal will sich erst am Donnerstag bei der Vorlage seiner Quartalszahlen dazu äußern. Bislang hatte das Unternehmen versichert, dass die Bremer Hütte keine größeren Mengen Stahl in die USA exportiert und deshalb nicht direkt von den Zöllen betroffen sei. Für Bürgermeister Andreas Bovenschulte (siehe Interview auf dieser Seite) ist es dennoch „ein schlechter Deal für die Stahlindustrie insgesamt und ein schlechter Deal für Bremen“.
Die Wirtschaftsvereinigung Stahl, der Interessensverband der deutschen Stahlindustrie, spricht sogar von einer „katastrophalen Situation“ für die Branche. Das Risiko massiver globaler Handelsumlenkungen durch die Zölle bleibe bestehen – mit der Folge, dass zusätzliche Stahlmengen auf den „ohnehin massiv unter Druck stehenden EU-Markt“ drängten.
Was sieht die Einigung für die Automobilbranche vor?
Autos aus den USA sollen einer EU-Beamtin zufolge künftig zollfrei in die Europäische Union importiert werden können. Bislang gilt ein Zollsatz in Höhe von zehn Prozent. „Wir sind bereit, auf null zu gehen“, sagte die Beamtin. Voraussetzung sei aber, dass die USA sich an ihren Teil der Vereinbarung halten und die aktuell fälligen Zölle auf Autoimporte aus der EU von 27,5 auf 15 Prozent senken. Vor dem Amtsantritt von Trump hingegen hatte der Zollsatz noch bei 2,5 Prozent gelegen.
Welche Auswirkungen hat das auf den Mercedes-Standort Bremen?
Der Autohersteller Mercedes, der in Bremen ein großes Werk betreibt, spricht in einer Stellungnahme von einer „wichtigen Erleichterung für die deutsche Automobilindustrie“. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) geht jedoch davon aus, dass die US-Exporte aus dem Bremer Werk um bis zu 15 Prozent zurückgehen könnten. Im Juni wurde bekannt, dass Mercedes sein SUV-Modell GLC ab 2027 nicht nur in Bremen und Sindelfingen, sondern auch in seinem US-Werk Tuscaloosa (Alabama) bauen will.
Was bedeutet der Nullzoll für Importe aus den USA?
Die Autohersteller könnten versucht sein, größere Teile ihrer Produktion als bisher in die USA zu verlegen. Denn aus ihren US-Werken können sie künftig sowohl den amerikanischen als auch den europäischen Markt zollfrei bedienen. Neben Mercedes betreibt auch BMW ein eigenes Werk in den USA.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer betont: „Die Beschäftigten in der Auto- und Zulieferindustrie sind die Verlierer.“ Mittelfristig könnten sich zehn Prozent der Arbeitsplätze in der Autoindustrie von Deutschland in die USA verlagern.