Frau Walz, so ein Mistwetter gerade und keine Besserung in Sicht. Was heißt das für die „Evita“-Aufführungen auf der Freilichtbühne?
SOPHIE WALZ: Ja, ist halt Open Air, das muss man hinnehmen. Aber bisher können wir uns nicht beschweren, wir mussten tatsächlich bisher nur eine Vorstellung absagen und eine abbrechen, obwohl man ja das Gefühl hat, dass die ganze Zeit schlechtes Wetter ist. Augsburg ist aber auch wirklich speziell. Ich habe es letzten Freitagabend erst wieder erlebt. Da hat es am Kongress am Park geschüttet wie aus Kübeln und am Roten Tor hat es ein bisschen genieselt.
Wann müssen Sie eine Vorstellung absagen oder abbrechen?
WALZ: Das kann man gar nicht so eindeutig bestimmen, weil da viele Dinge mit hineinspielen. Eine Regel ist unumstößlich, da müssen wir gar nicht lange diskutieren: Wenn es Gewitter, Sturm oder Hagel gibt, dann kann die Vorstellung nicht stattfinden, weil dann Darstellende und Publikum gefährdet sind. Aber man sollte immer davon ausgehen, dass wir alles dafür tun werden, um zu spielen, nicht nur, weil dem Theater sonst wichtige Einnahmen entgehen, sondern auch, weil es für die Darstellerinnen und Darsteller eine Vollbremsung ist, wenn sie nicht spielen dürfen. Trotzdem ist es gegenüber den Mitwirkenden nicht zu verantworten, dass sie fünf Tage hintereinander im Regen auf der Bühne stehen und man muss natürlich auch überlegen, wie man die Kostüme wieder trocken bekommt.
Genau, das sind bei „Evita“ ja einige an der Zahl. Wie funktioniert das?
WALZ: Ein großer Teil geht ohnehin täglich nach jeder Vorstellung in den Martinipark und wird gewaschen und getrocknet. Mit Sonne ist es natürlich einfacher, weil die Kostüme im Freien trocknen können. Gerade die Uniformen der Chorherren trocknen nicht so leicht bis zur nächsten Vorstellung, wenn sie komplett durchnässt sind. Das ist eines der Dinge, die wir mitbedenken müssen: Wie sieht die Konsequenz für die nächsten Vorstellung aus?
Und es ist ja auch, insbesondere für die Ballettkompanie, sehr gefährlich, wenn sie über eine nasse Bühne wirbeln muss.
WALZ: Das stimmt, und komplett trocken bekommen wir die Bühne und die Aufbauten nicht, wenn es vorher anhaltend geregnet hat. Aber wir haben die Bühnenoberfläche, also auch alle Aufbauten wie Treppenstufen, mit einem speziellen Aufstrich versehen, der eine bessere Haftung gibt. Insbesondere die Tänzerinnen und Tänzer schätzen das jetzt sehr. Zusätzlich haben wir neu in dieser Spielzeit auf der Freilichtbühne einen Lattenboden bekommen, der die Situation ebenfalls verbessert. Vor Beginn einer Vorstellung, bei der es nass werden könnte, fordert die Abendspielleitung außerdem ausdrücklich dazu auf, alles ein bisschen langsamer zu machen und mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Wichtig ist aber auch, – und diese Gefahr ist noch größer – dass hinter der Bühne nichts passiert. Da ist es eng, da haben es alle immer eilig und es ist zwangsläufig nicht ganz so hell wie auf der Bühne. Wir fordern deshalb dann auch die musikalische Leitung auf, das ein oder andere Zwischenspiel etwas langsamer zu machen, damit den Darstellenden genug Zeit für Umzüge und Ortswechsel bleibt.
Das sind Tricks, die das Publikum gar nicht so mitbekommt, aber gibt es nicht auch eine Regenfassung, die die Vorstellungsdauer verkürzt.
WALZ: Die kommt zum Einsatz, wenn es kontinuierlich durchregnet. Sicherheitstechnisch wäre es dann möglich, noch zu spielen, aber irgendwann wird es für alle Beteiligten auf der Bühne und in der Arena echt unangenehm. Da haben wir dann eine Regenfassung in mehreren Stufen.
Wie sieht die aus?
WALZ: Die simpelste Möglichkeit ist es, die Pause wegzulassen. Z. B., wenn wir vom Wetterdienst erfahren, voraussichtlich um 22.20 Uhr fängt es an zu regnen. So haben wir die Möglichkeit, noch das ganze Stück durchzuspielen.
Und wenn es von Beginn an regnet?
WALZ: Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, um dem Publikum so viel wie möglich anzubieten: Szenen zu verkürzen. Und wenn wir sehen, dass wir gar nicht weiterspielen können, dann versuchen wir, zumindest die Abschlussszene zu spielen. Wir können aus fast jeder Szene in das Finale springen, um dem Publikum noch ein Gefühl vom Ende zu vermitteln.
Darf man während der Vorstellung denn eigentlich einen Regenschirm aufspannen?
WALZ: Ja, aber wir sehen natürlich lieber die Regencapes, weil dadurch die Menschen drumherum nicht beeinträchtigt werden.
In dieser Woche könnte neben der Nässe auch noch die sinkende Temperatur als Stör-Faktor dazukommen.
WALZ: Eine Betriebsvereinbarung wie früher, als das Orchester noch nicht geschützt war, gibt es nicht mehr, dass man bei einer bestimmten Temperatur nicht spielt. Aber wir müssen das natürlich auch mit in den Blick nehmen, vor allem mit Rücksicht auf das Publikum. Denn unsere Darsteller bewegen sich, aber die Zuschauerinnen und Zuschauer sitzen zweieinhalb Stunden in der Kälte.
Wie informieren Sie die Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn eine Vorstellung abgesagt wird?
WALZ: Wir entscheiden bis 18.45 Uhr und dann informieren wir über alle unsere Kanäle – die Homepage, Social Media, – dass eine Vorstellung nicht stattfinden kann. Auch vor Ort gibt es Ansagen.
Wenn die Vorstellung vor der Pause abgebrochen wird, bekommt man das Geld zurück?
WALZ: Genau. Wer über Bankeinzug bezahlt, bei dem wird der Betrag für die Tickets sowieso erst abgebucht, wenn die Vorstellung tatsächlich auch stattgefunden hat.
Es gibt in dieser Woche noch vier Vorstellungen von „Evita“. Wenn man nun am Dienstag oder Mittwoch Opfer einer Regen-Absage wird, hat man die Chance, noch Karten für Donnerstag oder Freitag zu bekommen, oder muss man dann die Freilichtbühne und „Evita“ für dieses Jahr abschreiben?
WALZ: Wir sind gut verkauft, aber es gibt noch für die beiden letzten Vorstellungen Karten, sodass zumindest eine gewisse Zahl der enttäuschten Zuschauer „Evita“ noch sehen könnte.
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Sophie Walz, künftige Operndirektorin des Staatstheaters Augsburg
Foto: Jan-Pieter Fuhr, Staatstheater Augsburg
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Sophie Walz, künftige Operndirektorin des Staatstheaters Augsburg
Foto: Jan-Pieter Fuhr, Staatstheater Augsburg
Zur Person
Sophie Walz, geboren in Ulm und seit 2017 am Staatstheater Augsburg, ist Leitende Dramaturgin in den Sparten Musiktheater und Ballett. Sie studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Bayerischen Theaterakademie August Everding Musiktheaterdramaturgie. Ab der Spielzeit 2025/26 übernimmt sie die Leitung der Sparte Musiktheater am Staatstheater Augsburg.
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