Im Zuge des mutmaßlichen Skandals um die JVA Gablingen wird der bisherige ministerielle Leiter des Strafvollzugs in Bayern versetzt. Dies hat das bayerische Justizministerium dem BR mitgeteilt. Künftig soll der Spitzenbeamte die Abteilung Haushalt, Bau, Organisation und Geschäftsstatistik leiten.
Laut dem Justizministerium wird er seinen neuen Posten zum 1. August antreten. Sein Nachfolger als Leiter der Abteilung F/Justizvollzug soll der bisherige Vizepräsident des Landgerichts München I werden, Hannes Hedke. Dieser war unter dem ehemaligen Justizminister Bausback bereits als Pressesprecher des Ministeriums tätig.
Strafvollzugsleiter kritisierte Anti-Folter-Kommission
Der bisherige Leiter des Strafvollzugs war besonders in die Kritik geraten, nachdem er die „Nationale Stelle zur Verhütung von Folter“ in einem Brief gerügt hatte – wegen ihrer unangekündigten Kontrolle der JVA Gablingen. Zu diesem Zeitpunkt standen bereits schwere Vorwürfe gegen die JVA im Raum – erhoben vor allem von einer früheren Ärztin der JVA. Demnach waren Gefangene komplett nackt und ohne Grund in besonders gesicherten Hafträumen (bgH) eingesperrt worden.
Das Besuchsteam, bestehend aus zwei hauptamtlichen und zwei ehrenamtlichen Mitarbeitern der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter, hatte eigenen Angaben zufolge zunächst 20 Minuten warten müssen, bevor es eingelassen worden sei. In den bgH hätten sie dann Matratzen und Kleidung vorgefunden. Man habe aber Hinweise darauf bekommen, dass beides an diesem Morgen erst kurzfristig bereitgestellt worden sei, so die Kommission. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun, ob die Kontrolleure bewusst getäuscht werden sollten.
Wollte Justizministerium Einfluss auf Folterkommission nehmen?
Unmittelbar nach dem Besuch kritisierte der bisherige Leiter des Strafvollzugs den unangekündigten Kontrollbesuch. Schriftlich forderte er die Nationale Stelle auf, zukünftig von unangekündigten JVA-Besuchen abzusehen.
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich erklärte später: „Der Inhalt dieses Schreibens entspricht nicht meiner Haltung. Ich habe in der Zwischenzeit angekündigt, dass auch wir selbst unangekündigte Besuche in den Justizvollzugsanstalten durchführen. Und es sind auch schon eine Reihe von unangekündigten Besuchen durchgeführt worden.“ Das Justizministerium hatte zudem erklärt, dass diese Aufforderung eine individuelle Äußerung des Leiters der Vollzugsabteilung gewesen sei.
Landtags-Grüne: „Überfälliger Schritt“
Hinsichtlich der nun angekündigten Ablösung des Strafvollzugs-Leiters sprach Toni Schuberl, Justizexperte der Landtags-Grünen, von einem „überfälligen Schritt“. Nach dem Vorfall mit der Nationalen Stelle sei der bisherige Leiter „nicht mehr tragbar“ gewesen. „Wir brauchen eine Abteilung Strafvollzug, die genau hinschaut, die sich nicht mehr belügen lässt, die echt kontrollieren will und die auch die Interessen der Gefangenen wahrnimmt“, so Schuberl weiter.
Schuberl hatte auch immer wieder darauf hingewiesen, dass rund um das Schreiben der früheren Gefängnisärztin, die den mutmaßlichen Skandal um die JVA Gablingen ans Licht gebracht hatte, weitere Beschwerden von Häftlingen im Justizministerium aufschlugen. Anders als das Schreiben der Ärztin wurden diese Beschwerden aber zunächst nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Dies hat womöglich die Aufklärung des Falles zunächst verzögert.
In der Causa Gablingen ermittelt die Staatsanwaltschaft Augsburg gegen 17 Bedienstete der JVA, darunter die frühere Leitung. Neben der Unterbringung in den bgH-Zellen stehen auch massive Gewaltvorwürfe im Raum. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.