Kritik und Widerstand formiert sich

Während das Projekt bisher viel gelobt und beachtet wurde, formiert sich jetzt Widerstand: Der Denkmal- und Geschichtsverein Bonn-Rechtsrheinisch spricht sich gegen das „organisierte Graffiti-Besprühen der Finkenbergmauer“ aus. Für Carl J. Bachem, dem Vorsitzenden des Vereins, geht es bei der Aktion „nicht etwa um Streetart, sondern um einen störenden Eingriff in die Dorfarchitektur. Das Besprühen dieser Wand würde eine Verfremdung des austarierten historischen Ortsbildes zur Folge haben. Von den ökologischen Folgen ganz zu schweigen“, argumentiert er. Wäre die Wand erst einmal besprüht, würde dies „wilde Sprüher“ geradezu anziehen. Stattdessen fordert der Verein, die Wand schnellstens wieder zu begrünen, was ohne größeren Aufwand und mit geringen Kosten möglich sei. Dafür gebe es genügend Beispiele, gerade auch entlang der Königswinterer Straße, so Bachem.

Er erinnert daran, dass die glatt verputzten Betonwände in den 1960er Jahren bei der Straßenverbreiterung, damals B 42, errichtet worden, um den Finkenberghang zu sichern. Über die Jahre waren die Wände begrünt, womit sie sich nach Ansicht des Denkmal- und Geschichtsvereins harmonisch in die Ortsarchitektur eingefügt hat. Zudem waren sie „ökologisch akzeptabel“, ergänzt Bachem. „Nachdem sie vor zwei Jahren restauriert und dafür aller Grünbedeckung beraubt werden mussten, hat längst die Begrünung wieder eingesetzt. Anders allerdings an dem langen Mauerstück zwischen Weinbergweg/Fußweg und Finkenbergstraße. Unverständlicherweise wurde hier auf die Wiederbegrünung verzichtet, sodass diese große nach Süden gewandte Fläche von 300 Quadratmetern zum Hort stetiger Hitzestrahlung geworden ist“, betont der Vorsitzende. „Hitzestau ist bekanntlich eine gefährliche Bedrohung, weshalb es ja gerade auch in Bonn verstärkt um Begrünung von Dächern und nicht minder von kahlen Wänden geht.“ Umso unverständlicher sei, dass das Mauerstück jetzt seiner Hitzespeicher-Funktion beraubt würde, wenn daraus eine Graffiti-Wand wird.

Am Ende würde in Limperich ein sogenanntes Mural entstehen, mit dem sich die Bürgerschaft einfach abzufinden hätte, und das auf alle Zeit. „Vor Ort hat es darüber bislang keinerlei öffentliche Diskussion gegeben“, beklagt Bachem. „Nicht einmal die unmittelbaren Nachbarn sind informiert“, kritisiert der Vereinsvorsitzende. „Schaut man in andere Stadtbezirke, zum Beispiel nach Bad Godesberg, dann sind bei solcherlei Projekten öffentliche Diskussionen eine Selbstverständlichkeit; die beispielhafte Aufstellung der großen „Laurelle“-Kopfskulptur von J. Plensa ist noch in frischer Erinnerung“, meint Bachem. „Und falls für die Finkenbergwand tatsächlich ein ,Kunstwerk‘ angedacht sein sollte, dann dürfte das wohl nicht ohne Votum der Städtischen Kunstkommission erlaubt sein, da es sich ja um „Kunst im öffentlichen Raum“ handelte“, gibt er zu bedenken.

„Paradebeispiel“ für frische Ideen

Im rechtsrheinischen Bonn gebe es bisher kein derart großes Kunstwerk auf offener Straße, betonte hingegen Bezirksbürgermeister Guido Pfeiffer Anfang Juli. „Es ist ein Paradebeispiel dafür, wie wir Lebensraum neu, frisch und bunt gestalten können, ohne etwas Neues bauen zu müssen“, sagte Pfeiffer damals.