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Die Soester Fastenleiterin Claudia Vorderwülbecke ist überzeugt: Fasten bedeutet mehr, als nur auf Nahrung zu verzichten. Es habe zahlreiche positive Effekte – sowohl körperlich als auch mental.
Soest – Viele Menschen bringen Fasten vor allem mit Hunger oder schnellem Gewichtsverlust in Verbindung. Doch Fasten kann deutlich mehr Effekte mit sich bringen – körperlich wie mental. Davon ist Claudia Vorderwülbecke überzeugt. Die Soesterin ist ärztlich geprüfte Fastenleiterin der Deutschen Fastenakademie (dfa) und leitet seit vielen Jahren Fastenwanderkurse am Möhnesee.
„Verzicht ist Gewinn“: Soester Fastenleiterin über die mentale und körperliche Auszeit
Kennengelernt hatte sie das Fasten auf einer einwöchigen Fastenwanderreise auf Sylt. Dabei kombinierte sie den bewussten Nahrungsverzicht mit viel Bewegung – und machte dabei eine überraschende Erfahrung: „So eine körperliche und auch mentale Energie habe ich noch nie zuvor gespürt“, erzählt sie rückblickend. Die Wirkung sei für sie so eindrucksvoll gewesen, dass sie sich kurz darauf selbst zur Fastenleiterin ausbilden ließ.
Claudia Vorderwülbecke ist zertifizierte Fastenleiterin. Für sie bedeutet Fasten mehr als nur der Verzicht auf Nahrung. Auch tägliche Bewegungs- und Dehnübungen gehören zum Programm dazu. © Daniel Schröder
Die Methode, nach der Vorderwülbecke arbeitet, ist das Heilfasten nach Buchinger. Diese Form des Fastens wurde vom deutschen Arzt und Naturheilkundler Otto Buchinger (1878–1966) entwickelt. Für fünf Tage oder länger wird dabei vollständig auf feste Nahrung verzichtet. Erlaubt sind ausschließlich Gemüsebrühe, Kräutertees, Wasser und verdünnte Fruchtsäfte.
Positive Effekte bereits nach wenigen Tagen spürbar
Die positiven Effekte von Fasten sind bereits nach kurzer Zeit deutlich spürbar, sagt Vorderwülbecke. „Beim Fasten beginnt der Körper mit der Autophagie, also der Selbstheilung.“ Dabei werden nicht mehr benötigte Zellbestandteile abgebaut und verwertet. Sie nennt weitere gesundheitliche Vorteile: Das Fasten könne entzündliche Prozesse und allergische Reaktionen verbessern, den Blutdruck senken, den Stoffwechsel und die Fettverbrennung anregen.
Auch einen Anti-Aging-Effekt beobachte sie stets bei ihren Teilnehmern: „Das sehe ich oft schon nach wenigen Tagen. Die haben einen ganz anderen, rosigen Teint.“ Für Vorderwülbecke ist das Fasten daher weit mehr als eine kurzfristige Maßnahme: „Meiner Meinung nach ist das Fasten die beste Gesundheitsvorsorge.“
Unterschied zwischen Hunger und Fasten: Nicht freiwillig vs. bewusst
Die Fastenwanderwochen, die sie bereits seit einigen Jahren regelmäßig am Möhnesee anbietet, dauern jeweils sieben Tage. Eine bewährte Länge für das Fasten, wie sie sagt. „Der erste Fastentag geht meistens schnell vorbei. Zwei bis drei Tage braucht der Körper außerdem zur Umstellung. Danach bemerkt man die ersten Veränderungen“, sagt sie. Viele Teilnehmer seien anfangs skeptisch, ob sie durchhalten.
„Viele haben Angst, es nicht eine Woche zu schaffen und sind dann überrascht, wenn sie es doch schaffen“, berichtet sie mit einem Lächeln. Wichtig ist ihr dabei die klare Abgrenzung zwischen Hunger und Fasten: „Hunger ist nicht freiwillig. Fasten hingegen ist der bewusste, freiwillige Verzicht auf feste Nahrung für einen begrenzten Zeitraum.“
Auszeit vom Alltag nehmen: „Beim Fasten ist man nur für sich selbst da“
Schon in den ersten Tagen zeigt der Körper Reaktionen. „Man braucht oft weniger Schlaf“, erklärt Vorderwülbecke. „Das liegt daran, dass der Körper normalerweise viel Energie für die Verdauung aufbringt. Und wenn diese Arbeit entfällt, bleibt mehr Energie für anderes.“ Damit das Fasten wirklich seine Wirkung entfalten kann, rät sie für diese Zeit zu einer Auszeit vom Alltag. „Am besten nimmt man sich Urlaub. Beim Fasten ist man nur für sich selbst da.“
Fasten bedeutet für sie nicht nur, auf Nahrung zu verzichten, sondern sich insgesamt zu reinigen, auch geistig. Medienkonsum wird in der Fastenzeit bewusst reduziert. „Ich spreche auch von einem Fasten von schlechten Nachrichten“, erklärt Vorderwülbecke. Neben täglichen Wanderungen und Bewegungseinheiten gehören auch Entspannungsangebote und bewusste Pausen zum Programm.
Feste Bestandteile der Fastenwanderwoche sind neben Bewegungs- und Entspannungseinheiten auch leichte tägliche Wanderungen. © Gabi BenderFasten richtig lernen – am besten unter Anleitung
„Fasten ist verbreiteter, als man vielleicht denkt“, sagt Claudia Vorderwülbecke. Umso wichtiger sei es, es richtig zu lernen – am besten unter Anleitung. Anfängern rät sie davon ab, ganz allein zu fasten. Eine begleitete Fastenzeit sei gerade beim ersten Mal hilfreich. Deshalb bietet sie nun auch in Soest eine siebentägige Fastenwoche mit abendlichen Treffen an. Auf dem Programm stehen Bewegungs- und Entspannungseinheiten, Vorträge zum Thema Ernährung und Fasten, Tipps zur Zubereitung von Säften und der Fastensuppe sowie Hinweise zur richtigen Vorbereitung – etwa dem frühzeitigen Verzicht auf Kaffee, um Kopfschmerzen vorzubeugen.
„In der Gruppe zu fasten macht außerdem einfach mehr Spaß“, sagt sie. Am 2. September lädt sie gemeinsam mit dem Kneippverein Soest zu einem kostenlosen Infoabend ein – für alle, die sich näher über das Thema Fasten und die geplante Fastenwoche informieren möchten. „Eine ruhige Fastenauszeit gönne ich jedem. Da merkt man, wie wertvoll das ist. Verzicht ist Gewinn“, sagt Claudia Vorderwülbecke. Näheres zu der Fastenleiterin Claudia Vorderwülbecke, geborene Stockem, gibt es auf ihrer Website unter www.fastenwandern-stockem-de.
Dass Bewegung Körper und auch den Geist jung hält, zeigen Heinz (89) und Thomas Kolk (61). Die beiden sind sportlich topfit. „Bewegung ist Leben“, sagt der 89-Jährige.