Beim Haustiersitting kümmern sich fremde Menschen während des Urlaubs um Hund, Katze oder andere Lieblinge. Zwei Stuttgarterinnen erzählen von ihren Erfahrungen mit diesem Konzept.
Für viele Hundehalter ist klar: Wenn es in den Urlaub geht, sitzt der fellige Vierbeiner mit im Auto. Allerdings gibt es nicht immer die Möglichkeit, zusammen mit Hund zu verreisen. Und bei anderen beliebten Mitbewohnern wie Katzen oder Meerschweinchen ist von gemeinsamen Ausflügen ohnehin abzuraten. Abhilfe schafft das Modell des Haustiersittings. Das bedeutet, dass fremde Menschen sich während des Urlaubs um das Haustier kümmern.
Die Bandbreite reicht dabei von einem kurzen Fütterbesuch am Tag bis hin zu Varianten, bei denen die Sitter über die komplette Urlaubszeit hinweg in der Wohnung unterkommen. Zwei Stuttgarterinnen kennen beide Seiten. Während Ana Lozano im vergangenen Jahr erstmals eine Sitterin für ihre Katzen buchte, betreute Fidan Güntürkün zwischen 2015 und 2020 Haustiere in Ländern rund um den Globus. Hier erzählen sie von ihren Erfahrungen.
Stuttgarterin reist als Haustiersitterin um die Welt
Das wohl ungewöhnlichste Haustier, mit dem es Fidan Güntürkün als Sitterin je zu tun bekam, hätte selbst den Filmhelden Indiana Jones in Angst und Schrecken versetzt: ein 1,5 Meter langer Python. Anders als der Schlangen fürchtende Hollywood-Abenteurer ließ sich die Stuttgarterin von dem gewaltigen Reptil aber nicht aus der Ruhe bringen. „Sie lag den ganzen Tag in ihrem Terrarium und war für uns quasi nur ein Dekoartikel“, erzählt sie.
Auch aufgrund solch außergewöhnlicher Begegnungen erinnert sich Güntürkün gerne an ihre Zeit als Haustiersitterin. 2015 begann sie, zusammen mit ihrem Partner um die Welt zu reisen und sich bei jeweils ein- bis sechswöchigen Aufenthalten um Tiere zu kümmern. Eine Bezahlung verlangten die beiden nicht, dafür kamen sie im entsprechenden Zeitraum kostenlos in den Wohnungen der Tierbesitzer unter. „Das war manchmal ein Luxusleben, etwa in Häusern mit Pool oder in Traumlage mitten in Sydney.“
In einer Fernsehserie war sie auf das Konzept gestoßen und von der Idee sofort begeistert. Güntürkün bezeichnet sich als tierliebend und reiselustig. Außerdem ist sie selbstständig und im Homeoffice nicht auf einen festen Arbeitsort angewiesen – ein Vorteil als Haustiersitterin.
Kampf um Plätze für Haustiersitting
Besonders beliebt sei das Konzept im englischsprachigen Raum. So verschlug es Güntürkün in Länder wie Australien, Kanada oder die USA. Allerdings sei das Konzept inzwischen auch in Deutschland angekommen, sagt Güntürkün. Das wundert sie nicht, profitieren ihr zufolge doch nicht nur die Reisenden, sondern auch die Hausbesitzer von dem Modell. „Die Tiere können so in ihrem gewohnten Umfeld bleiben.“ Außerdem habe sie in ihren Reisedomizilen stets auch den Müll geleert, die Pflanzen gegossen und nach der Post geschaut.
Als schwierigsten Moment während ihrer rund 50 Sitting-Aufenthalte nennt Güntürkün eine Episode mit einem 16 Jahre alten Hund in Australien. Der habe in der Nacht angefangen schwer zu atmen, während seine Besitzer im Outback nicht erreichbar gewesen seien. „Das war eine belastende Situation, weil ich da eine riesengroße Verantwortung gespürt habe“, erinnert sich Güntürkün. Letztlich sei jedoch alles gut ausgegangen, das Tier habe überlebt.
Mit den vorübergehenden Reiseeinschränkungen endete für Güntürkün ihre Lebensphase als Haustiersitterin. „Auf Dauer wurde es irgendwann schon anstrengend, alle zwei Wochen die Unterkunft zu wechseln“, sagt sie. Außerdem schreckt es sie ab, dass Sitting-Unterkünfte in beliebten Urlaubsregionen wie der portugiesischen Algarveküste inzwischen stark umkämpft sind. „Da ist mir der Wettbewerb zu groß geworden.“ Gleichzeitig blickt sie „sehr, sehr wehmütig“ auf diese Zeit zurück und fügt hinzu: „Allen Menschen, die gerne reisen, Tiere mögen und ihrer Komfortzone verlassen wollen, kann ich das nur empfehlen.“
Fidan Güntürkün verband fünf Jahre lang Job und Haustiersitting. Foto: privat Urlaub mit den Katzen im Kopf
Wenn Ana Lozano im Urlaub ist, muss sie häufig an Jon und Arya denken. „Die Sorge um die beiden schwingt immer mit“, sagt die 31-Jährige über ihre europäischen Kurzhaarkatzen, die nach Figuren aus der Fernsehserie „Game of Thrones“ benannt sind. Bis zum vergangenen Jahr hatte Lozano vor Abwesenheiten stets Familie oder Freunde gebeten, sich um die Tiere zu kümmern. Für den Sommer 2024 plante sie allerdings erstmals einen zehntägigen Urlaub. „So lange wollte ich niemandem zur Last fallen“, sagt die Stuttgarterin.
Ihre Lösung: das Portal „Cat in a Flat“, das Katzenhalter und private Katzensitter zusammenbringt. Lozano stellte eine Anzeige ein, mit dem Urlaubszeitraum, der Anzahl der gewünschten Besuche und den Medikamenten, die ihre Katzen benötigen. Im Gegenzug wurden ihr die Profile von passenden Sitterinnen und Sittern in der Nähe ihres Wohnortes in Bad Cannstatt angezeigt. „Cat in a Flat“ dient dabei als Vermittler mit Bewertungssystem.
Ein solche seriöse Absicherung ordnet Petra Veiel vom Stuttgarter Tierheim als wichtig ein. Ansonsten sei das Risiko hoch, an Personen zu geraten, die sich gar nicht angemessen um die Tiere kümmern. Grundsätzlich hält Veiel das Modell Haustiersitting aber für sinnvoll. Denn: „Für die Tiere ist es am besten, wenn sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können.“
Haustiersitting hat seinen Preis
Die Stuttgarter Katzenbesitzerin Ana Lozano erhielt über „Cat in a Flat“ nach zwei erfolglosen Kontaktaufnahmen eine Rückmeldung von einer Frau, die zu Fuß zehn Minuten entfernt wohnte. Bei einem Gespräch habe man sich kennengelernt und alles Wichtige besprochen, erzählt sie. Mit dem weiteren Ablauf ist sie hochzufrieden. „Das war ein supernettes Miteinander. Ich habe jeden Tag Bilder von den Katzen bekommen.“
Für alle dürfte das Angebot dennoch nicht infrage kommen, ist es doch mit stattlichen Kosten verbunden. Die Preise variieren je nach angebotenem Service. Mit einem Betrag zwischen zehn und 25 Euro pro Tag sei jedoch in jedem Fall zu rechnen, heißt es auf der Webseite von „Cat in a Flat“. Lozano will das Geld aber wieder in die Hand nehmen. Diesen Sommer verreist sie für 14 Tage. Die Betreuung von Jon und Arya hat sie für diesen Zeitraum mit der aus dem vergangenen Jahr bekannten Sitterin bereits vereinbart.