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Kreatin verbessert bei Alzheimer-Patienten die Gedächtnisleistung. Erste Studie liefert Beweise. Ein Hoffnungsschimmer für Millionen Erkrankte.

Lawrence (Kansas, USA) – Eine Pilotstudie der University of Kansas Medical Center weckt neue Hoffnung im Kampf gegen Alzheimer: Das bei Sportlern und Sportlerinnen beliebte Nahrungsergänzungsmittel Kreatin könnte die kognitiven Fähigkeiten von Alzheimer-Patienten und -Patientinnen deutlich verbessern. Die Forschungsergebnisse, die in der Fachzeitschrift Alzheimer‘s & Dementia: Translational Research & Clinical Interventions veröffentlicht wurden, zeigen erstmals am Menschen, dass Kreatin-Monohydrat nicht nur die Muskeln, sondern auch das Gehirn stärken kann.

Kraftstoff für Gehirn und Muskeln: Erste Studie ihrer Art mit vielversprechenden Ergebnissen

Die als „Creatine to Augment Bioenergetics in Alzheimer‘s“ (CABA) bezeichnete Studie untersuchte acht Wochen lang 20 Alzheimer-Patienten und -Patientinnen im Alter zwischen 60 und 90 Jahren. „Diese vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass hier gute Dinge passieren, dass Kreatin einen Nutzen hat“, erklärte Studienleiter Matthew Taylor, Assistenzprofessor für Diätetik und Ernährung an der KU School of Health Professions, laut dem Medical Center der University of Kansas.

Die Teilnehmenden erhielten täglich 20 Gramm Kreatin-Monohydrat – eine deutlich höhere Dosis als die üblichen fünf Gramm, die Athleten und Athletinnen zur Leistungssteigerung verwenden. Der Grund: Da Kreatin zunächst in die Muskeln gelangt, hofften die Forschenden mit der höheren Dosierung die Chancen zu erhöhen, dass das Supplement auch das Gehirn erreicht.

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form der Demenz und betrifft Millionen Menschen weltweit Laut World Health Organisation (WHO) leiden mehr als 55 Millionen Menschen weltweit an Demenz, eine Zahl, die bis 2030 voraussichtlich auf 78 Millionen steigen wird.

Die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen: Magnetresonanzspektroskopie-Aufnahmen zeigten einen beeindruckenden Anstieg der Kreatin-Konzentration im Gehirn um elf Prozent. „Es gab bereits Belege in anderen Populationen, dass die Zugabe einer höheren Kreatin-Dosis die Kreatin-Werte im Gehirn verändert, aber zu sehen, dass sich das bei Alzheimer-Patienten ändert, war wirklich aufregend“, sagte Taylor laut der Pressemitteilung. „Das ist ein signifikanter Anstieg.“

Kreatin-Monohydrat als Stimulanz: Deutliche Verbesserungen bei Gedächtnis und Aufmerksamkeit

Noch wichtiger waren jedoch die kognitiven Verbesserungen: Die Studienteilnehmenden zeigten moderate Fortschritte beim Arbeitsgedächtnis – jener Art von Gedächtnis, die für aufgabenorientierte Tätigkeiten wie das klassische Kartenspiel Memory benötigt wird. Auch die Exekutivfunktionen, die die Fähigkeit zur Konzentration und zum Ignorieren von Ablenkungen umfassen, verbesserten sich merklich.

Der Ansatz basiert auf der Erkenntnis, dass bei Alzheimer ein Problem mit der Energieproduktion und -nutzung im Gehirn besteht. Kreatin, eine organische Verbindung, die hauptsächlich in Muskeln, aber auch im Gehirn vorkommt, spielt eine entscheidende Rolle im Energiestoffwechsel. Die Mitochondrien in den Zellen wandeln Nährstoffe und Sauerstoff in Energiemoleküle um, und Kreatin transportiert diese Energie dorthin, wo sie benötigt wird. „Indem wir das Gehirn mit mehr Kreatin versorgen, theoretisieren wir, dass wir die Gehirnenergie steigern und hoffentlich Gedächtnis- und Denkprozesse verbessern können“, erläuterte Taylor laut dem Universitätsbericht.

3D Isometrische flache konzeptionelle Illustration von Energie-Booster, Ernährung und sportliche Leistung.Für Bodybuilder und Fitness-Fanatiker stehen die Vorteile von Kreatin-Monohydrat-Supplements zum Muskelaufbau schon lange außer Frage – die Medizin entdeckt das Präparat nun als mögliches Mittel gegen Demenz-Erkrankungen. © IMAGO / Zoonar
Energiemangel im Gehirn als Alzheimer-Ursache: Kreatin liefert gute Verträglichkeit

Ein wichtiger Aspekt der Studie war die Bewertung der Sicherheit und Durchführbarkeit. 19 der 20 Teilnehmenden erreichten das Ziel von mindestens 80 Prozent Therapietreue. Die häufigste Beschwerde waren Krämpfe oder Muskelschmerzen, die nach den ersten Wochen der Behandlung abklangen – ein Befund, der mit früheren Studien übereinstimmt, die ein gutes Sicherheitsprofil für Kreatin-Supplementierung zeigten. Blutuntersuchungen zu Beginn, nach vier und nach acht Wochen bestätigten objektiv die Einnahme: Die Kreatin-Werte im Serum stiegen signifikant an. Bis auf einen leichten Anstieg des Kreatinin-Wertes zeigten sich keine bedenklichen Veränderungen in den Sicherheitslaboren.

Taylor betont jedoch die Grenzen der Studie: Neben der kleinen Teilnehmerzahl fehlte eine Kontrollgruppe. „Diese Studie dient als erster Beweis beim Menschen, dass Kreatin-Supplementierung bei Menschen mit Alzheimer durchführbar ist und ihnen kognitive Vorteile bieten könnte“, erklärte er laut der Veröffentlichung.

Die 13 Risikofaktoren einer DemenzMann trinkt Bier in einem PubFotostrecke ansehenHoffnung für Millionen von Betroffenen: Weitere Forschung dringend erforderlich

Die Forschenden planen bereits weiterführende Untersuchungen, um die biologischen Mechanismen hinter den kognitiven Veränderungen besser zu verstehen. Kreatin könnte auch eine Rolle bei der Verringerung von Entzündungen und oxidativem Stress spielen – einem fortschreitenden Ansammeln instabiler sauerstoffhaltiger Moleküle, die als freie Radikale bekannt sind und einen wichtigen Mechanismus der Gehirnalterung und neurodegenerativer Erkrankungen darstellen.

Die Ergebnisse sind besonders bedeutsam, da Alzheimer eine fortschreitende Krankheit ist, bei der normalerweise ein Rückgang der kognitiven Fähigkeiten zu erwarten wäre. Die Forschenden hypothetisierten, dass Gedächtnis und Exekutivfunktionen – die am stärksten von Alzheimer betroffenen Bereiche – von der Kreatin-Supplementierung profitieren würden. „Wir haben noch viel über die Rolle dieses Moleküls im Gehirn zu lernen“, sagte Taylor laut dem Universitätsbericht.

Sollte sich Kreatin als wirksam erweisen, könnten die Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit erheblich sein, da die Alzheimer-Fälle voraussichtlich steigen werden und Kreatin kostengünstig und mit einem guten Sicherheitsprofil verfügbar ist. „Das ist eine großartige Begründung für weitere klinische Studien mit größeren Stichprobengrößen“, betonte Taylor laut der Pressemitteilung. Zukünftige Wirksamkeitsstudien sollen Kreatin gegen Placebo testen und dabei die Alzheimer‘s Disease Assessment Scale-Cognitive (ADAS-Cog) verwenden – eine in Alzheimer-Studien übliche kognitive Testskala.