Berlin. Die Hoffnung heißt Wachstum und eine reformierte Schuldenbremse: Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Entwurf für den Haushalt des kommenden Jahres und die Finanzplanung bis 2029 vorgelegt, in denen noch größere Löcher klaffen als bisher bekannt. Das geht aus den Eckdaten des Bundesfinanzministeriums für die Etatplanung hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen.

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Danach summieren sich die Löcher – vom Ministerium als „Handlungsbedarf“ bezeichnet – in den drei Jahren von 2027 bis 2029 auf nunmehr 172 Milliarden Euro. Das ist gegenüber der bisherigen Finanzplanung, die erst wenige Wochen alt ist, ein Plus von fast 30 Milliarden Euro. Auch die Schuldenaufnahme steigt: Sie beträgt nun im gesamten Zeitraum 708 Milliarden Euro, ein Plus von vier Milliarden Euro.

Neue Löcher durch Wachstumspaket

Der Hauptgrund für die größeren Fehlbeträge: Um die Zustimmung des Bundesrats zum Wachstumspaket der Bundesregierung zu erreichen („Investitionsbooster“), wurden Ländern und Kommunen weitreichende finanzielle Zugeständnisse gemacht. So übernimmt der Bund die Steuerausfälle der Kommunen ganz und bei den Ländern teilweise, was ihn bis 2029 rund 25,5 Milliarden Euro kostet.

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„Zentrale finanzpolitische Herausforderung“

Wie die Löcher gestopft werden sollen, ist unklar. Aus Regierungskreisen verlautete, dies sei die „zentrale finanzpolitische Herausforderung“. Dafür sei in der gesamten Regierung ein „Kulturwandel“ nötig. Allerdings setzt Klingbeil offenbar weniger aufs Sparen, sondern hofft vielmehr auf ein Anspringen der Konjunktur.

„Wir haben eine berechtigte Hoffnung, dass sich das Wachstumsumfeld spürbar verbessern könnte im Vergleich mit unserer Frühjahrsprojektion“, hieß es in der Regierung auch mit Blick auf die Beilegung des Zollstreits zwischen der EU und den USA. Im Frühjahr war sie für 2025 noch von einem Nullwachstum und für die Folgejahre von einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von jeweils einem Prozent ausgegangen.

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Reform der Schuldenbremse?

Für die Deckung von Haushaltslöchern nutzt mehr Wachstum aber nur bedingt: Zwar steigen dann in der Regel die Steuereinnahmen und es sinken die Ausgaben für Sozialleistungen. Gleichzeitig sorgt die sogenannte Konjunkturkomponente der Schuldenbremse umgehend dafür, dass der Verschuldungsspielraum bei einer gut laufenden Konjunktur wieder enger wird. Auch deshalb drängt die SPD zu einer Reform der Schuldenbremse, die mit der Union im Koalitionsvertrag bis Ende des Jahres vereinbart wurde.

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Auch der Etatentwurf für 2026, der Ausgaben von 520,5 Milliarden Euro vorsieht, weist noch ein Loch von rund acht Milliarden Euro auf. Dabei handelt es sich allerdings um einen Posten, der als sogenannte „Bodensatz-Globale-Minderausgabe“ üblich ist. Denn jedes Jahr wird davon ausgegangen, dass rund zwei Prozent der geplanten Ausgaben gar nicht abfließen.

Pendlerpauschale und Gastrosteuer

In der Etatplanung für 2026 sind unter anderem Investitionen von knapp 127 Milliarden Euro eingestellt – nach 116 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Berücksichtigt im Entwurf sind auch die Steuerausfälle, die durch die Anhebung der Pendlerpauschale und die Senkung der Mehrwertsteuer in Restaurants entstehen. Darauf hatten sich Union und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen geeinigt. Es bleibt aber dabei, dass die Stromsteuer nicht für die privaten Haushalte gesenkt wird.

Die oppositionellen Grünen und Linken kritisieren das massiv. Die Vorsitzende der Linkspartei, Ines Schwerdtner, sagte dem RND, die Senkung der Stromsteuer für alle wäre eine der wenigen spürbaren Entlastungen für breite Teile der Bevölkerung. „Statt sich weiter auf fragwürdige Steuergeschenke für Unternehmen zu konzentrieren, sollte die Regierung ihren Fehler korrigieren und gezielt nachbessern.“ Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge. Sie sagte dem RND, viele Menschen hätten sich auf das Wort von Bundeskanzler Friedrich Merz verlassen und würden nun enttäuscht. Schwarz-Rot gebe Milliardenbeträge für die Ausweitung umweltschädlicher Subventionen und Steuersenkungen für die Reichsten aus.

Linken-Chefin: Union muss sich zusammenreißen

Beide Politikerinnen pochten auf die Reform der Schuldenbremse, an der Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) zuletzt Zweifel äußerte. Schwerdtner mahnte, sonst blieben dringend notwendige Investitionen – in sozialen Wohnungsbau, Klimaschutz, Bildung und Infrastruktur – unrealistisch. Für eine Reform der Schuldenbremse ist eine Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Grundgesetzes nötig. Die Koalition ist dabei auf Grüne und Linke angewiesen. Frei hat aber auf den Unvereinbarkeitsbeschluss der Union zur Linken hingewiesen.

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Das sei kein Problem der Linken, sagte Schwerdtner. „Die Haltung der Linken ist klar: Eine politische Zusammenarbeit mit der Union ist ausgeschlossen.“ Sie habe mit sozialer Gerechtigkeit wenig am Hut. „Wenn es jedoch um demokratische Prozesse geht, übernehmen wir selbstverständlich Verantwortung. Wir erwarten von der Union, dass sie sich zusammenreißt und dies ebenfalls tut.“ Dröge sagte, wenn die Union die Reform der Schuldenbremse infrage stelle, wäre dies ein erneuter Wortbruch.