Rund fünf Monate nach einem mutmaßlich antisemitisch motivierten Angriff auf einen Mann am Holocaust-Mahnmal
in Berlin
hat die Bundesanwaltschaft Anklage wegen versuchten Mordes
gegen einen Mann erhoben. Dem Syrer werden zudem gefährliche
Körperverletzung und Mitgliedschaft in einer terroristischen
Vereinigung im Ausland angelastet, wie der Generalbundesanwalt mitteilte. Der Staatsschutzsenat des
Kammergerichts Berlin muss nun entscheiden, ob und wann es zum Prozess
kommt.

Der zur Tatzeit 19-jährige Flüchtling hatte demnach am 21. Februar im Stelenfeld des Denkmals für die
ermordeten Juden Europas in Berlin-Mitte einen 30-jährigen Touristen aus Spanien mit
einem Messer hinterrücks angegriffen. Das Opfer wurde lebensgefährlich verletzt und musste notoperiert werden. Kurz
zuvor hatte der Angeschuldigte der Anklage zufolge über einen
Messengerdienst ein Foto von sich an Mitglieder der Dschihadistenmiliz
Islamischer Staat (IS) geschickt, damit diese sich zu der Tat bekennen
könne.

Verdächtiger soll antisemitisches Motiv erwähnt haben

Der mutmaßliche Angreifer wurde wenige Stunden nach der Tat mit
blutverschmierten Händen im Umfeld der Gedenkstätte festgenommen. In
seinem Rucksack fanden die Ermittler neben der mutmaßlichen Tatwaffe
auch einen Koran, einen Zettel mit Versen daraus sowie einen
Gebetsteppich. Der
19-Jährige sagte nach damaligen Angaben der Ermittlungsbehörden aus, er
habe den Plan gehabt, „Juden zu töten“. Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft.

© Lea Dohle

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Der Mann lebte bis zu seiner Tat in
Leipzig. Er war bis dahin weder polizei- noch justizbekannt. Er soll
nach damaligen Angaben im Jahr 2023 als unbegleiteter minderjähriger
Flüchtling nach Deutschland gekommen sein.

Wegen der besonderen Bedeutung des Falls übernahm die Bundesanwaltschaft
drei Tage nach der Tat die Ermittlungen von der
Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Die Tat sei geeignet, die innere
Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen, wurde der Schritt begründet .

Bundesanwaltschaft sieht radikalislamische Einstellung

Die Bundesanwaltschaft sieht in ihrer vor dem
Staatsschutzsenat des Kammergerichts in Berlin erhobenen Anklage gegen den Mann die Mordmerkmale der niedrigen Beweggründe sowie Heimtücke
als erfüllt an. Der Beschuldigte teile die Ideologie des IS und habe
sich aus seiner radikalislamischen und antisemitischen Einstellung
heraus dazu entschlossen, am 21. Februar von Leipzig nach Berlin zu
fahren und dort einen Messerangriff auf vermeintlich Ungläubige zu
begehen, die er als Repräsentanten der von ihm abgelehnten westlichen
Gesellschaftsform angesehen habe.

Die Attacke am Holocaust-Mahnmal hatte
bundesweit Entsetzen ausgelöst. Das Bundesinnenministerium erklärte,
allein handelnde Täter, die einfach einzusetzende Mittel wie Hieb- und
Stichwaffen verwendeten, stellten nach Einschätzung der
Sicherheitsbehörden „die aktuell dominante Gefahrenquelle im Bereich des
islamistischen Terrorismus in Europa dar“. Auch die Anleitung „tatgeneigter Personen“ durch den IS via Chats werde immer wieder
festgestellt.

Das Holocaust-Mahnmal
befindet sich nahe dem Brandenburger Tor und dem Potsdamer Platz. Das
2005 eröffnete Mahnmal mit mehr als 2.000 Betonstelen erinnert an die
sechs Millionen von Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg ermordeten
Juden.